Schlechte Zensuren für Deutschlands Schulen
20.02.02 Gerhard Friedrich,
CDU/CSU
Die Ergebnisse der Pisa-Studie sind alarmierend: Beim weltweit
größten Schulleistungstest belegten Jugendliche aus
Deutschland unter 32 Staaten nur Platz 25. Besonders schlecht
schnitten die Schüler aus sozial benachteiligten Schichten ab.
Vieles spricht dafür, dass wir zumindest an sozialen
Brennpunkten mehr Ganztagsschulen einrichten müssen. Nur durch
zusätzliche Unterrichtsangebote könnten die Defizite
abgebaut werden.
Besorgnis erregend ist auch das schlechte Abschneiden der Kinder
von Einwanderern. Hier zeigt sich deutlich, wie notwendig es ist,
beim Familiennachzug die Altersgrenze für Kinder zu senken und
das Ausländerrecht stärker am Ziel der Integration
auszurichten. Auch die ausbildenden Betriebe klagen über immer
schlechtere Sprachkenntnisse ausländischer Jugendlicher auf
Grund zunehmender Gettobildung ihrer Familien.
Neben Faktenwissen muss auch die praktische Anwendung dieses
Wissens vermittelt werden. Jugendliche müssen rechtzeitig
für das Berufsleben fit gemacht werden, damit die Wirtschaft
auf einheimische Fachkräfte zurückgreifen kann statt nach
immer neuen Green Cards zu rufen.
Auch die Lehreraus- und -fortbildung ist zu überdenken. Die
Kultusminister der Länder sollten eine obligatorische
Fortbildungspflicht für Lehrer einführen, wie sie etwa
für Ärzte bereits besteht.
Die PISA-Studie wird zwischen den Ländern einen heilsamen
Wettbewerb um das leistungsfähigste Schulsystem auslösen.
Wir sind zuversichtlich, dass die Ergebnisse der nationalen
Ergänzungsstudie im nächsten Jahr belegen werden: Ein
differenziertes, aber durchlässiges Schulsystem, in dem
Schüler entsprechend ihrer Begabung möglichst individuell
gefördert werden, ist die richtige Antwort auf die
Feststellung, dass Leistungen bei uns breiter gestreut sind als in
den meisten OECD-Staaten.
22.02.02 Dr. Robert
Atzmüller
PISA Studie mit Schülern aus 32 Staaten und wir sind auf Platz
25? Daraus folgt zunächst nicht, dass unser Schulsystem falsch
ist sondern eben nur, dass wir in der Assessment-Auswertung an 25.
Stelle gelandet sind.
Also sollte man die Bedingungen des Assessments
überprüfen und diese mit den Bedingungen in unserem
Schulsystem matchen, denn auf ungewohntem Terrain lassen sich
schwer Siege nach Hause tragen. Dies bedeutet aber ebenso nicht
gleich, dass unser Schulsystem schlecht sei. Als weiteren Punkt in
dieser Diskussion vermisse vollständig die genaue Analyse der
Schulsysteme der "ranghöheren" Staaten. Daraus könnte man
dann, wenn nötig und noch gewünscht, Hinweise auf einen
Umbau unseres Systems ableiten.
Wir sollten hier nicht erst handeln und dann denken.
23.02.02 Jens Tolkmitt
Was für ein Unsinn!!! Und das von einem gewählten
Volksvertreter! Die Altersbegrenzung des Nachzuges von Einwanderern
ist DIE Lösung für das deutsche Bildungssystem.... Habe
Sie sich schon einmal gedanken darüber gemacht, warum gerade
bei den hier geboreren Kindern das Allgemeinwissen abnimmt?
Und was bitte haben Greencards mit dem Bildungssystem zu tun? Sie
sind eher Reaktion auf die Mißstände, die alle Seiten
(die heutige Generation der 25-35 jährigen hat die
"Vorzüge" des Bildungssystems unter einer von Ihrer Partei
geführten Bundesregierung genossen) zu verantworten haben. Ich
bin auch nicht unbedingt ein Freund von Greencards, aber aus einem
vollkommen anderen grund: durch Abwerbung der besten Köpfe
gerade aus Entwicklungsländern nehmen wir denen nämlich
Chancen, mit uns in den Wettbewerb zu treten. Und nicht wir zahlen
für die Bildung, sondern eben gerade die armen
Länder.
Warum sprechen Sie eigentlich nicht den Punkt an, dass es eine
CDU/CSU-geführte regierung vollbracht hat, den Anteil der
Bildungsausgaben am BSP fast zu halbieren? Warum schauen Sie nicht
z.B. einmal nach Sachsen, wo konsequent an einer Drosselung der
Bildungsausgaben gearbeitet wird, und das bereits seit jahren und
unter alleiniger Verantwortung der CDU!
Das erste, was wir benötigen, ist mehr Geld für die
Bildung. und es ist genug da, es muss nur richtig umgeschichtet
werden. warum nehmen wir nicht aus dem Etat für Autobahnbau 2
Mrd. € und pumpen das Geld in die Bildung? Oder wird
kürzen die Subventionen z.B. für Bayern ab und beschaffen
nur halb so viele neue Flugzeuge für die Bundeswehr (mach
mind. 40 Mrd. € bis 2012!!). Aber da endet Ihr Horizont leider
und der Ihrer partei ebenfalls. Ihnen geht es im Wesentlichen nicht
um die Bildung, sondern um irgendwelches Geschwafel, dann man
vielleicht an Stammtischen gut verkaufen kann. und da spielt eben
Bildung doch wieder keine Rolle!
23.02.02 Minka
Das klingt nach Zweiklassenbildung: Elitebildung mit Privatlehrern
oder Volksbildung als Ganztagsschule.
Ich bin nicht der Meinung, daß Kinder und Jugendliche den
ganzen Tag mit Schule zubringen müssen. Man sollte lieber die
Unterrichtseinheiten lebens- und schülerorientierter und somit
qualitativ hochwertiger gestalten. Über Lehrerfortbildungen
sollte man nicht lange diskutieren, sondern sie als normal
betrachten, schließlich streben die Pädagogen an, die
Schüler auf das Leben vorzubereiten.
Ganzheitliche Bildung - eine alte Forderung, allgemeinbildnerisch
noch nie umgesetzt, sollte endlich mal angestrebt werden, statt
bloßes fachspezifisches Paucken.
Wie wäre es mit Interdisziplinarität statt mit
Differenzierung?
Haben Sie sich schon einmal ernsthaft mit dem System einer
Polytechnischen Oberschule auseinandergesetzt? Das ist ein Modell,
in dem die Schüler neben einer guten sozialen Bildung, die ja
schließlich lebenswichtig ist, auch eine wirklich breite
allgemeine und fachspezifische Bildung erlangen können!
Schließlich zeigt PISA, daß gerade die Länder mit
der geringeren Diffenzierung der Schulsysteme besser abschneiden.
Wenn Ihnen die POS zu gewagt erscheint, wie wäre es dann mit
intergrierten Gesamtschulen?
Warum sagt eigentlich niemand etwas über Integration und
Bildung?
23.02.02 Jonas Henze, Schüler der 10.
Klasse
Meine Ansicht nach ist das Problem des deutschen Schulsystems die
viel zu hohe Selektion, das fehlen von integrativen Angeboten. Ob
nun die Möglichkeit gegeben wird, ganztägig zur Schule
zur gehen, oder nicht - dieses Problem wird weiter bestehen.
Probleme mit der Integration eingewanderter Menschen sollte man
nicht durch die Begrenzung von Einwanderung lösen. Vielmehr
muss erreicht werden, dass vor allem eine angemessene soziale
Förderung stattfindet, und den Menschen eine Perspektive
geboten wird.
Das Einrichten von Sonderschulen (beispielsweise für
Hochbegabte) ist auch einer der vielen falschen Wege, die im Moment
zu beschreiten in Aussicht stehen. Hier muss es viel eher darum
gehen, dass Jugendliche mit verschiedenen Leistungspotentialen
zusammen beschult werden - auch um mehr Toleranz zu erreichen.
24.02.02 Jörg|i|
Sagen Sie, wäre es nicht hilfreich für die Integration
von Ausländern, wenn in der öffentlichen Diskussion auf
rechtspopulistische Gedankenrülpser, wie sie ihre Partei ja
gerne mal ausstößt, verzichtet würde? Und den Spann
zur Greencard kann ich auch nicht so ganz folgen.
Das scheint mir sehr konstruiert zu sein, wobei die Pisa-Studie
eher nebensächlich ist und die Folgerungen eh schon vor dem
Denken feststanden...
Zudem möchte ich noch eine Anmerkung zur Pisa-Studie
machen:
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist an den deutschen Schulen
wirklich einiges zu verbessern, aber ein alleiniger Erfolg und eine
gute Platzierung bei einer folgenden (?) Pisa-Studie ist doch nicht
wünschenswert.
Eine Selbstmordquote bei Schülern wie in Japen fände ich
schlimmer als ein schlechtes Abschneiden bei besagter Studie.
24.02.02 Ulf Lorenz
Ich bin ueberrascht, wie man selbst so ein Thema wie die
Bildungspolitik fuer agitatorische Zwecke missbrauchen kann. Soweit
ICH weiss, treten die bekannten Probleme mit Migrantenkindern vor
allem bei den Tuerken auf, die in den 60er Jahren nach Deutschland
kamen. Deren Kinder holten sich bevorzugt Frauen aus der Tuerkei,
die mit den Kindern kein Deutsch sprechen, so dass diese
unvorbereitet in die Schule kommen. Nochmals Betonung: Diese Kinder
sind hier geboren. Was das mit dem Nachzugsalter zu tun hat, muss
mir erstmal jemand erklaeren.
just my 2c,
Ulf
25.02.02 Peter Schmidt
Ich fürchte, das Thema wird wieder nur zerredet werden.
Für mich ist nur dann eine Lösung erreichbar, wenn
folgendes geschieht:Konkurrenz zwischen den Schulen und Abschaffung
des Beamtentums für Lehrer. Das bedeutet:Übergeordnete
Zieldefinition des Lernens und ebenso übergeordnte
Prüfungen. Dann sollten die Schulen ihren Weg zur
Zielerrreichung selbst suchen dürfen. Nur grobe Vorgaben. Alle
anderen Wege dauern zu lange, wenn überhaupt ein Weg gefunden
wird. P.Schmidt
25.02.02 Petra
Hallo,
also ich muss sagen das ich hier in unseren SChulen ( und ich kenne
einige) die Erfahrung gemacht habe das Kinder ausländischer
Mitbürger keineswegs nicht integriert sind. Sie schreiben
häufig weitaus bessere Zensuren, weil sie sehr viel Ehrgeiz
haben.
Doch darum geht es doch hier gar nicht. Schulen sollen besser
werden, das Angebot muss interessanter und gut vermittelt
werden.
Eine Ganztagschule bringt nichts wenn dort auch nur Lehrpläne
runtergerasselt werden ohne auf die Schüler einzugehen. Das
Umdenken muss schon viel eher einsetzen, nicht nur möglichst
viel Menge an Stoff muss an die Kinder gebracht werden, sondern
WISSEN muss vermittelt werden.
Förderunterricht sollte eine Möglichkeit sein, aber der
wird angeblich jetzt hier gestrichen...Diese Information brachte
jedenfalls mein Kind mit aus der Förderstufe.
Auch die härteren Versetzungsregeln die es hier in Hessen seit
einer Weile gibt, haben doch eher das Gegenteil bewirkt. Kinder
lernen nur noch für Noten (Arbeiten) und vergessen 95% wieder.
Hauptsache keine Ehrenrunde. Angst vor schlechten Noten regiert das
Schülerleben und nicht Spass am Lernen.
Mit freundlichem Gruß Petra
25.02.02 Stefan Schütz
Ich höre immer nur Geld und Zuzugsbegrenzung. Die heutigen
Mißstände gehen auf das Konto der letzten 20 Jahre
Bundesregierung und der Landesregierungen. Bei meiner Einschulung
hat das dreigliedrige Schulsystem noch funktioniert (incl.
SPrachunterricht für Ausländerkinder, die kein Wort
deutsch konnten). Der Abschluß hatte noch was mit dem
späteren Bildungsweg zu tun. Heutzutage kriegt jeder das
Abitur nachgeworfen, in manchen Ländern dürfen die
Klassenlehrer sogar die Abschlussprüfungen stellen (und damit
entsprechend vorbereiten). Und viele Kinder von heute sind nicht
einmal mehr dazu bereit, mal ein Buch zu lesen oder nach
draußen zu gehen. Als Dozent an der Uni (BWL) und auch schon
als Student habe ich genug Studenten erlebt, die vor Klausuren
fragen, ob der Dozent nicht noch einen Tip geben könnte oder
was sie denn lernen sollten. Wenn ich das nicht selbst weiß,
bin ich doch fehl am Platz. Und das sollte auch an Schulen wieder
Einzug halten: Begehen der leistungsgerechten Bildungswege im
dreigliedrigen Schulsystem, Fördern des eigenen Denkens usw.
Das können die Lehrer selbst nicht leisten, sondern in erster
Linie Bildungspolitiker und Eltern. Eines wäre aber den
Lehrplänen zu wünschen: Mehr Unterricht zu Wirtschaft-
und Gesellschaftkunde, zu technischen und naturwissenschaftlichen
Fächern und beispielsweise zur Informatik. Dabei aber nicht
Sprachen usw. außen vor lassen.
Die Verbeamtung von Lehrern schließlich hat einen
entscheidenden Vorteil: Kein Unterrichtsausfall durch Streiks. Wenn
Lehrer nur angestellt sind, müssten sie ja eigentlich auch das
Streikrecht für mehr Gehalt und weniger Arbeitszeit einfordern
dürfen, und das werden sie dann auch tun. Bildung ist auch
Verantwortung des Staates für seine Mitbürger. Private
Schulen helfen da überhaupt nichts.
26.02.02 Sigrid Müller
Ich finde die gegenwärtige Bildungsdiskussion ziemlich
verkürzt. Bildung ist mehr als Wissenserwerb. Vielmehr geht es
auch um die Auseinandersetzung mit Werten,um den Erwerb von
sozialen Kompetenzen und um Kreativität, um nur ein paar
wichtige Dinge zu nennen. Mit möglichst viel Fachwissen allein
wird eine Gesellschaft bestenfalls Exportweltmeister aber nicht
menschlich.
Wer das alles allein der Schule aufbürden will,
überfordert sie von vornherein, selbst wenn er sie finanziell
noch so hervorragend ausstattet.
Zu bedenken ist auch, dass Schule zwangsläufig etwas mit
Pflicht zu tun hat. Es braucht die Ergänzung durch freiwillige
Angebote. Und nicht wenige Kinder und Jugendliche brauchen auch
eine Ersatzfamilie. Die dürften Kinder und Jugendliche kaum in
der Schule finden.
Abgesehen davon haben sich die Väter und Mütter unserer
Verfassung einiges dabei gedacht, als sie dem Staat eben nicht das
Erziehungsmonopol übertragen haben.
Ich wünsche mir eine wirklich breite Bildungsdebatte, die sich
von einem zu engen Bildungsbegriff befreit. Die
außerschulische Jugendbildungsarbeit, wie sie von den
Jugendverbänden geleistet wird, gehört mit in die
Debatte. Bildung ist mehr als Schule und Wissenserwerb.
In der gegenwärtigen verkürzten Diskussion muss man ja
fast befürchten, dass außerschulische Jugendbildung am
Ende noch als Einsparfaktor, zugunsten der "richtigen" Bildung
herhalten muss.
Sigrid Müller, Jugendbildungsreferentin
27.02.02 Paul Lenz
Nur eine kleine Anmerkung, warum die Finnen in der Studie so gut
abgeschnitten haben können (ist leider nur eine Theorie von
mir). Tatsache ist, dass Finnisch haargenau so geschrieben wird,
wie man es spricht. So leicht, wie es für einen Ausländer
ist, die finnische Aussprache zu lernen, so leicht ist es auch
für finnische Schüler, die Rechtschreibung zu lernen. Die
drei deutschen Wörter Hahn, Haar und Gras haben alle ein
langes "a", das aber jeweils durch verschiedene Kennzeichen
gebildet wird. Mit solchen Problemen brauchen sich finnische
Schüler überhaupt nicht herumzuschlagen: aa ist lang, a
ist kurz; etwas anderes gibt es nicht. Vielleicht können sie
deshalb mehr Zeit für anderes Lehrmaterial aufwenden und sind
deshalb besser als deutsche Schüler? Ich weiß es leider
nicht, aber es dürfte interessant sein, herauszufinden, ob es
in Finnland überhaupt Legastheniker gibt.
Paul Lenz
28.02.02 Andreas Jenet
Lieber Gerhard. Als Suedamerikaner der nach Deutschland mit 9
Jahren ausgewandert ist, hatte ich in der Tat
Integrationsschwierigkeiten in der deutschen Gesellschaft. Meine
Eltern schickten mich aus ideologischen Gruenden auf eine
Waldorfschule. Heute habe ich wegen meiner Ausbildung keine
Konkurrenz mit meinen ungebildeten, engstirnigen, rassistischen
deutschen Nachbarn. Machen Sie bitte nicht den Fehler das schlechte
Abschneiden deutscher Politik in der PISA Studie auf die Anzahl
meiner auslaendischen Mitbuerger zu schieben!!! Gruesse aus
Afrika!
07.03.02 James O'Reilly
E-I-Consulting
Im Zusammenhang mit Erwachsenenbildung und Arbeitsmarktstatistik
ist dies eine seit 1991 kaum zu überbietende Missachtung von
international-ratifizierten Statistikkonventionen der International
Labour Organisation ILO seitens von Deutschland.
Ob CDU oder SPD, grotesker geht es nicht mehr.
Leider sind die Quellen in Englisch und Französisch, obwohl es
ein Bonner-Büro der ILO gibt.
ILO-Konvention Nr. 160 seit 1991 missachtet:
>>>Labour Statistics Convention<<< 1. C160
Labour Statistics Convention, 1985 Ratified by Germany on 25:04:91
Convention ratified Obligatory declarations Acceptance of all the
articles of Part II has been specified pursuant to Article l6,
paragraph 2, of the Convention.
2. Convention No. C160 was ratified by 45 countries
3. C160 Labour Statistics Convention, 1985 (Text: Englisch)
4. Stand der unbeantworteten Anfragen an Deutschland seitens der
ILO seit 1999
-------br> Wie erklären Sie sich diese neue
Skandaldimension?
-------
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