Die Bürger beteiligen
04.10.04 Claudia Winterstein,
FDP
Immer mehr EU-Staaten entscheiden sich für eine
Volksabstimmung über den Vertrag für eine Verfassung der
Europäischen Union. In Deutschland, dem
bevölkerungsreichsten Land der EU, ist eine Abstimmung der
Bürger über die zentrale Frage dagegen nicht vorgesehen.
Dabei zeigen Umfragen: 80 Prozent der Deutschen sind für eine
Abstimmung.
Das deutsche Grundgesetz betont den repräsentativen Charakter
unserer Demokratie. Zu Recht, denn seit 55 Jahren sorgt dieser
Grundsatz für stabile demokratische Verhältnisse in
unserem Land. Gleichzeitig begründet das Grundgesetz aber auch
die direkte Teilhabe der Deutschen an politischen Entscheidungen.
In Artikel 20 Absatz 2 heißt es, dass alle Staatsgewalt vom
Volke ausgeht und neben "Wahlen" auch in "Abstimmungen"
ausgeübt wird.
Wir sollten den historischen Moment nutzen, um von dieser
Möglichkeit Gebrauch zu machen. Vor uns liegt mit der
Europäischen Verfassung ein Jahrhundertwerk, das der direkten
Legitimation durch die Bevölkerung bedarf. Die Abstimmung der
Bürger über eine derart zentrale Frage wird die Akzeptanz
repräsentativer Demokratie stärken. Die FDP hat deshalb
eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen, die den Weg für
eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung frei macht.
Die Bedenken mancher Gegner der Abstimmung, die Bürger
würden dann nur über die nationale Politik abstimmen,
sind kleinlich und mutlos. Alle gesellschaftlichen Kräfte sind
aufgefordert, die fundamentale Bedeutung des Verfassungswerkes in
den Vordergrund zu stellen, damit der Vertrag die Zustimmung der
Bürger findet.
Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird der Bundestag über
den FDP-Antrag zur Änderung des Grundgesetzes abstimmen. Dann
haben wir, die demokratisch gewählten Volksvertreter, die
Chance, unsere Stimme für ein demokratischeres Europa
abzugeben.