Verantwortliche Gestaltung
15.08.03 Winfried Nachtwei, Bündnis
90/Die Grünen
Wenn die Bundeswehr inzwischen auf drei Kontinenten eingesetzt ist,
dann scheint es für Auslandseinsätze keine Grenzen mehr
zu geben. Die Wirklichkeit, aber auch die Zielsetzung deutscher
Sicherheitspolitik sieht anders aus.
Begrenzt ist die Aufgabenstellung der Bundeswehr: Sie soll zu
multilateraler Krisenbewältigung im Dienste kollektiver
Sicherheit beitragen. Gebunden ist die Bundeswehr dabei an das
Völkerrecht, die Zustimmung des Bundestages und die Akzeptanz
der Bevölkerung. Ausgeschlossen ist damit eine "grenzenlose"
Aufgabenstellung, wo Militär und Krieg "normale" Mittel zur
Durchsetzung nationaler Machtinteressen sind. Es geht im Gegenteil
um Kriegsverhütung und internationale Sicherheit im
multilateralen Verbund.
Anlässe für Militäreinsätze zu humanitären
und stabilisierenden Zwecken gibt es weltweit reichlich. Die
eigenen begrenzten Fähigkeiten und prioritären Interessen
der Bundesrepublik setzen der Beteiligung der Bundeswehr daran
deutliche Grenzen.
Grenzen der Leistungsfähigkeit ergeben sich schließlich
aus der Komplexität der Gewaltkonflikte, die niemals mit
schnellen Interventionen eingedämmt werden können,
sondern der geduldigen Arbeit von militärischen, zivilen und
polizeilichen Kräften bedürfen, um tatsächlich
Friedensprozesse zu bewirken.
Mit der Aufgabenverschiebung hin zur Krisenbewältigung hat die
Wehrpflicht ihre zentrale sicherheitspolitische Begründung
verloren. Ohne diese ist aber der massive Eingriff in die
Grundrechte junger Männer nicht zu rechtfertigen. Notwendig
ist eine rundum professionelle und flexible Armee und eine
effektivere Verwendung der begrenzten Haushaltsmittel. Die
Wehrpflicht steht dem entgegen, sie blockiert eine finanzierbare
Bundeswehrreform.
Die Umstellung von der Wehrpflicht auf die Freiwilligenarmee
braucht Zeit und Sorgfalt. Statt krampfhaft an der Wehrpflicht
festzuhalten, kommt es darauf an, diesen Prozess verantwortlich zu
gestalten.
24.08.03 Gerhard Seifert
die gruenen sollten nicht nur quasseln, sondern wie sie es frueher
mal taten, zuverlaessig und kompromisslos die meinung der mehrheit
der buerger durchsetzen, d.h. keine armee mehr!! aber mehr fuer die
polizeiorgane tun!!
25.08.03 Doreen Meuschke,
Köln
Ihr Statement, Herr Nachtwei, in allen Ehren. Sind Sie wirklich der
Ansicht, unsere Bundeswehr habe seit ihre "Inbetriebnahme" 1956
ausschließlich der "Verteidigung des Rechts und der Freiheit
des deutschen Volkes" dienen oder allenfall
"Bündnisverpflichtungen" nachkommen sollen?
Aus meiner Sicht war die Bundeswehr von Anbeginn an ein "Werkzeug"
zur Durchsetzung kapitalistischer Interessen. Und diese Strategie
war dann ja letztendlichz auch erfolgreich, wie sich nach
Zusammenbruch der Warschauer Vertragsorganisation gezeigt
hat.
Die US-Administration hat bekanntlich schon vor Jahren vor der
Weltöffentlichkeit eingestanden, daß die Politik des
Pentagon der Sicherung von Ressourcen sowie der Abwehr von
(unwillkommenen) Immigranten dient. Wer keine Krisen
(künstlich) schafft, wie dies die Vereinigten Staaten unter
Zuhilfenahme der CIA permanent praktizieren, benötigt
überhaupt keine "Krisenbewältigungsarmee".
Unsere Welt könnte in ein bedeutend "ruhigeres Fahrwasser"
geraten, wenn beispielsweise die NATO-Staaten bereit wären,
wesentliche Anteile ihrer Rüstungsmittel in eine echte
Entwicklungshilfe zu investieren - dies wären dann wirkliche
Zukunftsinvestitionen, die nachhaltig wirken könnten. Die
Wehrpflicht junger Männer in Deutschland war für mich
schon immer ein Anachronismus, denn wäre es zu einer
militärischen Auseinandersetzung im sog. "Kalten Krieg"
gekommen, hätte man unsere jungen männlichen
Staatsbürger rigoros als "Kanonenfutter" geopfert. Wir
dürfen dem Schicksal dankbar sein, das diese Situation nie
eingetreten ist. Ich finde, eine Gesellschaft hat niemals das
Recht, von jungen Menschen den Einsatz von Leben und Gesundheit im
Rahmen militärischer Aktionen zu verlangen. Daß sich
eine Wehrpflicht hierzulande trotz der gerade verheilten
Kriegswunden im Jahre 1956 überhaupt hat durchsetzen lassen,
zeigt die Manipulierbarkeit der Bevölkerung durch (keineswegs
immer uneigennützig) handelnde Politikerinnen und Politiker,
die doch allesamt gerne auch einmal "an der Nadel des großen
Geldes" hängen.
Ein Glück für Sie, Herr Nachtwei, daß Ihre
Mitwirkung zu jener Zeit nicht gefordert war...
12.09.03 Palussek
Das Problem im Umgang mit der Bundeswehr ist, in meinen Augen,in
erster Linie die Enthemmung der Gesellschaft und derren
Sensibilisierung im Umgang mit Gewalt und Zwang, zur
"Konfliktlösung". Zwar sind die mommentanen Einsätze, mit
Ausnahme von Afgahnistan (KSK), eher Polizeilicherart doch ist es
langsam zur Gewohnheit geworde das Deutsche zu Kampfeinsätzen
im Ausland eingesetzt werden. Diese Entwicklung hat sich sogar in
den letzten Jahren noch verstärkt. Wohin dies in den
nächsten Jahrzehnten vorallem mit einem gestärkten Europa
führen wird ist für mich nicht abzusehen.
17.10.03 Bert Grönheim
Was bitte sind prioritäre Interessen? Es kommt einer
Beleidigung gleich, sich durch solch verquast formulierte
Ausarbeitungen eines Mitgliedes des Deutschen Bundestages
durcharbeiten zu sollen. Ansonsten: die Zustimmung des Parlamentes
stellt eine unverzichtbare demokratische Hürde dar, die
aufgrund frührer Erfahrungen gesetzt wurde. Man sollte
vorsichtig sein, "demokratie light" einführen zu wollen.
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