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Götz Hausding
Bundesrat spricht sich gegen
Überreglementierung aus
Streit um Einsatz von Gentechnik in der
Landwirtschaft
Die Länderkammer hat im Streit um den
Einsatz der Gentechnik den Vermittlungsausschuss angerufen. In der
Debatte am 2.April 2004 warfen der niedersächsische
Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sowie der bayerische
Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) Bundesverbraucherministerin
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) schwere
Versäumnisse bei der Umsetzung von EU-Vorlagen vor.
Während Wulff kritisierte, dass zum einen die Umsetzungsfrist
lange abgelaufen sei und außerdem die vorgesehenen
Haftungsregelungen dem deutschen Recht nicht entsprächen,
sprach Schnappauf von einem "Gentechnikverhinderungsgesetz",
welches einmal mehr die deutsche Landwirtschaft ins internationale
Abseits stelle.
Aus Sicht von Ministerin Künast hingegen
würden mit diesem "umfassenden Paket" sowohl Verbraucher- als
auch Produzenteninteressen im Zusammenhang mit dem Einsatz der
Gentechnik geschützt. Mit dem Gesetzentwurf will die
Bundesregierung die Richtlinie der EU vom 12. März 2001
über die absichtliche Freisetzung gentechnisch
veränderter Organismen in die Umwelt in innerstaatliches Recht
umsetzen. Diese so genannte Freisetzungsrichtlinie regele die
Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen zu
Erprobungs- und Forschungszwecken sowie deren In-Verkehr-Bringen.
Darüber hinaus eröffne die Richtlinie den Mitgliedstaaten
die Möglichkeit, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das
unbeabsichtigte Vorhandensein von gentechnisch veränderten
Organismen in anderen Produkten zu verhindern. Damit solle die
Koexistenz von konventioneller, ökologischer und die
Gentechnik nutzender Landwirtschaft gewährleistet werden.
Gleichzeitig würden aber auch Haftungsfragen geregelt.
Zivilrechtliche Abwehr und Ausgleichsansprüche sollen dann
geltend gemacht werden können, wenn durch ungewollte
Auskreuzungen zum Beispiel Vermögensschäden für
gentechnikfreie Erzeugnisse entstünden. Wenn nicht
geklärt werden könne, wer den Schaden verursacht habe,
sollen alle in Betracht kommenden Verursacher gesamtschuldnerisch
haften.
Für Ministerpräsident Christian
Wulff ist insbesondere diese Regelungen nicht akzeptabel. Dies sei,
als würde bei einem Verkehrsunfall, bei dem der Verursacher
nicht zu ermitteln sei, derjenige für den Schaden haftbar
gemacht, der gerade in der Nähe gewesen sei - unabhängig
davon, ob er sich rechtstreu verhalten habe oder nicht. Die
unionsregierten Länder hätten einen eigenen Vorschlag zur
Haftungs gemacht. Danach solle ein Entschädigungsfond
gegründet werden, der bei nichtklärbarer
Verantwortlichkeit den Schaden ersetze.
Abgesehen von den ungeklärten
Haftungsfragen führten die Gesetzentwürfe der
Bundesregierung zu einer Überreglementierung. So seien die
vorgesehenen zusätzlichen 16 Länderregister unsinnig und
der besondere Sachkundenachweis beim Umgang mit gentechnisch
verändertem Saat- und Erntegut sowie Pflanzmaterial nicht
erforderlich. Bei den EU-Vorlagen gehe es um Schutz und Chancen der
Gentechnik, sagte Wulff, bei der Umsetzung von Frau Künast
kämen die Chancen jedoch gar nicht vor. Dies sei besonders
bedauerlich, da die Gentechnik enorme Bedeutung für den
Welt-Agrarmarkt habe - die deutsche Landwirtschaft in dieser
Hinsicht jedoch unterentwickelt sei.
Mit der "Überreglementierung und
Überbürokratisierung" werde die grüne Gentechnik
behindert, sagte Bayerns Umweltminister Schnappauf. Die
Europäische Union habe Grundsätze erlassen, die schon
sehr streng seien. Es mache daher keinen Sinn, im Alleingang diese
noch zu verschärfen, so Schnappauf. Auch die
Bundesverbraucherministerin müsse erkennen, dass die
Gentechnik in Europa angekommen sei. Die Grundsatzdiskussion sei
längst beendet, wandte er sich an Künast, es bedürfe
statt "Rückzugsgefechten" von Gegnern dieser Regelung,
sinnvoller Maßnahmen, um die Gleichberechtigung von
konventioneller, ökologischer und Gentechnik nutzender
Landwirtschaft herzustellen. Auch Schnappauf sprach sich für
die Schaffung eines Entschädigungsfonds aus. Einzahlen sollten
in diesen Fonds alle Wirtschaftsbeteiligten, die einen Nutzen aus
dem Anbau gentechnisch veränderter Organismen hätten,
sowie der Bund.
Der Entschädigungsfond sei ein
interessanter Gedanke, nahm Ministerin Künast den Faden auf.
Sie frage sich allerdings, wo der Beitrag der Länder bleibe.
"Ich bezahle das nicht!" stellte sie klar und verwies darauf, dass
70 Prozent der Verbraucher und der Bauern die Gentechnik ablehnten.
Viel zu kurz sei ihr die Frage der Kennzeichnungspflicht gekommen.
Nur damit gebe es eine wirkliche Wahlfreiheit für die
Verbraucher, aber auch für die Bauern, die nur dann genau
wüssten, ob in ihren Futtermitteln gentechnisch
veränderte Stoffe enthalten sind. Künast warf den
unionsregierten Ländern eine "Verzögerungstaktik" vor. So
werde verhindert, dass mit Beginn der Kennzeichnungspflicht am 18.
April 2004 auch Strafen gegen Verstöße greifen
könnten. Der Gesetzentwurf sehe Strafgelder bis zu 50.000 Euro
und in Einzelfällen fünf Jahre Haft vor. Durch die
Anrufung des Vermittlungsausschusses ergäbe sich bei der
Umsetzung eine Verzögerung von zwei bis drei
Monaten.
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