Götz Hausding
Niveausicherungsklausel überzeugt die
Länderkammer keineswegs
Bundesrat lehnt Rentenreformgesetz ab
Auch in veränderten Form fand das von der Bundesregierung
vorgelegte Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz in der Sitzung
am 2. April keine Mehrheit im Bundesrat. Nach der Ablehnung des
ursprünglichen Entwurfes im Februar wurde in die aktuelle
Vorlage eine Niveausicherungsklausel eingefügt, die ein
Mindestrentenniveau festlegt.
Damit, so kritisierte die bayerische Familienministerin Christa
Stewens (CSU), habe man das Gesetz jedoch nur noch weiter
verschlechtert. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die
Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung auf Dauer
stabilisieren. So sollen zukünftig insbesondere der
demografische Wandel und die Beschäftigungsentwicklung
stärker berücksichtigt und Einschnitte bei der Anrechnung
von Ausbildungszeiten vorgenommen werden. Zu den wesentlichen
Kernelementen des Gesetzes zählen die Einführung eines
Nachhaltigkeitsfaktors in die Rentenanpassungsformel, die
Orientierung der Rentendynamik an der Lohnentwicklung sowie als
Neuerung die Festschreibung eines Mindestrentenniveaus von 43
Prozent für das Jahr 2030 und eines Mindestsicherungsziels von
46 Prozent, bei dessen drohender Unterschreitung gesetzgeberische
Maßnahmen zu ergreifen seien.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin
Teufel (CDU) erklärte, wenn jedes halbe Jahr ein neues
"Rentensanierungsgesetz" aufgelegt werden würde, stärke
dies nicht gerade das Vertrauen der Bürger in das System der
gesetzlichen Rente. Man könne nicht die Rente nach Kassenlage
bezahlen, obwohl die Beitragszahler ein Leben lang eingezahlt
hätten, warnte Teufel. Trotz großer Ankündigungen
habe die Bundesregierung nur bruchstückhafte Reformen voran
gebracht. Nur nach massiven Protesten habe man eine
Niveausicherungsklausel eingefügt, die allerdings eine
Sicherheit vorgaukle, die es nicht gebe.
Teufel forderte ein Umdenken in der Gesellschaft: "In
Deutschland muss mehr gearbeitet werden." Man komme um eine
längere Wochen- und Lebensarbeitszeit nicht herum, wolle man
nicht in Zukunft die Rentner zu "Kostgängern" des Staates
machen und Altersarmut riskieren. Auf der anderen Seite
müssten auch mehr Anstrengungen unternommen werden, die Schul-
und Ausbildungszeiten zu verkürzen, um junge Menschen
früher in Lohn und Brot zu bringen. Dies sei jedoch nur ein
Teil der Wahrheit, die man den Menschen sagen müsse. Dass die
gesetzliche Rente in Zukunft nicht zur Lebensstandardsicherung
ausreichen werde und private Zusatzversorgung nötig sei, der
andere.
Das Gesetz lasse jeden gestalterischen Ansatz vermissen und
verwalte nur den Mangel, kritisierte Bayerns Familienministerin
Stewens. Mit der sogenannten Niveausicherungsklausel, so die
Ministerin, werde lediglich die Einsicht in die Notwendigkeit
privater Altersvorsorge geschwächt. Man suggeriere damit
Sicherheit und Solidität, die es in Anbetracht der
wirtschaftlichen und demographischen Probleme nicht gebe.
Gesetz hat den Namen nicht verdient
Das "Nachhaltigkeitsgesetz" habe seinen Namen nicht verdient,
stellte der thüringische Minister für
Bundesangelegenheiten, Hans Kaiser (CDU), fest. Es trage eben nicht
dazu bei, die finanziellen Grundlagen der gesetzlichen
Rentenversicherung nachhaltig zu verbessern. Vielmehr zerstöre
es nachhaltig das Vertrauen in die Rentenpolitik, insbesondere in
den jungen Ländern. Dort warte man auch 14 Jahre nach der
Wiedervereinigung immer noch auf eine Angleichung des Rentenniveaus
an die Westrenten. Im Übrigen kritisierte Kaiser das Fehlen
jeglicher familienpolitischer Komponente. Wer Kinder erziehe,
leiste einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, der sich
auch in der Rentenhöhe widerspiegeln müsse, forderte
er.
Staatssekretär Franz Thönnes vom Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherung (SPD) verteidigte den
Entwurf. Man habe den Spagat zwischen stabilen Beiträgen bei
der Rentenversicherung und sicherer Altervorsorge gehen
müssen. Dies sei mit dem Nachhaltigkeitsgesetz gelungen.
Thönnes sieht kein gemeinsames Konzept von CDU/CSU in dieser
Frage. Daher sei nicht klar, wie die Union eine
Beitragstabilität bei zwanzig Prozent finanzieren wolle: "Mit
Rentenkürzungen etwa?", fragte Thönnes.
Auch den Vorwurf fehlender familienpolitischer Komponenten wies
er zurück. Schließlich habe man die
Familienförderung seit 1998 von 40 auf 60 Milliarden Euro
gesteigert. Auch die Investition von vier Milliarden Euro in den
Ausbau der Ganztagsschulen sei ein gutes Beispiel für die
familienpolitischen Leistungen der Bundesregierung, so der
parlamentarische Staatssekretär. Götz Hausding
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