Hartmut Hausmann
Milliarden Euro versickern
Betrug in der EU hält an
Betrug an europäischen Steuergeldern und Missbrauch von
EU-Haushaltsmitteln sind offenbar nicht auszurotten. Daran hat auch
die von der Kommission Prodi 1999 angekündigte Null-Tolleranz
gegenüber Betrug und Korruption nichts geändert. Zu
dieser grundsätzlichen Feststellung gelangte das
Europäische Parlament am 31. März in Straßburg bei
der Beratung des Jahresberichts der Europäischen Kommission
zur Betrugsbekämpfung. Danach beläuft sich der
Gesamtbetrag der durch betrügerische Aktivitäten
verlorenen Haushaltsmittel für das Jahr 2002 auf 1,18
Milliarden Euro, dies ist etwas mehr als ein Prozent des
EU-Haushaltes. Und das ist nur das Ergebnis der offiziellen, nach
Brüssel gemeldeten Zahlen.
Unterschiedliche Wahrnehmung
Trotz aller Harmonisierungsbestrebungen gingen die nationalen
Behörden nach unterschiedlichen Methoden vor, und oft
würden keine Angaben zum Schadensvolumen gemacht. Offenbar sei
die Wahrnehmung des kriminellen Risikos nicht in allen Staaten
gleich. Unausgesprochen bleibt in dem Bericht des
Österreichers Herbert Bösch die dahinter stehende
Gewissheit, dass Meldungen und Untersuchungen auch deshalb
unterbleiben, weil die Mitgliedstaaten für den entstandenen
Schaden haftbar gemacht werden könnten.
Angesichts dieser Zahlen stellen die Abgeordneten die derzeitige
Dezentralisierung des Finanzmanagements in Frage. Mit den
Zuständigkeiten sowohl für Haushalt, Buchführung als
auch für Finanzkontrolle und Betrugsbekämpfung, die
gegenwärtig bei der deutschen Kommissarin Michaele Schreyer
liegen, sei ein Kommissar offenbar überfordert. Deshalb sollte
in der neuen Kommission ein Kommissar ausschließlich für
die Haushaltskontrolle zuständig sein. Vor allem wird
verlangt, dass die nationalen Behörden auch voll mitziehen,
denn von ihnen werden in Auftragsverwaltung rund 80 Prozent der
EU-Haushaltsgelder ausgegeben.
Agrarbereich besonders betroffen
Wie schon in früheren Jahren haben sich besonders viele
konkrete Betrugsfälle in den Bereichen Landwirtschaft sowie
bei den Unterstützungsprogrammen für Osteuropa, Tempus
und Phare, ereignet. Allein beim Agrarfonds hat sich der zur
Wiedereinziehung von den Mitgliedstaaten anstehende Betrag auf 2,08
Milliarden Euro in mehreren Jahren angehäuft, davon
entfällt mehr als die Hälfte auf Italien.
Bei den gemeldeten Fällen im Rahmen der Strukturfondsmittel
liegt Deutschland mit knapp 2000 Fällen weit an der Spitze vor
den Niederlanden (932) und Frankreich (463). Bei den Beanstandungen
im Bereich der Agrarfondsmittel liegt Spanien mit 997 Fällen
vor Deutschland (712) und Frankreich (451). H. H.
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