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Ines Gollnick
Verschiedene Kampagnen sollen Europa fühlbar
machen
Motiviert und informiert an die Urne
Europa boomt, wenn es um die Informationen zur
Europawahl geht. So war Europa vor einer Wahl noch nie
präsent, ob nun im Netz, in den Informationszentren, die sich
landesweit auf Europa spezialisieren sowie auf Infotouren.
Informative, aber auch unterhaltsame Internetseiten wie
www.europa-waehlt.de des Europäischen Parlaments oder das
kompakte und komplexe Angebot www.europathemen.de der
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) sind ein Medium,
um informiert in die Wahlkabine zu gehen.
Geschickt appelliert "europa-waehlt.de" an
das Geschichtsbewusstsein. "Versäumen Sie nicht Ihr Rendezvous
mit der Geschichte!" heißt es dort. Denn es ist die erste
gesamteuropäische Wahl, nachdem es eine EU der 25 gibt, ein
kontinentales Ereignis. Die wichtigsten Wahlinformationen sind auf
der Web-Site europa-waehlt.de zudem in 19 Sprachen abrufbar. Das
macht Sinn, weil in Deutschland zwei Millionen Menschen aus anderen
EU-Staaten leben und wählen dürfen. Allein in Köln
sind das 54.000 Wähler und Wählerinnen, darunter 7.000
aus den neuen Beitrittsstaaten. Mit rund 5.500 Wählern bilden
die Polen in der Domstadt die stärkste Gruppe.
Um auch diese Wähler zu erreichen,
machte auf der Kölner Domplatte für zwei Tage der
Europa-Bus Station. Dieser Infobus steuerte insgesamt 35
Städte an und war ein Treffpunkt für persönliche
Gespräche zwischen EU-Parlamentariern, EU-Experten auf der
einen und Bürgern und Bürgerinnen sowie Schulklassen auf
der anderen Seite. Daneben boten dort Broschüren, Flyer,
Plakate und Spiele rund um europäische Fragen die Chance zur
Annäherung an den Kontinent. Es gibt letztendlich keinen
Informationsweg - sei es der digitale, der gedruckte oder der
persönliche - der nicht berücksichtigt wurde oder wird,
um Wähler und Wählerinnen zu erreichen. Doch die alles
entscheidende Frage bleibt schwer zu beantworten, nämlich ob
Europa sowohl in den Köpfen als auch in den Herzen der
Menschen angekommen ist. Immer dann, wenn das bei einem Thema nicht
der Fall ist, gibt es bekanntlich auch für gute Informationen
keinen Resonanzboden.
Heinz Gerd Ries, Historiker und Lehrer am
Gymnasium Kreuzgasse in Köln, begleitete seine Schüler
zum Europabus auf die Domplatte. Der Besuch der mobilen
Infostätte war ein Element der Projektarbeit im
Geografieunterricht. Alle 15 neuen EU-Länder, die beim Besuch
im März noch Kandidaten waren, mussten im Unterricht
porträtiert und präsentiert werden. Nach dem Besuch des
Europabusses spricht der Pädagoge, der auch
Unterrichtsdidaktiker ist, trotzdem noch von einer
"bürokratisierten Informationspolitik" und meint damit, dass
diejenigen, die Europa schließlich weiterbauen sollen wie
seine Schüler, im Herzen nicht erreicht
würden.
Zu einer ganz anderen Einschätzung kommt
Angela Joosten, die die Europabustour mit einem
fünfköpfigen Team über Monate begleitete. Die Tour,
eine Aktion des Europäischen Parlaments mit Unterstützung
der Bundesregierung und der Europäischen Kommission, sei das
richtige Instrument gewesen, um politische Inhalte mit
verschiedenen Elementen zu vermitteln: Mobiles Klassenzimmer,
Infostand mit Quiz und Material zum Nacharbeiten, Kistenstapeln
für jüngere Gäste, um die Flaggen der neuen EU
bekannt zu machen und persönliche Gespräche zu
persönlichen Fragen. Dabei seien Senioren, Studenten,
Schüler, eben ganz unterschiedliche Gruppen, angesprochen
worden, rund 500.000 Interessierte insgesamt. Informationen
hätten zu Aha-Erlebnissen geführt und Besorgnis in Bezug
auf die erweiterte EU reduziert.
"Wahl-O-Mat" ist der Renner
Es sei außerdem klarer geworden, worum
sich das Europäische Parlament kümmert, nämlich
unter anderem um Fragen zur Verbraucherpolitik, zur
Lebensmittelsicherheit, zum Verkehr und zur Umwelt, Bereiche, die
Bürgern sehr nahe sind. Aufgefallen ist Joosten die
größere Aufgeschlossenheit der Menschen in den
Städten der Grenzregionen. Bei Erstwählern sei der
"Wahl-O-Mat", eine Wahlhilfe im Internet, die im Bus ausprobiert
werden konnte, der Renner gewesen. Das interaktive, digitale
Angebot hat die Bundeszentrale für politische Bildung in
Zusammenarbeit mit dem ZDF und dem Europäischen Parlament
entwickelt.
Ein Blick zurück zeigt, wie wichtig es
ist, unterschiedliche Initiativen und Wege der Information und
Motivation zu gehen, um Menschen mitzunehmen, eben auch Menschen,
die einen Bundestag, einen Landtag und kommunale Parlamente
wählen müssen.
1999 lag die Wahlbeteiligung bei der
Europawahl in Deutschland bei unter 50 Prozent. Bundeswahlleiter
Johann Hahlen befürchtet mit Verweis auf das Jahr 1999
wiederum eher eine Zurückhaltung der Deutschen bei der
Europawahl am 13. Juni. Wahlberechtigt sind in Deutschland 61,6
Millionen Menschen. Hinzu kommen zwei Millionen EU-Bürger, die
entscheiden können, ob sie in Deutschland oder in ihrem
Heimatland die Stimme abgeben wollen. Die Deutschen schicken 99
Parlamentarier und Parlamentarierinnen in Europas politische Arena
nach Straßburg. Das sind 13 Prozent aller Europaabgeordneten.
Bei einem Anteil von 18 Prozent aller Wahlberechtigten ist
Deutschland rein rechnerisch unterrepräsentiert.
Um ein Zeichen zu setzen, dass Bürgern
und Bürgerinnen nicht gleichgültig ist, wohin Europas
Reise geht, sollten diese 99 Gesandten von möglichst vielen
aus der Bevölkerung unterstützt werden. Die
Europaabgeordnete Ruth Hieronymi (CDU) wünscht sich schon
deshalb eine hohe Wahlbeteiligung, damit deutlich wird, dass
"Europa nicht alleine den Regierungen überlassen wird".
Unermüdlich rührt sie die Werbetrommel für die
Europawahl, wo sie nur kann.
Am 24. Mai fährt sie gemeinsam mit den
NRW-Kandidaten Wilfried Kuckelkorn (SPD), Sven Pastoors (FDP) und
Karin Schmidt-Promny (Bündnis 90/Die Grünen) im
Schnellzug Thalys nach Brüssel. Mit an Bord sind Schüler
und Schülerinnen, die Europa in Brüssel erleben sollen
und anschließend die Kandidaten in ihren Schülermagazinen
porträtieren.
Um diese Idee zu realisieren, taten sich das
Bonner Gustav-Stresemann-Institut (GSI), Thalys International und
die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen. "Es geht
vor allem um Jungwähler, die wir gezielt ansprechen, sich mit
europäischen Fragen auseinanderzusetzen", so Gitta
Geißler, Koordinatorin beim GSI. 4,1 Millionen Erstwähler
sind in Deutschland aufgerufen, ihr europäischen Votum
abzugeben. Es wird fünf Fahrten mit bis zu 25 Schülern
und Schülerinnen geben. 70 Bewerbungen von Berufskollegs,
Gymnasien, Gesamtschulen und Abendschulen sind für das
reizvolle Angebot eingegangen. Europäische Themen und die
bevorstehende Wahl sollen lebendiger und transparenter
transportiert werden. Interviews, Besichtigungen und eine
Stadtrundfahrt schließen sich einer spielerischen
Einführung in Bonn an, die unter dem Motto "Was bringt mir
Europa?" steht und bei der europarelevante Fragen diskutiert
werden.
Andreas Leisdon, Sprecher von Thalys
International, begründet das Engagement: "Jungen Erwachsenen
fehlt oft der Bezug zu den EU-Institutionen. Bedeutende Fragen der
Europapolitik werden in ihrer Tragweite für die Jugend nicht
verstanden. Um das zu ändern, kann auch die Wirtschaft eine
große Rolle spielen. Uns ist es wichtig, nicht nur
wirtschaftlich, sondern vor allem sozial und kulturell einen
Beitrag für das Zusammenwachsen der verschiedenen
europäischen Länder zu leisten."
Europa fühlbar zu machen, ist auch das
Anliegen des Kinospots der Bundeszentrale für politische
Bildung und des Europäischen Parlaments, Informationsbüro
für Deutschland (EP), der im Mai in Kinos, aber auch auf
U-Bahn-Monitoren oder in Bussen zu sehen ist. Es gilt, so meinen
die Macher, nicht nur durch Wissensvermittlung, sondern auch
über die emotionale Schiene die Partizipation an
europäischen Entscheidungsprozessen zu fördern. Erst- und
Zweitwähler im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sollen in ihrer
Freizeit mit diesen Bildern zur Wahl verführt werden. Der Spot
ist Teil der Kampagnen "Euro Wahl Gang" der bpb und "Europa - eine
gute Wahl" des EPs.
Die Autorin ist freie Journalistin in
Bonn.
Internet:
www.europa-waehlt.de,
www.europaparl.de
www.europathemen.de,
www.wahlomat.de
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