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Matthias Rumpf
Neues Statut und Finanzierung der
europäischen Parteien
Politischer Schulterschluss in Europa
Der Wahlkongress der Europäischen
Grünen Ende April brachte für die Partei auch eine
finanzielle Neuerung. Zum ersten Mal musste sie für die
Nutzung des Plenarsaals des Europäischen Parlaments in
Brüssel bezahlen. "Die Parlamentsverwaltung berechnet uns den
gleichen Satz wie Nichtregierungsorganisationen", sagt Arnold
Cassola, der Generalsekretär der Grünen Partei.
Dass die Parteien für die Nutzung der
Parlamentsräume zur Kasse gebeten werden, ist die Konsequenz
des neuen Europäischen Parteien-Statuts, das Anfang Februar
dieses Jahres in Kraft getreten ist. Mit dem neuen Statut erhalten
Parteien auf europäischer Ebene zum ersten Mal eine rechtliche
Grundlage und zudem direkte Finanzmittel aus dem Haushalt der
Europäischen Union. Im Gegenzug wird Licht in eine Grauzone
gebracht: Die bisher übliche Finanzierung der
europäischen Parteien durch die jeweilige Fraktion des
Europäischen Parlaments wird beendet.
Bisher wurde in finanzieller Hinsicht kaum
zwischen europäischen Fraktionen und Parteien getrennt. Die
Fraktionen stellten Mitarbeiter ab, die sich um die Parteiarbeit
kümmerten. Die Mehrzahl der Parteien nutzten Büros,
Telefon und Faxgeräte des Parlaments. Wenn, wie bei der
Europäischen Volkspartei (EVP), das Parteibüro
außerhalb des Parlamentsbüros lag, zahlte die Fraktion
einen Zuschuss zu dessen Finanzierung.
Finanzhilfen durch Fraktionen
verboten
Damit ist nun Schluss. Die Parteien
müssen aus dem Parlament ausziehen und auf eigene Rechnung ein
Büro unterhalten. Finanzhilfen durch die Fraktionen sind von
nun an verboten, die Parlamentsverwaltung darf seine Ressourcen nur
noch gegen Bezahlung zur Verfügung stellen. Dafür
erhalten alle europäischen Parteien zusammen ab Mitte des
Jahres 6,5 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt. Im kommenden Jahr
sollen es dann 8,4 Millionen Euro sein. 15 Prozent der Mittel
werden als Grundfinanzierung zu gleichen Teilen auf alle
europäischen Parteien aufgeteilt. Der Rest wird entsprechend
der Zahl ihrer Abgeordneten unter den Parteien verteilt, die im
Europäischen Parlament vertreten sind.
Die formalen Hürden für die
Gründung einer Europäischen Partei sind vergleichsweise
niedrig. Eine Europäische Partei muss entweder aus einem
Viertel der EU-Staaten Mitglieder im Europäischen Parlament
haben, in nationalen oder regionalen Parlamenten vertreten sein.
Oder sie muss in einem Viertel der Mitgliedstaaten bei den letzten
Wahlen zum Europäischen Parlament mindestens drei Prozent der
Stimmen erhalten haben.
Das Parteien-Statut und die Aussicht auf
EU-Finanzmittel hat einen kleinen Gründungsboom in Europas
Parteienlandschaft ausgelöst. So gründeten sich die
Liberale und Demokratische Partei Europas (ELDR) und die
Europäischen Grünen in diesem Jahr neu, um die
Anforderungen des Statuts zu erfüllen. Mit den großen
Parteien Europäische Volkspartei (EVP) und der Sozialistischen
Partei Europas (SPE) sowie der Freien Europäischen Allianz
(ALE), die derzeit eine Fraktionsgemeinschaft mit den Grünen
bildet, gibt es somit insgesamt fünf europäische
Parteien, die dem Statut entsprechen.
Dabei wird es allerdings nicht bleiben: So
haben bereits die postkommunistischen Parteien, darunter die
deutsche PDS, am 9. Mai in Rom die Europäische Linke
gegründet und die Gaullisten in der Union der
Europäischen Nationen (UEN) wollen ebenfalls eine Partei
starten. Vor allem für die kleineren Parteien würden
diese Neugründungen erheblich weniger Geld aus dem EU-Topf
bedeuten.
Die Strukturen der Parteien sind sehr
unterschiedlich. Während die EVP und die SPE nur
Mitgliedsparteien aus den EU-Staaten zulassen, sind Grüne und
ELDR pan-europäische Parteien mit Mitgliedsparteien auch aus
europäischen Staaten, die nicht in der EU sind. Das wirft auch
Probleme für die Repräsentation der Mitgliedsparteien
auf. So kann sich die EVP an die einfache Regel halten, dass die
Zahl der Delegierten nach dem Stimmenanteil der jeweiligen Partei
bei den letzten Europawahlen bestimmt wird. Bei den Grünen
müssen die Delegiertenstimmen auf dem Parteikongress dagegen
nach einem reichlich komplizierten Verfahren vergeben werden, das
sowohl Mitgliederstärke wie auch Ergebnisse bei Wahlen zum
Europaparlament und nationalen Wahlen berücksichtigt.
Außerdem sind die Mitglieder der Grünen Fraktion im
Europäischen Parlament qua Amt auf dem Parteikongress mit Sitz
und Stimme vertreten.
Üppig ist die neue Finanzierung aus
EU-Mitteln aus Sicht der Parteien nicht. "Wir müssen froh
sein, wenn wir auf dem gleichen Niveau weiter arbeiten können,
wie bisher", sagt Antony Beumer, Generalsekretär der SPE.
Teuer dürfte vor allem der Aufwand werden, der direkt mit der
europäischen Dimension der Parteien zu tun hat. "Dolmetscher
in zwölf Sprachen für einen Tag kosten 40.000 Euro",
rechnet Ingo Friedrich, Vize-Präsident des Europäischen
Parlaments und Schatzmeister EVP, vor. Mit zehn Sitzungen der
Parteigremien im Jahr ist selbst bei der größten Partei
ein beträchtlicher Teil der Finanzierung durch die EU
aufgebraucht. Bisher konnten die Parteien auch den
Dolmetscherdienst des Europäischen Parlaments für
Vorstandssitzungen oder Parteikongresse in Anspruch
nehmen.
Nach dem Statut sind Spenden erlaubt,
allerdings unter strengeren Auflagen als in Deutschland. Spenden
über 500 Euro müssen in den jährlichen
Rechenschaftsberichten der Parteien ausgewiesen werden. Anonyme
Spenden und Spenden von öffentlichen Unternehmen sind
verboten. Pro Spender und Jahr sind maximal 12.000 Euro an
Zuwendungen erlaubt. Auch für die Mitgliedsbeiträge
nationaler Parteien gibt es eine Obergrenze. Maximal 40 Prozent des
Jahresbudgets der Europäischen Partei dürfen aus
Mitgliedsbeiträgen kommen. Die rechtmäßige
Verwendung der EU-Gelder durch die Parteien wird durch die
Verwaltung des Parlaments überwacht, aus dessen Haushalt die
Finanzmittel auch fließen. Zudem werden die Finanzen der
Parteien zusätzlich durch den Europäischen Rechnungshof
kontrolliert. "Der bürokratische Aufwand, den die
Parlamentsverwaltung verlangt, ist völlig überzogen",
klagt Werner Hoyer (FDP), der Anfang Mai als Präsident der
ELDR wiedergewählt wurde.
Auch in anderen Parteien gibt es Kritik an
der Bewirtschaftung der Parteienzuschüsse durch das
Europäische Parlament, wenn auch aus einem anderen Grund. Zu
groß sei die Gefahr, dass sich die Parteien durch die
große Nähe zu den Fraktionen letztlich selbst
kontrollieren. "Da wird der Bock zum Gärtner gemacht", sagt
ein Mitarbeiter der Grünen-Fraktion. Auch der
Generalsekretär der Europagrünen, Cassola, fürchtet,
dass sich das Parlament mit dieser Struktur den nächsten
Skandal ins Haus holt. Dabei geht es nicht nur um die Kontrolle,
sondern auch um das Volumen der Zuschüsse für die
Parteien. "Die Europaabgeordneten werden sich nur schwer den
Wünschen der Parteivorsitzenden widersetzen können",
glaubt Beumer von der SPE. Schließlich seien die
Europaparlamentarier in der Parteihierarchie nicht unbedingt ganz
oben angesiedelt. Die Grünen wie auch die SPE hätten es
lieber gesehen, wenn die EU-Kommission statt des Parlaments als
neutrale Instanz die Verwendung der Parteiengelder überwacht
hätte.
Die Parteienfinanzierung auf
europäischer Ebene dürfte bald aus einem anderen Grund
ins mediale Rampenlicht rücken. Neben den bereits
erwähnten politischen Formationen plant auch der
französische Front National von Jean-Marie Le Pen, die
rechtsradikalen Parteien in Europa zu einer gemeinsamen Partei
zusammenzubinden. Sollte ihm das gelingen, dann könnte es dazu
kommen, dass das Europäische Parlament die Finanzierung dieser
rechtsradikalen Partei in Frage stellt.
Matthias Rumpf arbeitet als freier Journalist
in Berlin.
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