Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit
Motto: "Let's Green Europe!"
Die Grünen zur Europawahl
Die Osterweiterung der EU beendet die jahrzehntelange Teilung
Europas. Nach dem Beitritt der zehn neuen Staaten gilt es nun mit
der politischen, ökonomischen und nicht zuletzt kulturellen
Integration der Neuen die Teilung unseres Kontinents endgültig
zu überwinden. Uns Grünen ist es in diesem Jahr als
erster politischer Bewegung in Europa gelungen, nationale Grenzen
hinter uns zu lassen. Im Frühjahr haben wir in Rom die
Europäische Grüne Partei gegründet. Zur Europawahl
gehen 25 Grüne Parteien mit einer grenzüberschreitenden
Wahlkampagne an den Start. Gemeinsam wollen wir ein
ökologisches, gerechtes, weltoffenes, demokratisches und
friedliches Europa.
Im Europäischen Parlament werden wir uns dafür
einsetzen, dass Bulgarien und Rumänien wie geplant im Jahr
2007 der EU beitreten können. Im Dezember 2004 wird auch
entschieden werden, ob der Türkei Beitrittsverhandlungen mit
der EU angeboten werden sollen. Für uns Grüne wird
ausschlaggebend sein, ob die Fortschritte, die die Türkei bis
dahin bei der Erfüllung der politischen Kriterien und der
Achtung von Menschenrechten gemacht hat, bereits ausreichen, um die
Verhandlungen aufzunehmen.
Wir freuen uns, dass in die Verhandlungen über die
Europäische Verfassung wieder neuer Schwung gekommen ist. Ziel
der Grünen ist es, darüber auch die Bürgerinnen und
Bürger Europas in einem Referendum abstimmen zu lassen, und
zwar mit zwei klaren Alternativen: entweder der Zustimmung zum
Verfassungsentwurf oder dem Widerspruch zur EU-Mitgliedschaft. Wir
sind sicher, dass die Menschen in Europa sich klar zur
Europäischen Union und Integration bekennen werden. Die
Annahme der Verfassung bedeutet für uns jedoch nicht das Ende
des Verfassungsprozesses. Eine der zentralen Fragen wird sein, wie
zukünftige Verfassungsänderungen vorgenommen werden
können. Wir wollen die Verfahren zur Verfassungsänderung
so reformieren, dass das Einstimmigkeitsprinzip aufgehoben wird.
Handlungsfähigkeit und Einstimmigkeitszwang passen nicht
zusammen.
Eine der wichtigsten Entscheidungen - auf die inneren Politiken
der EU bezogen - wird die Finanzplanung für die Haushaltsjahre
2007 bis 2013 sein. Viele Einzelpolitiken, von der
Strukturförderung bis zur Umwelt- und Energiepolitik,
hängen davon ab. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die
EU die Finanzmittel erhält, die erforderlich sind, um ihre
Aufgaben zu erfüllen. Wir werden auch überwachen, ob die
Gelder zielgerichtet eingesetzt werden.
Eine verstärkte Zusammenarbeit bei der
Terrorbekämpfung ist notwendig. Wir Grüne warnen aber vor
einer Vernachlässigung der Bürgerrechte im Zuge einer
internationalen Anti-Terror-Politik. Auch auf EU-Ebene muss es eine
parlamentarische und gerichtliche Kontrolle über die Arbeit
der grenzübergreifenden Polizei- und der Sicherheitsdienste
geben. Die EU-Innen- und Justizpolitik muss weiter ausgebaut
werden. Hier werden wir uns insbesondere für eine
fortschrittliche Einwanderungs- und Asylpolitik einsetzen, aber
auch für eine wirksamere Bekämpfung der organisierten
Kriminalität.
Wir wollen ein ökologisches Europa. Die europaweite
Förderung von erneuerbaren Energien steht ganz oben auf
unserer Agenda. Wir wenden uns gegen alle Versuche, die
Atomtechnologie über Brüssel wieder hoffähig zu
machen und wollen den Atomausstieg europaweit vorantreiben. Den
Euratom-Vertrag wollen wir baldmöglichst abschaffen. Statt auf
die Technologien des letzten Jahrhunderts, Kohle und Atom, zu
setzen, stehen wir für die ökologische Modernisierung der
Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn Europa Exporteur von Umweltwissen
und -technologien wird, sichert das kommenden Generationen eine
Perspektive und schafft auch zukunftsfähige
Arbeitsplätze.
Der Verbraucherschutz in allen Bereichen ist ein wesentlicher
Teil unserer europäischen Modernisierungsstrategie.
Deutschland hat mit der von Renate Künast begonnenen
Agrarwende eine Vorreiterrolle in der europäischen
Landwirtschaft gewonnen. Hier wollen wir anknüpfen: Von der
Stärkung der Prinzipien der Nachhaltigkeit, des Tierschutzes
und der ländlichen Entwicklung bis zur Reduzierung der
Finanzmittel für die Agrarpolitik sehen wir
Handlungsbedarf.
Unser Augenmerk gilt besonders den Schwächsten unserer
Gesellschaft. In der Beschäftigungs- und Sozialpolitik wollen
wir einen europäischen Beitrag zu einem sozialen Europa
leisten, wenngleich die Hauptverantwortung dafür weiter bei
den nationalen Regierungen liegen wird. Wir wollen kein Lohn- und
Steuerdumping in Europa zulassen, sondern in die europäische
Wissensgesellschaft investieren. Die Stärkung der
europäischen Bildungslandschaft und der europäischen
Wissensgesellschaft ist der Schlüssel, um das Lissabon-Ziel zu
erreichen: Europa soll bis 2010 der wettbewerbsfähigste
wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt werden.
Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni 2004
werden die Weichen für das erweiterte Europa gestellt.
Für die Europäischen Grünen gilt davor und danach
das Motto: Let's Green Europe!
Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit sind Spitzenkandidaten von
Bündnis 90/Die Grünen
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