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Hartmut Hausmann
Der Anteil der Frauen ist noch einmal
gesunken
Josep Borrell ist neuer Präsident des
Parlaments
Zum ersten Präsidenten des neuen
Europäischen Parlaments nach der Erweiterung der EU ist am 20.
Juli in Straßburg der spanische Sozialdemokrat Josep Borrell
mit 388 Stimmen der insgesamt jetzt 732 Europaabgeordneten
gewählt worden. Der frühere polnische Außenminister
Bronislaw Geremek konnte als Kandidat der Liberalen mit 208 Stimmen
mehr als einen Achtungserfolg erzielen, da auch Abgeordnete aus den
großen Fraktionen für ihn stimmten.
Die beiden großen Fraktionen
verfügen zusammen über 468 Abgeordnete, die Liberalen
über 88. Auch der Franzose Francis Wurtz, der
Fraktionsvorsitzende der Vereinigten Linken, die nur über 41
Mandate verfügt, konnte noch 51 Stimmen auf sich
vereinen.
Seinen Erfolg im ersten Wahlgang verdankt
Borrell, Nachfolger des Iren Pat Cox, einer Absprache zwischen den
beiden größten Fraktionen, der christdemokratischen EVP
(268 Mitglieder) und den Sozialdemokraten (200). Beide Gruppen
wollen sich die fünfjährige Präsidentschaft
aufteilen, da der Parlamentspräsident ohnehin
traditionsgemäß nur jeweils für zweieinhalb Jahre
gewählt wird. Obwohl die Sozialdemokraten nicht zu den Siegern
bei der Europawahl gehörten, erhielt ihr Kandidat den Vorrang,
weil der EVP-Vorsitzende Hans-Gert Pöttering, wie es aus der
Fraktion heißt, seine mehr als 25-jährige Karriere als
Europapolitiker zum Abschluss in zweieinhalb Jahren mit dem
Präsidentenamt krönen möchte.
Für den neuen, aus Katalonien stammenden
Präsidenten Josep Borrell ist das Straßburger Parlament
zwar eine völlig neue Bühne, nicht aber die
Europapolitik. Unter Ministerpräsident Felipe Gonzalez
bekleidete er bereits mehrere Kabinettsposten, zunächst sehr
erfolgreich als Staatssekretär im Finanzministerium und
später als Minister für Verkehr und Infrastruktur. Von
daher kennt er die Arbeitsweise des EU-Ministerrats. Als Vertreter
seiner in die Opposition geratenen Partei im spanischen Parlament
hatte der 57-Jährige im EU-Verfassungskonvent mitgearbeitet.
Der Sohn eines Bäckers studierte Ingenieurwesen und
Volkswirtschaft, bevor er mit 30 Jahren in die Regionalregierung
von Madrid gewählt wurde. Borrell verdankt sein Comeback dem
Wahlsieg der spanischen Sozialisten sowohl bei den nationalen als
auch den Europawahlen.
Dem zum sechsten Mal direkt von den
EU-Bürgern gewählten Europäischen Parlament
gehören 732 Abgeordnete aus 25 Ländern an. Deutschland
entsendet mit 99 Parlamentariern das größte Kontingent,
mit Abstand folgen Frankreich, Großbritannien und Italien mit
je 78 Deputierten. Von den neuen Ländern stellt Polen mit 54
die meisten Deputierten, Malta hat mit fünf Sitzen die
wenigsten Abgeordneten. In den Reihen der Abgeordneten aus den
einzelnen Ländern gibt es ungewöhnlich viele neue
Gesichter - mehr als je zuvor bei einer Europawahl. Ihr Anteil
beträgt 51 Prozent.
Die geringste Zahl neuer Parlamentarier weist
mit 20 Prozent Großbritannien auf, Griechenland mit 83 Prozent
den größten Anteil. Auch in den neuen Ländern
Osteuropas wurden mehr als die Hälfte der erst im Mai in
Straßburg eingezogenen Parlamentarier bereits wieder
ausgetauscht.
Der bisherige Stolz der Straßburger
Versammlung, besonders fortschrittlich bei der Gleichbehandlung von
Frauen und Männern zu sein, hat auch wegen der Erweiterung
einen Dämpfer erhalten. Der Frauenanteil ist im neuen
Parlament mit rund 31 Prozent etwas niedriger als in der
vorangegangen Legislaturperiode. Führend ist Schweden mit
einem Anteil von 58 Prozent, aber auch Luxemburg glänzt jetzt
mit 50 Prozent. Frankreich rangiert mit 44 Prozent ebenfalls weit
über dem Durchschnitt, Deutschland liegt fast genau auf dem
EU-Mittelwert. Überhaupt keine weiblichen Volksvertreter
kommen aus Zypern und Malta, aber auch Polen mit nur 13 Prozent
Frauen steht blamabel da. Bei den Altmitgliedern der EU bildet
Italien mit einem Frauenanteil von nur 19 Prozent das
unrühmliche Schlusslicht.
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