Hartmut Hausmann
Den Binnenmarkt stärker fördern
Das Programm der Niederländer
Die wirtschaftliche Erholung Europas sowie die tiefere
Integration der zehn neuen Mitgliedstaaten in die EU sollen im
Vordergrund des Arbeitsprogramms der niederländischen
EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2004 stehen. Zugleich
will sich Den Haag für eine europäische
Sicherheitspolitik einsetzen, die diesen Namen auch verdiene,
erklärte der niederländische Ministerpräsident Jan
Peter Balkenende am 21. Juli bei der Vorstellung seines
Halbjahresprogramms vor dem Europäischen Parlament in
Straßburg.
Zum Abschluss seines Vorsitzes werde die Entscheidung über
die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
den Schwerpunkt bilden. Balkenende versicherte den neu
gewählten Europaparlamentariern, dass der anstehende Beschluss
der EU-Staats- und Regierungschefs im Dezember auf der Grundlage
eines objektiven Berichts der EU-Kommission und fair nach den
festgelegten Spielregeln erfolgen werde. Außer den
Kopenhagener Kriterien, in denen die demokratischen,
rechtsstaatlichen und marktwirtschaftlichen Voraussetzungen
für einen Beitritt definiert wurden, dürften keine neuen
Bedingungen an die Türkei gestellt werden. Vor allem
dürfe bei der christlichen Bevölkerung in Europa keine
Angst vor dem Islam geschürt werden.
Im wirtschaftlichen Bereich forderte Balkenende die
Unterstützung des Parlaments bei seinem Vorhaben, das
Potenzial des gemeinsamen Binnenmarktes besser auszuschöpfen.
Durch eine ernsthafte Liberalisierung des Dienstleistungsektors
könne ein wichtiger Impuls für die europäische
Wirtschaft und ein stärkeres Wachstum ausgehen. Der
niederländische EU-Vorsitz und die nachfolgenden (Luxemburg
und Großbritannien) hätten sich die Priorität
gesetzt, eine bessere und einfachere Binnenmarktgesetzgebung zu
schaffen. Es gehe vor allem darum, das Sozialsystem zu reformieren
und das Rentensystem auf eine bessere Grundlage zu stellen.
Besonders eindringlich rief der Niederländer zur
Einrichtung eines europäischen Forschungsfonds auf. Mit dessen
Hilfe soll ausreichend Risikokapital für diesen Bereich
bereitstellen werden. Europa dürfe der Tatsache nicht
länger hilflos zusehen, dass 400.000 Forscher von dem alten
Kontinent abgewandert und in den USA beschäftigt seien. Sie
stellten dort 40 Prozent aller Wissenschaftler.
Im Bereich der Innen- und Rechtspolitik wollen die Niederlande
auf dem Herbstgipfeltreffen der Europäischen Union am 5.
November eine Reihe von neuen Initiativen vorlegen. Als Beispiele
nannte der niederländische Premier die Anpassung der
nationalen Strafrechtssysteme und eine neue europäische
Drogenstrategie. Ferner gehe es um ein besseres Gleichgewicht
zwischen der inneren Sicherheit und einer gemeinsamen
europäischen Einwanderungspolitik. Europa sei keine massive
Festung und dürfe es auch nicht werden. H. H.
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