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Nr. 47 / 15.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Martin Wagener

Auf dem Weg zum nächsten Präventivkrieg?

Vor dem IAEA-Gouverneursrat am 25. November: Warum der Iran-Konflikt diplomatisch kaum zu lösen ist
Die Wiederwahl von US-Präsident Bush jr. dürfte vor allem von der Führung in Teheran mit Sorge betrachtet worden sein. Würde sie die Argumentationsmuster zur Rechtfertigung des Präventivkrieges gegen Saddam Hussein ernst nehmen, stünde einem ähnlichen Feldzug gegen das eigene Land nichts mehr im Wege. Im Gegensatz zum Irak dürfte der Iran weitaus bessere Voraussetzungen haben, um in den nächsten Jahren in den Besitz von Nuklearwaffen zu gelangen. Hinzu kommen Spekulationen über Verbindungen zwischen Teheran und Al Qaida. Ob der Iran aber als Teil der "Achse des Bösen" tatsächlich zum zweiten militärischen Ziel wird, lässt sich nicht seriös voraussagen.

Die derzeitige Kritik des Westens am Iran hat ihre Wurzeln in einer angenommenen "versteckten Agenda" des Atomprogramms der Mullahs. Insbesondere die USA zweifeln daran, dass das Projekt ausschließlich zivil genutzt werden soll, zumal das Land kein natürliches Energieproblem hat. Teheran verfügt über circa zehn Prozent der weltweit bekannten Erdölreserven sowie über 16 Prozent der Erdgasreserven. Mit der angestrebten vollständigen Beherrschung des nuklearen Brennstoffkreislaufs verfolge der Iran, so die Vermutung, ein ganz anderes Ziel: die Möglichkeit der Anreicherung von Uran zur Herstellung von Atombomben. Frankreich, Deutschland und Großbritannien versuchen daher seit dem Abkommen vom Oktober 2003, den Iran zur Akzeptanz zweier zentraler Forderungen zu bewegen: Teheran soll auf die Anreicherung von Uran verzichten. Darüber hinaus wird erwartet, dass es mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) eng zusammenarbeitet und damit internationalen Inspektoren freien Zugang zu allen Anlagen des Atomprogramms gewährt. Im Gegenzug haben die Europäer nicht nur die Ausdehnung der Handelsbeziehungen, sondern auch den Zugang zu ziviler Nukleartechnologie, etwa in Form eines Leichtwasserreaktors, in Aussicht gestellt.

Die Position des Irans erscheint dagegen wie in Stein gemeißelt. Der Verzicht auf die autarke Beherrschung des nuklearen Brennstoffkreislaufs wird kategorisch abgelehnt. Dem Atomprogramm wird eine ausschließlich zivile Nutzung zugeschrieben. Teheran verweist dabei völlig korrekt auf den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968, in dessen Präambel es heißt, "dass die Vorteile der friedlichen Anwendung der Kerntechnik [...] allen Vertragsparteien, gleichviel ob Kernwaffenstaaten oder Nichtkernwaffenstaaten, für friedliche Zwecke zugänglich sein sollen". In den Gesprächen mit den Europäern in Paris zu Beginn des Monats haben die iranischen Unterhändler geringfügige Konzessionen gemacht. Sollte die neue Abmachung umgesetzt werden, würde Teheran die Anreicherung von Uran weiter aussetzen, nicht jedoch grundsätzlich auf diese Option verzichten. Beide Seiten hätten damit eine Eskalation des Konflikts vorläufig vermieden, ohne ihn wirklich zu lösen. Gewinner wäre der Iran, der damit die drohende Überweisung seines "Falles" an den UN-Sicherheitsrat auf der Sitzung des Gouverneursrats der IAEA am 25. November abgewendet hätte. Die Europäer können mit dieser Lösung, die faktisch einen Zeitgewinn für das Mullah-Regime bedeutet, nicht zufrieden sein. Ihnen stand allerdings auch keine Alternative zur Verfügung, denn China hatte bereits angedeutet, ökonomischen Sanktionen gegen den Iran im UN-Sicherheitsrat nicht zustimmen zu wollen.

Die weitere Entwicklung ist nur schwer zu prognostizieren, weil es zu viele Unbekannte gibt, die den Gang der Dinge beeinflussen und verändern können. So ist nicht absehbar, wer 2005 die iranischen Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, wie sich dies auf das innenpolitische Machtgefüge auswirkt und welche Konsequenzen sich daraus wiederum für die Außenpolitik ergeben. Der Machtkampf zwischen Reformern und Konservativen hält an, und das Streben nach dem Besitz von Atombomben ist innenpolitisch offensichtlich umstritten. Unabhängig davon kann von einer grundsätzlichen Wechselwirkung ausgegangen werden: Je größer der geopolitische Druck auf den Iran wird, desto stärker sein Streben nach der Atombombe, wenigstens aber nach einer "virtuellen Nuklearwaffenfähigkeit" (militärisch nutzbare Atomkraftwerke).

Zur Ironie der gegenwärtigen Lage der Mullahs gehört, dass ausgerechnet Washington mit dem Sturz Saddam Husseins eine der größten unmittelbaren Bedrohungen des Landes beseitigt hat. Der Irak war für den Iran auch deshalb unberechenbar, weil er im Krieg von 1980 bis1988 zeitweise sogar chemische Waffen eingesetzt hatte. Das geostrategische Umfeld Teherans hat sich durch diese Entwicklung aber nur begrenzt verbessert. Denn im Zuge des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus ist die amerikanische Truppenpräsenz auf der Arabischen Halbinsel und in Zentralasien derartig ausgedehnt worden, dass sich aus ihr eine faktische militärische Einkreisung des Irans durch die USA ergibt. Gegenwärtig hat das Pentagon in der Region 180.000 Soldaten stationiert. Hinzu kommen Einheiten der 5. US-Flotte im Persischen Golf. Das Land liegt in der Reichweite ballistischer Trägersysteme mehrerer Nuklearmächte, zu denen seit 1998 auch der Grenznachbar Pakistan gehört.

Darüber hinaus hat der geopolitische Druck auf den Iran in den vergangenen Jahren insbesondere durch den Ausbau der nuklearen Optionen Israels zugenommen. Der Besitz von Nuklearwaffen ist im Sinne der "strategischen Ambiguität" bis heute weder von der Regierung noch von der Knesset zugegeben worden. Renommierte Institutionen wie das Londoner International Institute for Strategic Studies gehen davon aus, dass Israel über rund 200 nukleare Sprengköpfe verfügt. Diese könnte es entweder über Kampfflugzeuge vom Typ F-4E Phantom oder F-16 Falcon einsetzen. Mit der Mittelstreckenrakete Jericho II, die über eine Reichweite von etwa 1.500 Kilometern verfügen soll, wären Ziele im Westen Irans bis Teheran angreifbar.

Das größte Problem des israelischen Abschreckungskonzeptes ist die mangelnde strategische Tiefe des Landes. Bei einer Nord-Süd-Ausdehnung von circa 470 und einer maximalen Breite von nur 135 Kilometern könnte bereits die Explosion einer einzigen Atombombe, etwa in Beer Sheva, ausreichen, um die Existenz des Staates zu gefährden. Da unter diesen Bedingungen weder die Unterstellplätze für Kampfflugzeuge noch die Abschussbasen für Raketen ausreichend geschützt werden können, verfügt Israel über keine gesicherte landgestützte Zweitschlagfähigkeit. Jerusalem dürfte dieses Problem 1999/2000 durch die Beschaffung von drei U-Booten der Dolphin-Klasse gelöst haben. Beobachter gehen davon aus, dass diese mit Marschflugkörpern ausgerüstet worden sind, die mit nuklearen Sprengköpfen bewaffnet werden können. Die Reichweiten der vermutlich eingelagerten Flugkörper betragen beim Typ Harpoon mit 120 Kilometer bei einer Nutzlast von 220 Kilogramm. Der Marschflugkörper vom Typ Popeye 3 soll einen Einsatzradius von 350 Kilometer bei einer Nutzlast von 360 Kilogramm haben. Treffen diese Angaben zu, dann würde Israel über im Golf von Oman stationierte U-Boote jeden Angriff des Iran nuklear vergelten können.

Der Iran hat auf sein geostrategisches Umfeld dahingehend reagiert, neben verschiedenen Kurzstreckenraketen die Mittelstreckenrakete Shahab III zu entwi-ckeln. Nach mehreren Tests hat Verteidigungsminister Ali Shamkhani am 9. November angekündigt, dass dieses Trägersystem in Serienproduktion gegangen sei. Die Shahab III hat eine geschätzte Reichweite von 1.300 Kilometer bei einer Nutzlast von 750 Kilogramm. Damit wären Ziele in ganz Israel erreichbar. In der Entwicklungsphase soll sich zudem die Shahab IV mit einer Reichweite von 2.000 Kilometer bei einer Nutzlast von 1.000 Kilogramm befinden. Die Raketen deuten insofern auf das Streben nach Atombomben hin, als konventionelle Einsatzmittel militärstrategisch nur begrenzt Sinn machen. Die Shahab III entfaltet die Abschreckungswirkung nur dann, wenn sie mit einem nuklearen Sprengkopf ausgerüstet wird. Sollte dies wegen IAEA-Kontrollen nicht mehr möglich sein, könnte der Iran versuchen, eine Atombombe über Nordkorea zu importieren. Die enge Zusammenarbeit beider Staaten ist daran abzulesen, dass die Technologie der Shahab III auf der nordkoreanischen Mittelstreckenrakete No Dong beruht.

Aus diesem Grund dürfte der Iran in den weiteren Verhandlungen mit den Europäern und der IAEA nur begrenzt Entgegenkommen zeigen, wodurch der Druck auf die Bush-Administration zunimmt. Der amerikanische Präsident dürfte sich etwa die Frage stellen, wie er nach seiner zweiten und letzten Amtszeit in die Geschichte eingehen möchte. Im schlimmsten Fall droht im Januar 2009 folgendes Attest: Der Irak hat sich weiter zum Experimentallabor für Terroristen aller Art entwickelt; der Iran ist dem Bau einer Atombombe näher denn je. Sollte es dazu kommen, hätte sich unter der Regierung von George W. Bush die sicherheitspolitische Lage am Persischen Golf in beispielloser Weise zuungunsten der USA entwickelt.

Ein Präventivschlag gegen die Mullahs dürfte mehr Probleme schaffen als lösen. Eine Entwaffnung des Irans wäre, erstens, nur durch eine umfassende Boden-offensive zu erreichen, für die keine hinreichenden freien Streitkräftekontingente zur Verfügung stehen. Welchen materiellen Belastungen die USA im Irak ausgesetzt sind, wird daran deutlich, dass die amerikanischen Truppen ihren Auftrag ohne Reservisten kaum noch durchführen könnten. Auch beschäftigt das Pentagon einen erheblichen Teil der bis zu 20.000 Söldner, die nach Schätzungen im Bürgerkriegsgebiet aktiv sein sollen. Hinzu kommt, dass im Falle eines Präventivschlags gegen den Iran sowohl unter den eigenen Verbündeten, die bereits circa 23.000 Soldaten im Irak stationiert haben, als auch in der muslimischen Welt massive Verstimmungen absehbar sind.

Washington würde folglich seine Kapazitäten durch einen Zweifrontenkrieg am Persischen Golf noch stärker überdehnen - mit weitreichenden Folgen für dessen Position im asiatisch-pazifischen Raum. Dort stellen die USA in der Taiwan-Straße das entscheidende Gegengewicht zu China und auf der Koreanischen Halbinsel zu Nordkorea dar. Peking könnte die Situation nutzen, um seinen Druck auf Taipeh zu erhöhen, und Pjöngjang dürfte sich bei den Sechsergesprächen noch kooperationsunwilliger zeigen. Seit der Verlegung der 2. US-Brigade (3.600 Soldaten) von Südkorea in den Irak wird diskutiert, welche Konsequenzen das für die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Abschreckungspolitik am 38. Breitengrad hat.

Außerdem muss die Frage nach der Effektivität eines Präventivschlages gestellt werden. Sollten nicht genügend amerikanische Streitkräfte für eine Bodenoperation zur Verfügung stehen, bliebe dem Pentagon lediglich die Option gezielter Luftschläge. Der Vergleich zu den zahlreichen amerikanischen Bombardierungen, die zwischen den beiden Kriegen von 1991 und 2003 gegen irakische Stellungen durchgeführt worden sind, fällt negativ aus. Saddam Hussein konnte durch sie nie zu einem grundsätzlichen Einlenken bewegt werden. Das iranische Atomprogramm ist zudem über das ganze Land verstreut. Anlagen finden sich unter anderem in Arak, Natanz, Teheran, Isfahan und Bushehr. Dies würde eine umfassende Bombardierung erfordern, die sich nicht auf den reinen Einsatz von Marschflugkörpern beschränken ließe.

Abgesehen von der militärischen Problematik dürfte das Weiße Haus größte Schwierigkeiten haben, einen weiteren Präventivkrieg innenpolitisch zu rechtfertigen. Die Glaubwürdigkeit der Bush-Administration hat erheblich darunter gelitten, dass ihre Rechtfertigungen zur Begründung des Irak-Krieges offensichtlich in hohem Maße konstruiert waren. Fraglich ist daher, ob die amerikanische Bevölkerung ihrem Präsidenten erneut glauben wird, sollte dieser behaupten, der Iran verfüge über Atombomben. Sollte die Bush-Administration aus diesen Gründen auf einen militärischen Präventivschlag verzichten, wäre das Problem aber noch lange nicht vom Tisch. Aus der Sicht Israels ist es nicht hinnehmbar, dass ein Staat im Nahen Osten Tel Aviv und andere Städte theoretisch mit Nuklearwaffen angreifen könnte. Aus diesem Grunde ordnete der damalige Ministerpräsident Menachem Begin am 7. Juni 1981 an, den irakischen Atomreaktor Osirak zu zerstören. Bagdad war damit die Möglichkeit genommen worden, die notwendigen Ausgangstoffe für eine Atombombe zu produzieren. Sollte der Iran daher kurz davor stehen, den nuklearen Brennstoffkreislauf zu schließen, dürfte für den gegenwärtigen Regierungschef Ariel Scharon der Casus Belli gegeben sein. Gleichwohl wird es nicht einfach sein, zur Tat zu schreiten: Im Gegensatz zu Osirak sind die Ziele weit gestreut; die Kampfflugzeuge könnten zudem Schwierigkeiten haben, die größere Distanz zu überbrücken.

Sollte dieses Problem gelöst werden, etwa durch den Einsatz von Tankflugzeugen, dann hätten die USA vier Argumente parat, um Israel von einem Präventivschlag abzuhalten. Das Bündnis- und Abschreckungsargument: Die USA versichern in einer sich zuspitzenden Konfliktphase, dass sie jeden nuklearen Angriff gegen israelisches Staatsgebiet sofort nuklear vergelten werden. Das Rückversicherungsargument: Die USA helfen Israel, dessen aus Arrow-II- und Patriot-Batterien bestehendes Raketenabwehrsystem auszubauen, um anfliegende iranische Trägersysteme vorzeitig zu neutralisieren. Beide Argumente dürften die Regierung Scharon nur begrenzt beruhigen. Über eine nukleare Abschreckung verfügt sein Land bereits. Und nach den Erfahrungen des Golf-Krieges von 1991 dürfte der Glaube an die unbedingte technologische Funktionsfähigkeit von Raketenabwehranlagen allen Fortentwicklungen zum Trotz zumindest getrübt sein. Damals erreichten 39 irakische Scud-Raketen israelisches Staatsgebiet, obwohl Patriot-Batterien als Abwehrmaßnahmen eingesetzt worden waren.

Darüber hinaus dürfte Washington das Eskalationsargument anführen. Der Iran könnte zur Vergeltung eines von Scharon befehligten Angriffs dazu übergehen, die zweite Intifada der Palästinenser in Israel sowie die im Südlibanon operierende Hisbollah verstärkt zu unterstützen. Teheran könnte ihnen militärische Ausrüstung liefern, um den Druck auf Israel von innen und außen zu erhöhen. Zur Eskalation würde die Option gehören, Selbstmordattentäter mit biologischen oder chemischen Massenvernichtungsmitteln auszustatten, über die der Iran wahrscheinlich verfügt. Diese Form der asymmetrischen Kriegführung könnte im übrigen auch die USA davor zurückschrecken lassen, einen Präventivschlag zu führen. Denn der Iran könnte dazu übergehen, sich in den irakischen Bürgerkrieg einzumischen und seine schiitischen Glaubensbrüder militärisch zu unterstützen.

Schließlich ist das Argument des Kollateralschadens für die islamische Umma zu nennen. Im Falle eines Nuklearangriffs gegen 6,5 Millionen israelische Staatsbürger würden nicht nur Juden getötet, sondern auch zahlreiche Araber, die unter den 22,8 Prozent Nichtjuden den größten Anteil stellen. Siedlungsgebiete im Gazastreifen sowie im Westjordanland könnten je nach Detonationsort erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Iran müsste damit rechnen, dass sich seine bilateralen Beziehungen zu den Grenznachbarn Israels (Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten), die wenigstens durch den zu erwartenden atomaren Fall-out betroffen sein werden, erheblich verschlechtern, ja dass sie eventuell sogar Gegenmaßnahmen ergreifen. Schließlich ist zu bedenken, dass durch eine Atombombe eine Druckwelle ausgelöst werden würde, die 50 Prozent einer Nuklearexplosion ausmacht (weitere 35 Prozent betreffen die Wärmeentwicklung, 15 Prozent die radioaktive Strahlung). Sollte die Detonation nahe Jerusalems erfolgen, könnten dadurch sowohl der Felsendom als auch die Al-Aksa-Moschee zerstört werden. Beide zählen nach Mekka und Medina zu den wichtigsten heiligen Stätten des Islams.

Aus dieser Sicht erscheint der präventive Einsatz einer iranischen Atombombe geradezu widersinnig. Wenn diese Logik zutrifft, warum sollte Teheran dann dennoch versuchen, ein militärisch nutzbares Atomprogramm zu errichten? Wenigstens zwei Motive sind offensichtlich: Einerseits würde die Verfügbarkeit über Atombomben eine enorme Statusaufwertung in der muslimischen Welt zur Folge haben, in der bislang nur Pakistan eine nachgewiesene A-Waffen-Kapazität besitzt. Andererseits könnte der Iran dem Beispiel Nordkoreas folgen und versuchen, die nukleare Option politisch zu instrumentalisieren. Für letzteres dürften die Anreize auf der Seite der Mullahs besonders hoch sein. Denn diese sind sich nicht nur ihres ungünstigen geostrategischen Umfeldes, sondern auch der westli-chen Antipathien für ihr Gesellschaftssystem bewusst. Die nukleare Option wäre der dauerhafte Garant gegen jeden militärischen Einmischungsversuch von außen. Der Iran befindet sich somit weniger mit den USA als vielmehr mit Israel auf einem gefährlichen Kollisionskurs. Wenn es zum Schwur kommt, wird die Regierung Scharon ihre Entscheidung über einen Präventivschlag nicht vom Handlungswillen, sondern von den potenziellen Handlungsfähigkeiten des Gegners abhängig machen.

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