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Susanna Partsch
Eine kulturelle Dichte geschaffen
Im Münchener Haus der Kunst zeigt der Adel
seine Schätze
Über die Jahrhunderte sammelte neben der
Kirche vor allem der Adel Kunst. Die bis 1918 regierenden
Fürstenhäuser, die noch bis heute Namen von Städten
oder Bundesländern wie etwa Hannover oder Bayern tragen, haben
zu einer großen kulturellen Dichte beigetragen. Das Haus der
Kunst in München präsentiert nun rund 350 Exponate der
herausragendsten Kunstwerke, die sich noch heute im Besitz der
ehemaligs regierenden Familien befinden.
Bis zu der bürgerlichen Revolution 1918,
die zum demokratischen Parlamentarismus führte, versammelten
sich die Kunstschätze neben den allgemein zugänglichen
Kirchen vor allem in den Schlössern der Könige,
Fürsten, Herzöge und Grafen. Dort befanden sich
Schatzkammern, Bildergalerien, Kuriositätenkabinette, in denen
ausgewählte Besucher befreundeter Häuser
herumgeführt wurden. Der Adel pflegte eine
halböffentliche Kulturträgerschaft zwischen
Repäsentationswillen und Mäzenaten, der sich auch in der
Gründung von Theatern und Bibliotheken zeigte. Gleichwohl
gewährte der Adel dem Volk nur eingeschränkt Zutritt zu
seinen Schätzen. Gelehrte mussten oft genug größte
Bemühungen unternehmen, die Sammlungen studieren zu
dürfen oder sich als Künstler an Gemälden schulen zu
können.
Dennoch: Hätte sich die
Kunstförderung auf die Kirche beschränkt und gäbe es
das adlige Mäzenentum nicht, so wären so fantastische
Ausmalungen wie diejenige des Würzburger Schlosses durch
Giovanni Battista Tiepolo unterblieben, gäbe es viele Museen,
wie beispielsweise die Alte Pinakothek nicht, in der die Sammlung
des Hauses Wittelsbach gezeigt wird, angefangen mit der
Alexanderschlacht von Albrecht Altdorfer, die er 1529 im Auftrag
des Wittelsbacher Herzogs als Teil eines großen
Historienbilder-Zyklus malte.
Zwar sind nach der Revolution von 1918 und
den Enteignungen in der Sowjetischen Zone 1945 Teile des
Kunstbesitzes der ehemaligen Herrscherhäuser verstaatlicht
worden, aber gerade die Familien, die 1918 keine Regenten mehr
waren und von der Republik als Privatpersonen behandelt wurden und
nichts abgeben mussten, oder auch diejenigen, die 1945 ihren Besitz
in den westlichen Besatzungszonen hatten, konnten weite Teile ihrer
Sammlungen behalten.
Wir alle wissen aber um die Kehrseite der
Monarchie, und heute gehören sowohl das Würzburger
Schloss wie die Alte Pinakothek (selbst noch eine königliche
Gründung) dem Land Bayern, Schloss Charlottenburg ist im
Besitz des Landes Berlin. Die Liste lässt sich beliebig
verlängern.
Und die Schätze der Adligen? Oft gehen
Meldungen durch die Presse, dass wieder eine fürstliche
Sammlung bei einem Auktionshaus zum Kauf angeboten wird. Und erst
kürzlich stand die Fürstenbergische Sammlung in
Donaueschingen zum Verkauf. Sie wurde von dem Industriellen
Reinhold Würth erstanden und ist jetzt in einem modernen
Museumsbau in Schwäbisch-Hall zu sehen. Wenn nicht gerade eine
solche Meldung für Wirbel sorgt, kümmert es die
Allgemeinheit wenig, welche Kunstschätze der Hochadel wirklich
noch besitzt.
Das soll sich jetzt durch die Ausstellung im
Haus der Kunst ändern. Für "Schatzhäuser
Deutschland" haben 33 Adelshäuser Werke zur Verfügung
gestellt. Die Exponate sind nach Themen geordnet zu sehen.
Porträts und Insignien folgen den Schätzen aus edlen
Metallen, Tafelgeschirren, antiken Köpfen und Vasen,
kirchlichen Kunstwerken, Gemälden, Grafiken.
Das absolute Highlight der Ausstellung
hängt klein und bescheiden in einem der Nebenräume: Der
einzige noch in deutschem Privatbesitz befindliche Rembrandt, Diana
mit Aktäon und Kallisto von 1634, ein absolutes Meisterwerk
des niederländischen Malers.
Warum diese Ausstellung? Die Frage
erübrigt sich spätestens nach einem Blick in den Katalog,
denn hier werden nach einer Auswahl der Exponate in ganzseitigen
Farbabbildungen die 31 Schlösser vorgestellt, aus denen die
meisten Exponate stammen. Intention ist es, die deutschen
Schlösser, die sich noch in Privatbesitz befinden, ins
Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.
Es fällt auf, dass der Adel zu allen
Zeiten gesammelt hat, wobei eine Periode gänzlich fehlt. Es
ist die klassische Moderne. Bei den Gemälden und den zum Teil
hervorragenden Zeichnungen und Drucken sind alle Epochen und
Stilrichtungen vertreten. Doch weder ein Werk des Impressionismus
noch des Expressionismus, von einem Kubisten (beispielsweise
Picasso) oder gar von einem ungegenständlichen
Konstruktivisten ist auszumachen. Die Kritik an Traditionen, die
diesen Werken zugrunde liegt, richtete sich auch immer gegen den
Adel und seinen Herrschaftsanspruch. Erst nach dem Zweiten
Weltkrieg begannen einige wenige Adlige, sich der
zeitgenössischen Kunst zuzuwenden. Neben dem bereits
erwähnten Franz von Bayern ist es hauptsächlich Gloria
von Thurn und Taxis, die sich und ihre Kinder im modernen Gewand
zeigt, porträtiert von Thomas Ruff.
(bis 13. Februar 2005; das Begleitbuch im
Prestel-Verlag kostet in der Ausstellung 34 Euro, im Buchhandel
49,95)
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