Alexander Weinlein
Neuer Marschbefehl für die Bundeswehr
Bosnien-Einsatz unter Regie der EU /
Entscheidung über Sudan-Mission vertagt
Das Engagement der Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina ist um
weitere zwölf Monate verlängert worden - allerdings nicht
mehr wie bisher unter NATO-Führung, sondern unter Regie der
Europäischen Union. Der bisherige SFOR-Einsatz endet am 2.
Dezember und geht nahtlos in die EU-geführte "Althea"-Mission
über. Der Deutsche Bundestag verabschiedete am vergangenen
Freitag den entsprechenden Antrag der Bundesregierung (15/4245) in
namentlicher Abstimmung: 583 Abgeordnete votierten für den
Einsatz, sieben dagegen.
Das Mandat für "Althea" sieht genau wie bei der SFOR den
Einsatz von bis zu 3.000 Bundeswehrsoldaten vor. Die Stärke
des deutschen Truppenkontingents soll aber nicht über die
derzeit in Bosnien-Herzegowina stationierten rund 1.100 Soldaten
erhöht werden. Deutschland stellt eines der größten
Kontingente für die rund 7.000 Mann umfassende Friedenstruppe.
Die Kosten für den zwölfmonatigen Einsatz werden mit 94,5
Millionen Euro beziffert.
Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) verwies in der
Debatte auf die großen Fortschritte, die vom Beginn des
Friedensprozesses im Jahr 1995 seit Ende des Bürgerkrieges in
der Region erzielt worden seien. Trotzdem sei weiterhin eine
ausländische Truppenpräsenz zur Stabilisierung
Bosnien-Herzegowinas und zur Umsetzung der militärischen
Aspekte des
Dayton-Abkommens notwendig. Struck würdigte den
"Althea"-Einsatz als Beweis für die Leistungsfähigkeit
der Europäischen Union im Bereich der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik.
Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die
Grünen) lobte die "sehr gute Partnerschaft" zwischen EU und
NATO. Das Oberkommando der EU-Mission in Bosnien greift auf
Ressourcen im militärischen Hauptquartier des nordatlantischen
Bündnisses im belgischen Mons zurück. Die Ängste vor
einem Konkurrenzverhältnis zwischen EU und NATO hätten
sich als irrelevant erwiesen.
Auch die Opposition sprach sich für das Engagement der
Europäischen Union aus. "Keiner von uns kann ein Interesse
daran haben, dass sich Bosnien-Herzegowina zu einem schwarzen Loch
mit Sogwirkung für den Balkan entwickelt", sagte der
Unionsabgeordnete Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg. Die
Mission stelle eine "neue Dimension europäischen Handelns"
dar. Auch sein Fraktionskollege Karl Lamers und der FDP-Abgeordnete
Rainer Stinner sprachen von einem "Meilenstein" in der
europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
"Althea", der Name ist abgeleitet von der griechisch-antiken
Göttin des Heilens, ist die erste große militärische
Friedensmission, die unter der Regie der Europäischen Union
steht. Erste Erfahrungen mit der Leitung solcher Einsätze hat
die EU allerdings bereits 2003 mit den kleineren Operationen
"Concordia" in Mazedonien und "Artemis" in der kongolesischen
Unruheprovinz Bunia sammeln können.
Überraschend setzte der Bundestag hingegen eine Abstimmung
über die Beteiligung der Bundeswehr an der Friedensmission der
Afrikanischen Union im Sudan (AMIS) von der Tagesordnung ab
(15/4227). Die Entscheidung wurde im Einvernehmen mit allen
Fraktionen auf Initiative des FDP-Abgeordneten Werner Hoyer
verschoben. Der Liberale hatte auf Presseberichte verwiesen, nach
denen die sudanesische Regierung die Beteiligung der Bundeswehr zur
Unterstützung von AMIS ausdrücklich ablehne. Nach
weiteren Beratungen soll die Entscheidung aber möglichst
schnell nachgeholt werden; angestrebt wird ein Termin noch in
dieser Woche.
Vorgesehen ist der sechsmonatige Einsatz von bis zu 200 Soldaten
und zwei Transportflugzeugen vom Typ "Transall", die afrikanische
Friedenstruppen aus Nigeria, Ruanda, Gambia und Tansania in die
sudanesische Krisenregion Dafur verlegen sollen.
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