Ergebnis statt Erlebnis - Die Arbeitskreise haben viel zu tun
Ergebnis statt Erlebnis
Die Arbeitskreise haben viel zu tun
Für Jugend und Parlament heißt es künftig noch einmal mehr Ärmelhochkrempeln und nach Kräften parlamentieren, denn von den Jungabgeordneten will der Bundestag dieses Jahr ausdrücklich Ergebnisse sehen. Jeder Leiter eines Arbeitskreises wurde gebeten: Keine Debatte mehr ohne abschließende Resolution, die abstimmungstauglich ins Plenum eingebracht werden kann.
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Sitzungssaal im Paul-Löbe-Haus: Viel Platz für viele Diskussionen in den Arbeitskreisen |
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Die Pause im vergangenen JuP-freien Wahljahr verstrich nicht, ohne dass sich das Hohe Haus ein paar Gedanken über Sinn und Erwartungen von Jugend und Parlament gemacht hat. Denn eine Frage stellte sich trotz der stets positiven Bewertungen der Veranstaltung doch immer: Wie produktiv ist das Jugendparlament wirklich? Gemessen an diesem Maßstab zeigen die Erfahrungen der letzten Jugendparlamente vor allem eins: Die Debattierfreude war unbegrenzt, in den Arbeitskreisen aber meist auch ungebremst. Die allgemeine Orientierung lief eher auf das 400-Personen starke Erlebnis im Plenum als auf Ergebnisse in Kleinarbeit hinaus. Denn wie oft kommt der Laienabgeordnete schon in den Genuss, die Kräfteverhältnisse einer echten Plenardebatte auszutesten?
Dieses Jahr sind die Konditionen für ein ergebnisorientiertes Jugendparlament günstiger: Zwar müssen die Diskussionen in den Arbeitskreisen nach wie vor in nur vier Stunden durchgepeitscht werden, doch bleibt mehr Zeit im Plenum. Durch die Verringerung der Arbeitskreise von bisher 16 auf nur noch zwölf, kann jedes Thema zehn Minuten länger im Plenum besprochen werden.
Trotz allem schwer genug für die Arbeitskreise, bei so weitgefassten Fragestellungen wie Nachhaltige Entwicklung - Handlungskonzepte für das 21. Jahrhundert, oder Globalisierung - Ist der Wohlfahrtsstaat ein Standortnachteil?. Inhaltliche Ausschweifungen scheinen vorprogrammiert. Dabei sollten sich die Teilnehmer den Mut zum Konkretisieren nicht nehmen lassen: So manche Resolution hätte im letzten Jugendparlament auch präziser gefasst eine Mehrheit finden können. Doch fehlte die Courage, konkret zu werden, "weil wir ansonsten angreifbar wären", so ein Teilnehmer in 2001.
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Analog zu den Ausschüssendes Bundestages diskutieren die Teilnehmer von Jugend und Parlament in den Arbeitskreisen |
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Einige solche Themen, zu denen beim vergangenen Mal kein Entschließungsantrag formuliert wurde, da es nicht gelang, die wichtigsten Fragen zu beantworten, stehen dieses Jahr wieder auf der Tagesordnung. So zum Beispiel Einwanderung nach Deutschland - Ist Deutschland ein Einwanderungsland?. 2001 wurde zu diesem Thema kein Antrag vorgelegt. Vielleicht gelingt es ja dem diesjährigen Arbeitskreis, mehr aus dem inzwischen leer gewordenen Begriff "Integration" zu machen. Ohne Abstimmung verlief 2001 auch die Gen-Technologie-Debatte, mit deren Inhalten sich am Montag der Arbeitskreis Biowissenschaftlicher Fortschritt und Menschenbild - Darf alles gemacht werden was möglich ist? befassen muss.
Doch es gab 2001 auch sehr klare, detaillierte Ergebnisse. Zum Beispiel beantwortete das Jugendgremium die Frage des Arbeitskreises Hat die Wehrpflicht eine Zukunft? mit einem spontan gestellten Antrag auf Abschaffung der Wehrpflicht, dem per Hammelsprung zugestimmt wurde. Dieser Debatte könnte dieses Jahr die Erfahrung der ausländischen Teilnehmer mit Berufsarmeen auf die Sprünge helfen. Insgesamt sollte bei den Arbeitskreisen mit globaler Fragestellung die ausländische Sichtweise in den Teilnehmerreihen ausgenutzt werden. So bei Zukunft der UN - Instrument von gestern oder Friedensgarant von morgen? und Globalisierung - Ist der Wohlfahrtsstaat ein Standortnachteil? wie auch Nachhaltige Entwicklung - Handlungskonzepte für das 21. Jahrhundert.
Mit dem Arbeitskreis Zukunft des Sozialstaates - Welche Instrumente wirken? haben die Abgeordneten ihren Zöglingen gewissermaßen das Lehrlingsstück in Auftrag gestellt. Die öffentliche Debatte um Gesundheitsreform, Rürup-Kommission und Hartz-Konzepte noch im Hinterkopf, hat der Jugendliche die Möglichkeit, noch im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren deutliche Worte zu sprechen. Die Schulung im repräsentativen System hätte passender nicht sein können.
Politisches Neuland könnte noch einmal mehr Was kommt nach PISA? - Empfehlungen für die Bildungspolitik bedeuten: Die Repräsentanten der "Angeklagten"-Generation könnten sich hier die Bund-Länder-Frage, die ab Oktober eine Kommission beschäftigen wird und auch Bildungsfinanzierung und -planung umfasst, einschalten. Die Diskussion rund um Gerechtigkeit der Generationen - Folgen des demographischen Wandels in Deutschland wird wohl auch dieses Jahr am nachdenklichsten ausfallen. Denn es steht die Frage im Raum, ob der sogenannte Generationenkonflikt nicht eher insgesamt Ausdruck fehlender Solidarität in der Gesellschaft ist, nicht nur zwischen Alt und Jung.
Die Parlamentsarbeit ist übrigens mit dem Schlusswort der letzten Sitzung nicht getan sein. Es wird vor allem an den Teilnehmern selbst liegen, zu entscheiden, wie ihre beschlossenen Anträge und Resolutionen an die Abgeordneten weitergetragen werden. Denn drei Tage harte Arbeit sollten für die parlamentarischen Vorbilder nicht bloß "gesellschaftliche Töne im Parlament" als wohltuende Abwechslung zu Anhörungen von Interessenverbänden und -vertretungen sein.
kvg