1952 - Wiederbewaffnung?
Die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges ist um 1950 noch unmittelbar präsent. Aber die Eskalation des Kalten Krieges drängt die Westmächte dazu, ihre ursprüngliche Forderung nach der Entmilitarisierung Deutschlands aufzugeben. Spätestens nach dem Angriff des kommunistischen Nordkoreas auf Südkorea (Juni 1950) sehen die Westmächte einen deutschen Verteidigungsbeitrag als unverzichtbar an.
|
Plenarsitzung des 1. Deutschen Bundestages, am
Rednerpult Dr. Konrad Adenauer Bild: Bildarchiv des Deutschen Bundestages - Foto Engels |
Deutschland wieder in Waffen - eine Chance auf dem Weg zum gleichberechtigten Partner oder ein schmerzlicher Verzicht auf die deutsche Einheit? Der Bundestag wird wieder zum Schauplatz leidenschaftlicher Debatten.
Am 8. Februar 1952 stimmt schließlich der Deutsche Bundestag gegen die Stimmen der Opposition mehrheitlich für einen deutschen Verteidigungsbeitrag im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG).
Dann geschieht jedoch etwas Unerwartetes: Unmittelbar nach dem Bundestagsbeschluß lanciert die Sowjetunion insgesamt vier Noten zur Deutschlandpolitik. Darin werden Verhandlungen über einen Friedensvertrag mit dem Ziel eines wiedervereinigten Deutschlands und sogar gesamtdeutsche freie Wahlen vorgeschlagen: Ein ernsthaftes Angebot?
Die Westmächte und Konrad Adenauer bewerten das Angebot als Störmanöver. Jakob Kaiser, der damalige Minister für gesamtdeutsche Fragen, und der SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher sprechen sich für eine Prüfung der Ernsthaftigkeit durch Verhandlungen aus. Aber am 27. Mai 1952 ratifiziert der Bundestag den EVG-Vertrag, ohne daß das Moskauer Angebot auf die Probe gestellt wurde.
Neben der konsequenten Westorientierung spielt insbesondere auch die Bereitschaft der Bundesrepublik zu einer zumindest materiellen Wiedergutmachung gegenüber Israel und den von den Nazis grausam verfolgten Juden eine wichtige Rolle für wachsendes internationales Ansehen und Vertrauen.
ZeitPunkte: Daten und Fakten der 1. Wahlperiode (1949-1953)