Konstruktives Mißtrauensvotum
Das konstruktive Mißtrauensvotum nach Artikel 67 des Grundgesetzes ist für den Bundestag die einzige Möglichkeit, den amtierenden Bundeskanzler abzuwählen. Mit dem Entzug des Vertrauens muß stets die Wahl eines neuen Kanzlers verbunden sein. Der Bundespräsident ist dann nach dem Grundgesetz verpflichtet, einen vom Parlament abgewählten Kanzler zu entlassen und den gewählten Nachfolger zu ernennen. Aus diesem Grund wird das Verfahren als "konstruktiv" bezeichnet.
Das konstruktive Mißtrauensvotum soll die Fehler der Weimarer Republik verhindern, in der sich Mehrheiten im Parlament nicht auf eine neue Politik, sondern nur auf die Abwahl des Amtsinhabers einigen konnten.
Nach der Weimarer Verfassung konnte der Kanzler jederzeit aus dem Amt entfernt werden. Aber der Reichstag war nicht in der Pflicht, für einen Nachfolger zu sorgen. Dieses "destruktive" Mißtrauensvotum hat entscheidend zur Krisenanfälligkeit der Weimarer Republik beigetragen.
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Nach der Abstimmung über das von der CDU/CSU-
Opposition beantragte konstruktive Mißtrauensvotum gegen
Bundeskanzler Willy Brandt am 27. 4. 1972. Zahlreiche Abgeordnete
gratulieren dem Bundeskanzler. Bild: Bundesbildstelle |
Das erste konstruktive Mißtrauensvotum in der Bundesrepublik gegen Willy Brandt (SPD) scheitert 1972 an zwei Stimmen, die dem Gegenkandidaten Rainer Barzel (CDU) zur erforderlichen absoluten Mehrheit fehlten. Ein Jahrzehnt später löst dagegen Helmut Kohl (CDU) den amtierenden Regierungschef Helmut Schmidt (SPD) durch ein konstruktives Mißtrauensvotum als Bundeskanzler ab.