Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden
Klaus Brähning, CDU/CSU | Klaus Bühler (Bruchsal), CDU/CSU >> |
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Auch ich möchte es nicht versäumen, im Meinungsstreit um den künftigen Regierungs- und Parlamentssitz Stellung zu beziehen, und einige Anmerkungen machen, wobei ich möglichst Wiederholungen zu meinen Vorrednern vermeiden möchte. Die Berlin-Befürworter versuchen, den Anspruch auf die volle Hauptstadtfunktion von Berlin mit historischen und kulturellen Argumenten zu begründen. Dabei unterstellt man untergründig, daß Berlin schon immer Deutschlands Hauptstadt gewesen sei. Hier wird die Tatsache außer acht gelassen, daß Berlin erst im Jahre 1871 deutsche Hauptstadt war, vorher war Berlin ausschließlich die Hauptstadt Preußens. Sucht man nach historischen Gesichtspunkten, könnten auch andere deutsche Städte einen geschichtlichen Anspruch anmelden. Ich denke hier nur an Aachen, Frankfurt und Weimar. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, daß von Berlin manchmal leider auch unheilvolle Impulse ausgegangen sind. Berlin ist seit der Wiedervereinigung Deutschlands die Hauptstadt! Diese Funktion kann es auch ohne einen Regierungs- und Parlamentssitz bestens ausüben. Berlin ist die natürliche Drehscheibe und Bindeglied zum Osten; als eine große Kultur- und Wirtschaftsstadt wird Berlin auf Grund der Öffnung des gesamten Ostens auf natürlichem Wege weiter wachsen und sich fortentwickeln können. Eine Verlegung des Regierungs- und Parlamentssitzes hingegen würde zu einem überhasteten Infrastrukturaufbau in Berlin führen, wobei Fehler unvermeidlich sind. Die Stadt boomt doch schon jetzt, wie alle wirtschaftlichen Umfragen zeigen. Es muß vermieden werden, daß Berlin zu einem Moloch wie Rom Paris oder Tokio wird; bei letzterer Stadt sind bezeichnenderweise gerade Bestrebungen im Gange, den Parlamentssitz auszulagern. Der Sog nach Berlin für Industrie und Handwerk wäre aus den naheliegenden Bundesländern immens -- zum Schaden von Städten wie Dresden, Leipzig oder Magdeburg. Bonn hingegen steht für 40 Jahre eines modernen, demokratischen und friedlichen Deutschlands. Es verkörpert den gelungenen Neuanfang der Deutschen nach der Katastrophe des Jahres 1945 und gilt als Symbol deutscher Westbindung. Ein Zentralismus, wie er bei einem Umzug von Regierung und Parlament nach Berlin der Fall wäre, ist im Zuge des europäischen Dezentralismus nicht mehr zeitgemäß. Die Infrastruktur im Bundestagsviertel von Bonn ist gewachsen. Der Verwaltungsapparat ist eingespielt und funktioniert. Gerade jetzt brauchen wir einen solchen funktionierenden Apparat, damit die großen Probleme im Zuge der Wiedervereinigung gemeinsam erfolgreich gelöst werden können. Ein Wort auch zu den Kosten der Verlegung, die eben nicht außen vor bleiben können. Seriös geschätzt betragen sie mindestens 50 Milliarden DM -- zum heutigen Zeitpunkt. Wir wissen alle, daß in 10 bis 15 Jahren diese veranschlagten Kosten verdoppelt, wenn nicht gar verdreifacht sein werden. Beispiele für die Diskrepanz zwischen veranschlagten und letztendlich entstandenen Kosten gibt es genug. Ich nenne nur den Petersberg, und auch der jetzt entstehende Plenarsaal hier in Bonn wird nach den letzten Berechnungen doppelt so teuer wie veranschlagt. Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wer soll in 10 bis 15 Jahren bei einer Verlegung die Kosten von dann ca. 100 Milliarden DM tragen? Das ist eine Zahl, die einem Viertel des jetzigen Bundeshaushaltes entspricht. Hierzu geben die Berlin-Befürworter unter Ihnen bezeichnenderweise keine Antwort. Das Geld wird dringend für den Aufbau der neuen Länder benötigt. Hier müssen so schnell wie möglich gleiche Lebensverhältnisse hergestellt werden, wovon besonders die östlichen strukturschwachen Regionen Deutschlands noch weit entfernt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, bei den Menschen im Osten Deutschlands auf Verständnis zu stoßen, wenn diese gewaltige für einen Umzug erforderliche Summe für eine im Grunde überflüssige Maßnahme, die nur Probleme schafft, ausgegeben wird. Im Ergebnis möchte ich feststellen: Die Lösung heute muß heißen: Bonn und Berlin. Ich stimme daher für Bonn als Parlaments- und Regierungssitz! |
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Klaus Bühler (Bruchsal), CDU/CSU >> |