Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden
Dr. Franz Möller, CDU/CSU | Alfons Müller (Wesseling), CDU/CSU >> |
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Diese Debatte und die öffentlichen Auseinandersetzungen der letzten Wochen über den Sitz von Parlament und Regierung zeigen deutlicher denn je und wohl auch schmerzlicher, daß die Politik in Deutschland nach den Ereignissen im Herbst 1989 anders geworden ist. Die Beratungen über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion und über den mit Zweidrittelmehrheit verabschiedeten Einigungsvertrag waren damals weniger offenkundige Einschnitte als die jetzt mit Emotion geführte Auseinandersetzung über den Sitz von Parlament und Regierung. Die Erwartungen hier und die Vorstellungen dort sind mit Städtenamen verbunden, die in der Welt guten Ruf haben: Bonn und Berlin. Berlin steht als Symbol für den Widerstand gegen das kommunistische Regime, Bonn gilt als Symbol für eine freiheitliche und soziale Ordnung. Der politische Charakter der Bundesrepublik, die Außen- und Europapolitik, die Wirtschafts- und Sozialpolitik -- dies alles ist von Bonn aus geprägt worden. Hier steht die Wiege unserer 40jährigen Demokratie. In Bonn hat sich unser Föderalismus entwickelt: Alle Regionen und Städte konnten sich entfalten. Bonn läßt allen Luft zum Atmen, Berlin jedoch würde sehr vieles aufsaugen. Wir wollen mit unserer Bundesstaatslösung eine föderalistische Partnerschaft in unserem Land zwischen Bonn und Berlin verwirklichen: Jeder erhält etwas, und keiner geht leer aus. Dies entspricht unserer Tradition und der föderalistischen Entwicklung der letzten 40 Jahre. An dieser in aller Welt anerkannten Entwicklung haben die Bürger der Region Bonn/Rhein-Sieg nicht nur Anteil, sondern grundlegend mitgewirkt. Das hohe Ansehen der Bundesrepublik in der Welt verdanken wir auch den Menschen im Bonner Raum. Diese Hunderttausend dürfen wir bei dieser Entscheidung nicht vergessen und als lästige Bittsteller beiseite schieben. Ich habe Verständnis für die Wünsche der Berliner. Wir vergessen ihre Hoffnungen nicht. Unsere Bundesstaatslösung ist ein wirkliches Angebot, zu teilen und nicht alle politischen Zentralfunktionen an einem Ort zu behalten. Viele Berliner werden enttäuscht werden. Weitaus schwerer aber wiegen menschliche Schicksale: Im Bonner Raum werden viele Existenzen gefährdet oder gar vernichtet, nicht nur in den Ministerien und Behörden, sondern auch in Handel, Handwerk und in freien Berufen. Das ist die menschliche Dimension unserer heutigen Entscheidung. Ein Wort zur raumordnerischen Auswirkung. Die Bundeseinrichtungen in Bonn sind über 40 Jahre gewachsen. Ein Abschluß ist erkennbar. Es hat sich aus raumordnerischer Sicht schon zuviel an Behörden in Bonn versammelt. Auch in Berlin sind schon nahezu 50 000 Bundesbedienstete tätig. Eine Verlagerung der Bonner Einrichtungen nach Berlin erschwert dort die Probleme und reißt hier nicht mehr auszugleichende Lücken. Ausgleichsmaßnahmen sind -- wie der Bundesinnenminister und andere Minister festgestellt haben -- nicht möglich. Unser Auftrag ist es, heute eine für die Menschen sehr bedeutsame Entscheidung zu treffen. Denken Sie bitte an all die menschlichen Schicksale, die von ihr betroffen werden, und unterstützen Sie mit Ihrer Stimme unsere Bundesstaatslösung. |
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Alfons Müller (Wesseling), CDU/CSU >> |