Bundestagspräsident Thierse plädiert für längere Legislaturperiode und mehr Bürgerbeteiligung
Für eine Verlängerung der Legislaturperiode hat sich
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse heute beim
Reformationsempfang der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau in
der Luther-Kirche in Wiesbaden ausgesprochen. Eine längere
Legislaturperiode sei sinnvoll, weil sie einer Regierung und einer
Parlamentsmehrheit mehr Zeit für gestaltende
Veränderungen einräume. Allerdings, so der
Bundestagspräsident in seiner Rede zur "Zukunft der
Demokratie", dürfe die Legislaturperiode nicht beliebig
ausgedehnt werden, denn Demokratie heiße auf Zeit verliehene
Macht des Volkes.
Die Demokratie sei wie keine andere Staatsform auf das Engagement
und die aktive Unterstützung der Bürgerinnen und
Bürger angewiesen. Der Bundestagspräsident plädierte
deshalb zugleich für eine stärkere Beteiligung der
Bürgerinnen und Bürger. "Wir brauchen mehr direkte
Demokratie, etwa durch Bürgerentscheide zwischen den Wahlen",
so Thierse. Er könne sich klar umgrenzte Plebiszite über
zentrale Fragen vorstellen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden
könnten. Thierse: "Wir müssen zu einer Neujustierung des
Verhältnisses von politischen Entscheidungsprozesse, ihrer
Vorbereitung, Vermittlung und Durchdringung mit den Interessen der
Bürgerinnen und Bürger kommen."
Der Bundestagspräsident begrüßte daher die
jüngst eingesetzte Kommission von Bundestag und Bundesrat zur
Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung. Sie habe die Aufgabe,
an der Wiederherstellung eines transparenten parlamentarischen
Entscheidungssystems mit klaren Verantwortlichkeiten zu arbeiten,
also an einer "klassischen Demokratie- und Staatsreform".
Eine Gefährdung der demokratischen Grundlagen unserer
Gesellschaft liege auch in der aktuellen Krise des Sozialstaates.
Zu den anstehenden Reformaufgaben, so Thierse, gehöre daher
auch eine Reform des Sozialstaates. Deutschland brauche ein
tragfähiges Umbaukonzept mit dem Ziel, ein
"globalisierungsfestes Sozialmodell europäischer Reichweite"
zu schaffen. Dazu sei es vor allem notwendig, das System der
sozialen Sicherung den gestiegenen Anforderungen an sozialer
Mobilität und beruflicher Flexibilität anzupassen.
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