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Die Kontrolle
(Kontrollfunktion des Bundestages)
Auch die Kontrollfunktion gegenüber der Regierung gehört zu den klassischen Aufgaben eines Parlamentes und ergibt sich aus der Lehre der Gewaltenteilung. In der Praxis des modernen Parlamentarismus übt aber im wesentlichen die Opposition die ständige und dauerhafte Kontrolle aus. Der kontrollierende und korrigierende Einfluss der Abgeordneten aus den Regierungsfraktionen findet eher im Vorfeld des politischen Prozesses und hinter verschlossenen Türen statt, zum Beispiel in Fraktions-, Arbeitsgruppen- oder auch Ausschusssitzungen. Immerhin ist bemerkenswert, dass es kaum einen Gesetzentwurf der Regierung gibt, der ungerupft oder unverändert die Ausschussberatungen verlässt. Der einzelne Abgeordnete verfügt über relativ geringe Kontrollmöglichkeiten. Zwar kann er Einblick in alle dem Parlament zur Verfügung stehenden Dokumente nehmen, in der Fragestunde des Bundestags Regierungsmitglieder in die Zange zu nehmen versuchen sowie mündliche und schriftliche Fragen an die Bundesregierung stellen - wovon die Parlamentarier auch reichlich Gebrauch machen: In der letzten Legislaturperiode wurden insgesamt nicht weniger als 15220 Fragen an die Regierung gerichtet - doch die schärferen Waffen des Kontrollrechts sind dem Einzelnen verwehrt. Sie sind an bestimmte Quoren gebungen
So können z.B. nur Fraktionen "Kleine" oder "Große Anfragen" im Bundestag einbringen, um die Regierung zur schriftlichen Auskunft über ein bestimmtes Thema zu bewegen. Werden die Kleinen Anfragen nur schriftlich beantwortet, können die "Großen" nach schriftlicher Beantwortung auch zu ausführlichen Debatten im Plenum führen. In der Wahlperiode von 1998 bis 2002 wurden 101 Große und 1813 Kleine Anfragen eingebracht. Auch das gern genutzte Instrument der Aktuellen Stunde kann nur von Fraktionen beantragt werden. Es sind vor allem die Oppositionsfraktionen, die mit dieser einstündigen Aussprache im Parlament Regierung und die sie stutzende Mehrheit in Bedrängnis zu bringen suchen. In der ve4rgangenen Legislatureperiode gab es 141 Aktuelle Stunden. Zu einer scharfen Waffe können schließlich Untersuchungsausschüsse werden, die auf Antrag eines Viertels der Bundestagsmitglieder eingesetzt werden müssen und dazu dienen, öffentlichkeitswirksme Mängel und Missstände im staatlichen Bereich aufzudecken. Ingesamt gab es bislang 33 solcher Untersuchungsausschüsse. In der neuen Wahlperiode im mit dem "Wahlbetrug"-Untersuchungsausschuss nun der 34. hinzugekommen.
Zum Reigen der Kontrollinstrumente gehören, wenn auch nicht unmittelbar, Enquete-Kommissionen und sogenanne "Hearings". Mit den Enquete-Kommissionen, die die Aufgabe haben, sich langfristiger Themen grundsätzlich anzunehmen, versucht das Parlament, seine Stellung gegenüber der Regierung zu verstärken, die sich ihrerseits bei der Bewältigung komplexer Probleme vieler Beiräte und Expertengruppen bedient. Auch "Hearings" - also umfangreiche öffentliche Anhörungen von Fachleuten und Interessenvertretern - sind ein häufig genutztes Mittel des Bundestages, einen Gesetzentwurf oder ein verwickeltes Thema gründlich zu durchleuchten. In der letzten Wahlperiode gab es insgesamt 333 "Hearings" und Enquete-Anhörungen
Schließlich zählen auch noch der Wehrbeauftragte und der Datenschutzbeauftragte im weitesten Sinne zum Kontroll-Instrumentarium des Parlaments. Der Wehrbeauftragte, der als Hilfsorgan des Bundestages zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle über die Streitkräfte berufen wird, hat vor allem den Auftrag, möglichen Grundrechtsverletzungen bei der Bundeswehr nachzugehen und dem Parlament über ihren inneren Zustand zu berichten. Der Datenschutzbeauftragte, der zwar von der Regierung vorgeschlagen, aber vom Parlament gewählt wird, ist dazu bestimmt, über die Einhaltung der Regeln zu wachen, die dem Schutz der Privatsphäre der Bürger dienen sollen.
Quelle: Kürschners Volkshandbuch - 15. WP, Stand: 15.Januar 2003