1849 - Scheitern
Als provisorisches Staatsoberhaupt der neuen Zentralgewalt setzt die Nationalversammlung kurz nach ihrem Zusammentritt einen so genannten Reichsverweser ein. Als Kompromiss mit den alten Mächten fällt die Wahl auf Erzherzog Johann von Österreich. Er ist von der Nationalversammlung unabhängig und wird nach seiner Wahl von den Fürsten der Einzelstaaten anerkannt. Doch die Macht der neuen Zentralgewalt gegenüber den Einzelstaaten ist beschränkt. Diese weigern sich u.a. erfolgreich, ihr Militär unter einen zentralen Oberbefehl zu stellen.
Offenkundig wird die wahre Machtverteilung im Schlewsig-Holstein-Konflikt. Im Zuge der Märzrevolution revoltieren die norddeutschen Herzogtümer gegen ihren Herrscher, den dänischen König und erhalten militärische Unterstützung durch die Nationalversammlung. Zwar sind die Bundestruppen unter preußischer Führung siegreich. England und Russland zwingen Preußen jedoch dazu, einen für die Deutschen ungünstigen Waffenstillstand einzugehen. Dabei übergeht Preußen die neue Zentralgewalt, um seine eigenen Interessen als europäische Macht nicht zu gefährden.
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Hamburger Karikatur von Friedrich Wilhelm IV,
1848. "Zwischen mir und mein Volk soll sich kein Blatt Papier drängen." Bild: dpa-Bildarchiv |
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Der Sieg der Reaktion in Europa 1849, Zeichnung von F. Schroeder in den "Düsseldorfer Monatsheften" Bild: Archiv für Kunst und Geschichte |
Da eine Konfrontation mit Preußen und den europäischen Mächten aussichtslos ist, bleibt der Nationalversammlung nichts anderes übrig, als schließlich am 16. September 1848 dem Waffenstillstand zuzustimmen. Indem sie für die preußische Politik eintritt, verliert die Nationalversammlung an Ansehen.
Die Euphorie vom Mai 1848 ist vorbei. Die Zustimmung zum Waffenstillstand ist für viele Radikaldemokraten der Anlass, ihre sozialrevolutionären Forderungen fortan ohne die Nationalversammlung durchzusetzen. Sie rufen vielerorts die Republik aus. Umgekehrt formieren sich auch die alten Kräfte. Mit großer Brutalität schlagen sie die Aufständischen nieder. Berlin und Wien sind gegen Ende des Jahres 1848 wieder fest in der Hand von königstreuen Truppen.
Das Militär im Rücken kann der preußische König am 3. April 1849 ohne Gefahr die Kaiserkrone ausschlagen. Die Kaiserwürde innerhalb einer konstitutionellen Monarchie und aus den Händen einer parlamentarischen Delegation lehnt Friedrich Wilhelm IV. ab. Zwar haben 28 Staaten die Verfassung anerkannt, der Paulskirchen-Versammlung fehlt aber die Zentralgewalt, diese auch durchzusetzen. Radikaldemokratische Aufstände im Mai werden rasch niedergeschlagen. Schließlich wird das nach Stuttgart geflüchtete Rumpfparlament von württembergischem Militär gewaltsam aufgelöst.
Was bleibt somit von der Revolution 1848/49? Setzen sich die großen Ideen auf Umwegen letztendlich durch? Nach dem Scheitern die Finsternis?