1981-1983 - Debatte zum NATO-Doppelbeschluß
Wir alle sind Mitglieder der
Friedensbewegung (Oktober 1981)
"Meine verehrten Damen und Herren, wir von der CDU/CSU werfen niemandem vor, daß er für den Frieden demonstriert. Nur sage ich mit der gleichen Deutlichkeit, daß wir kein moralisches Monopol der Demonstranten auf den Frieden akzeptieren. Wir alle sind Mitglieder der Friedensbewegung in diesem Volk..."
Manfred Wörner (CDU)
Gibt es einen anderen gangbaren Weg? (Oktober 1981)
"Mir fällt es schwer, zu verstehen, daß die Organisatoren und, wie es scheint, einige der Redner der morgigen Veranstaltung den Nutzen und den bisherigen Erfolg oder Fortschritt unserer beharrlichen praktischen Friedenspolitik nicht anerkennen oder anerkennen wollen.
Wenn dies nicht anerkannt werden soll,
dann muß ich mich an alle diejenigen ehrlichen Menschen
wenden, die sich als Teil der Friedensbewegung oder der
Friedensbewegungen verstehen... Prüfen Sie sich, ob Sie bei
Ihren Vorschlägen für den Frieden die Ihnen
zugänglichen Informationen ernsthaft und ehrlich abgewogen
haben.
Lassen Sie sich keine einseitigen Behauptungen einreden... Und
wenden Sie sich an alle, die ihren Rüstungsaufwand steigern!
Prüfen Sie, ob die Art ihres Engagements für den Frieden
gangbare Wege eröffnet! Versuchen Sie dazu beizutragen,
daß Verhandlungen zur Abrüstung und zur Sicherung des
Friedens geführt werden..."
Helmut Schmidt (SPD)
Sollen die Demokraten die vielen tausend Menschen dort draußen allein lassen? (Oktober 1981)
"Sollen sich denn die Demokraten unterschiedlicher Herkunft innerhalb und außerhalb dieses Parlamentes zurückziehen, wenn irgendwo ein paar Kommunisten auftauchen? Sollen sie denn die vielen tausend Menschen dort draußen in ihrer Angst, in ihrer Friedenssehnsucht, schwebend zwischen Furcht und Hoffnung, deshalb allein lassen, weil auch ein paar Kommunisten daran teilnehmen?"
Hugo Brandt (SPD)
Der Doppelbeschluß zeigt doch schon Wirkung (Oktober 1981)
"Der Erfolg des Doppelbeschlusses der NATO vom Dezember 1979 besteht doch erkennbar gerade darin, daß die Sowjetunion sich bereit gefunden hat, am 30. November in Genf in Verhandlungen über eine Begrenzung der eurostrategischen Waffen einzutreten. Ein Verzicht auf den Nachrüstungsteil des Doppelbeschlusses wäre eine einseitige Vorleistung der westlichen Seite, die die Sowjetunion - das weiß doch wirklich jeder - noch nie honoriert hat und niemals honorieren wird."
Helmut Kohl (CDU)
Die Abschreckung hat den Frieden erhalten (Juni 1982)
"Nur einfach auf den Frieden hoffen genügt nicht. Wir sollten uns an Friedrich Schillers Worte erinnern: "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt." Unserer Friedenssuche muß ein Verfahren zugrunde liegen, ein Verfahren, das die Gefahren und Wirklichkeiten dieser Welt berücksichtigt.
Die Abschreckung hat den Frieden
erhalten. Deshalb müssen wir weiterhin diejenigen Schritte
unternehmen, die getan werden müssen, um die Abschreckung
glaubhaft zu machen.
Ich weiß, daß für die deutschen Menschen das Leben
nicht einfach ist, wenn vom Osten her ein Sturm der
Einschüchterung bläst... Mir ist es, nebenbei gesagt,
unverständlich, warum einige Leute vor den Waffen, deren
Aufstellung die NATO plant, größere Angst haben als vor
den Waffen, die die Sowjetunion schon stehen hat."
US-Präsident Ronald Reagan vor dem Deutschen Bundestag
Die gemeinsame Entschlossenheit der Mitglieder des atlantischen Bündnisses muß bekräftigt werden, damit die Verhandlung gelingt (Januar 1983)
"Meine Damen und Herren, unsere
Völker hassen den Krieg, unter dem Sie und die anderen
Völker Europas so viel gelitten haben. Frankreich
läßt sich von einer einfachen Idee leiten: Der Krieg
muß unmöglich bleiben, und jeder, der sich mit
kriegerischen Gedanken trüge, muß davon abgeschreckt
werden.
Unsere Analyse und unsere Überzeugung - ich spreche von
Frankreich - lautet, daß die Kernwaffe als Instrument dieser
Abschreckung, ob man das nun wünscht oder bedauert, die
Garantie des Friedens bleibt, ein Kräftegleichgewicht
vorausgesetzt. Nur dieses Gleichgewicht kann im übrigen zu
guten Beziehungen mit den Völkern des Ostens führen,
unsere Nachbarn und unsere Partner in der Geschichte. Es war die
Tragfähige Grundlage für die Entspannung. Dieses
Gleichgewicht hat es Ihnen erlaubt, Ihre Ostpolitik ins Werk zu
setzen. Es hat die Abmachungen von Helsinki ermöglicht.
Indessen setzt die Aufrechterhaltung dieses Gleichgewichts in
meinen Augen voraus, daß nicht etwa ganze Regionen
Westeuropas sehr konkret auf sie gerichteten Kernwaffen schutzlos
gegenüber stehen. Wer immer auf ´Abkopplung´ des
europäischen Kontinents vom amerikanischen setzt, stellt
unserer Meinung nach das Gleichgewicht der Kräfte und damit
die Erhaltung des Friedens in Frage. Ich meine und ich sage,
daß diese ´Abkopplung´ als solche gefährlich
ist, und mein innigster Wunsch geht dahin, daß es in den
Genfer Verhandlungen gelingen möge, eine Gefahr zu beseitigen,
die ganz ausgeprägt auf den europäischen Partnern lastet,
die keine Atomwaffen besitzen.
Aus diesem Grunde muß die gemeinsame Entschlossenheit und die
Solidarität der Mitglieder des atlantischen Bündnisses
eindeutig bekräftigt werden, damit die Verhandlung gelingt -
gelingt! -, und dies ist die notwendige Voraussetzung für die
Nichtstationierung der im Doppelbeschluß vom Dezember 1979
genannten Waffen.
Was wir - und was Sie - vor allem wollen, ist der Frieden. Der
Friede ist nur durch Verhandlungen möglich. Denjenigen, die
verhandeln, ist aufgetragen, die Wege zur unerläßlichen
Harmonie zu bereiten. Verweigert sich dem auch einer der
Verhandlungspartner, dann kann eine Einigung nicht zustande kommen.
Die Bedingungen dieses notwendigen Gleichgewichts müssen
erhalten bleiben, und die beteiligten Völker müssen die
Gewißheit haben, daß sie nicht unter die Last einer
möglichen Fremdherrschaft geraten."
Der französische Präsident François Mitterrand vor dem Deutschen Bundestag
Wir sind fest entschlossen, unsere Freiheit zu verteidigen (November 1983)
"Wer... auf die Verwirklichung der
Nachrüstung verzichtet, der weiß ganz genau, daß
er damit weder Abrüstung noch einen Rüstungsstopp
erreicht. Das einzige, was er erreichen wird: Er verschafft der
sowjetischen Politik der Vorrüstung einen einmaligen Triumph.
Er gibt allen jenen Politikern und Militärs in der Sowjetunion
recht, die auf Macht und Rüstung setzen, und er verschafft
ihnen einen Freibrief, einseitig ohne jedes Risiko
weiterzurüsten. Das ist die Tatsache, mit der wir uns
auseinanderzusetzen haben.
Am Ende winkt dann für die Sowjetunion das Ziel ihrer
militärischen Überrüstung, nicht der Krieg, sondern
die Vorherrschaft über Westeuropa, gegründet auf
überwältigende militärische Macht. Das aber
wäre das Ende unserer Freiheit und unserer
Unabhängigkeit. Andere mögen darauf verzichten, wir sind
fest entschlossen, unsere Freiheit zu verteidigen."
Manfred Wörner (CDU)
Nicht die Festigung der Allianzen, sondern deren schwerste Belastung wird das Ergebnis der sogenannten Nachrüstung sein (November 1983)
"In unzähligen Anzeigen, Briefen und Veröffentlichungen aller Art haben sich in den letzten Wochen Ärzte, Wissenschaftler, Richter, Staatsanwälte, Theologen, Philosophen, Gewerkschaften und andere Gruppen der Gesellschaft mit derselben Forderung an die Regierung gewendet. Millionen Menschen demonstrierten in eindrucksvoller Würde. Politiker, Militärs und Wissenschaftler aus den Vereinigten Staaten setzen sich dafür ein, daß nachverhandelt und nicht nachgerüstet wird. Regierungen verbündeter Länder vertreten denselben Standpunkt. - Doch die Bundesregierung gibt sich unbeeindruckt und setzt sich frivol über den zweifelsfrei bekundeten Willen der Bevölkerungsmehrheit hinweg. Merkt sie gar nicht, daß sie damit Demokratie zerstört, Vertrauen in den Staat mindert, Glaubwürdigkeit verspielt, daß ihr Handeln nicht Stärke, sondern Schwäche verrät und die Unfähigkeit zur Einsicht, daß sie sich auf einem Irrweg befindet, der nur zur Erhöhung der Gefahr für alle, zu immer mehr Waffen der bedenklichsten Art, zu mehr Unfrieden innen und außen und vor allem zum Zerreißen des westlichen Bündnisses hinführen wird? Denn nicht die Festigung der Allianzen und der deutsch-amerikanischen Freundschaft, sondern die schwerste Belastung von beiden seit dem Kriegsende wird das Ergebnis der sogenannten Nachrüstung sein."
Gert Bastian (Die Grünen)
ZeitPunkte: Daten und Fakten der 9. und 10. Wahlperiode (1980-1983 und 1983-1987)