Kunstwerke
Strawalde
Strawalde im Reichstagsgebäude
Jürgen Böttcher, der sich als Maler
nach Strahwalde, dem Ort seiner Kindheit und Jugend in der
Oberlausitz, nennt, war einer der bedeutendsten oppositionellen
Maler aus der ehemaligen DDR. Er versammelte in Dresden einen
privaten Kreis von Künstlern um sich, Maler wie Ralf Winkler,
Peter Herrmann und Peter Graf, die von den DDR-Behörden
verfolgt und an Ausstellungen ihrer Arbeiten gehindert wurden. In
diesem Kreis wurde er zum künstlerischen ?Ziehvater? des
später in den Westen emigrierten Malers A.R. Penck, der sich
damals noch Ralf Winkler nannte. Strawalde erwies sich darüber
hinaus als eine der seltenen Doppelbegabungen im
künstlerischen Bereich, denn er hatte nicht nur als Maler
Erfolg, sondern war auch als Regisseur und Dokumentarfilmer
wegweisend. Aber auch als Filmemacher geriet er in der ehemaligen
DDR ständig in Konflikt mit deren ästhetischen und
ideologischen Zensoren, und so wurden viele seiner Filme verboten,
manche auch noch vor ihrer Aufführung vernichtet.
Vom Vorbild seiner ersten Malversuche, Picasso,
hat sich Strawalde bald gelöst, und seinen noch bis heute sehr
eigenwilligen Stil entwickelt, der zwischen Abstraktion, freier
Gestik, figürlichen und surrealen Elementen, pastosen
Gemälden und zart-koloristischen Zeichnungen wechselt.
»In freien Zeichen parallel zur Natur« möchte der
Künstler »Welt einfangen«. Schon die
Gegenüberstellung der drei Werke, die vom Bundeskanzler
für seine Verfügungsräume im Reichstagsgebäude
ausgewählt wurden, macht deutlich, dass sich Strawaldes
Malerei aufgrund ihrer thematischen und stilisti- schen
Variationsbreite herkömmlicher Kategorisierung entzieht. Die
drei Arbeiten sind in der politisch unruhigen Zeit des Jahres 1991
entstanden und spielen, beispielsweise im dunkelroten, mit
Collageelementen angereicherten »Wendekreis«, durchaus
auf politische Entwicklungen an, jedoch in freier, assoziativer
Form, die jede begriffliche Festlegung erschwert. Das in dunklen,
machtvollen Pinselschwüngen gemalte »Medea«-Bild
bezieht eine koloristische Gegenposition zum
»Wendekreis« und strahlt die Kraft jener Frauengestalt
aus. Der groteske Zug surrealer Figurinen wiederum, der nur durch
sein Entstehungsdatum, den »29.X.1991«, betitelt ist,
lässt den Sinn des Künstlers für Komik und
versponnene Poesie spüren. Jede dieser Arbeiten ist eine so
eigenlebendige Schöpfung des Malers, dass der Betrachter sie
einzeln in sich aufnehmen und als Gebilde »ganz aus der Mitte
des Lebens« (Strawalde) ernst nehmen muss.
Quelle:
http://www.bundestag.de/bau_kunst/kunstwerke/strawalde/