Christel Riemann-Hanewinckel, Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zum Familientag
Tage wie der Familientag laden zu einer Bestandsaufnahme ein,
wie es um die Situation derjenigen bestellt ist, die wir
"feiern".
Die Familie ist zumindest mittelbar von fast allen Gesetzen
betroffen, die wir im Deutschen Bundestag verabschieden. 2 ½
Jahre sind zu kurz, um alle familienpolitischen Wünsche zu
erfüllen, aber es gibt viele Fortschritte, die die Situation
für Eltern und Kinder in Deutschland verbessert haben.
Bei Familien und ihren Verdiensten für die Gesellschaft wird
bei der "Gegenrechnung" in der Regel zuerst gefragt, welcher
wirtschaftliche Vorteil oder zumindest Ausgleich für die
entstehenden Kosten eingeräumt wird. Die jetzige
Bundesregierung hat in diesem Bereich eine Reihe von
Maßnahmen umgesetzt: Erhöhung des Kindergeldes,
Entlastung der unteren und mittleren Einkommen bei der Steuer und
beim Rentenbeitrag. Der Betreuungsfreibetrag wurde im Jahr 2000
erhöht und beträgt 3024 DM, nunmehr können auch
erwerbsbedingte Betreuungskosten abgesetzt werden. Ab dem Jahr 2002
wird ein neuer Erziehungsfreibetrag geschaffen.
Wichtig sind aber nicht nur Geldleistungen, die Ausgaben der
Familie ausgleichen. Mindestens ebenso wichtig finde ich die
Rahmenbedingungen, die eine Gesellschaft familienfreundlich machen
können. Dazu gehören für mich vor allem die
Bereiche, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern.
Das neue Elternzeitgesetz ermöglicht es Müttern und
Vätern, sich gemeinsam um ihre Kinder zu kümmern. Sie
können zur gleichen Zeit Teilzeit arbeiten. Eltern und Kinder
können mehr Zeit zusammen verbringen. Im Zusammenhang mit der
Novellierung des Erziehungsgeldes wurden auch die Einkommensgrenzen
erhöht und die Möglichkeit einer Budgetierung
eingefügt. Seit dem 01.01. 2001 können Eltern, die nur 1
Jahr Elternzeit nehmen, im Monat 900 DM erhalten- statt 600 DM bei
längerem Bezug. Der Kinderzuschlag wurde ebenfalls
erhöht.
Zu einem familienfreundlichen Rahmen gehört für mich aber
auch, dass die Betreuungsangebote für Kinder außerhalb
der Familie verbessert werden. Familie haben darf auch für
Frauen nicht gleichbedeutend sein mit erzwungenem Verzicht auf
Erwerbstätigkeit. Die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten
sind die Hauptursache dafür, dass ein Einkommen ganz oder
zeitweise verlorengeht. Hier ist Deutschland, vor allem die alten
Bundesländer, geradezu Entwicklungsland.
Und zur Familienfreundlichkeit gehört auch noch anderes: dass
die Bedürfnisse von Familien, durchgehend in allen
Politikfeldern, stärker berücksichtigt werden, und zwar
auf den verschiedensten Ebenen. Das trifft auf Wohnungsbau ebenso
zu wie auf Stadtplanung. Spielräume statt Parkplätze
brauchen eine stärkere Lobby. Wohnortnahe Ausbildungs-,
Betreuungs- und Freizeitangebote gehören dazu. Dazu
gehören auch Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten, die
Familien in schwierigeren Situationen oder Krisen in Anspruch
nehmen können. All dies kostet Geld, hält mancher
dagegen. Aber die sinnvollste Investition in unsere Gesellschaft
ist die Investition in Familien und in Strukturen, die für
Familien lebensnotwendig sind.
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