Öffentliche Anhörung des Unterausschusses "Neue Medien" des Ausschusses für Kultur und Medien zum Thema "Cyber-Crime / TKÜV" (Telekommunikations-Überwachungsverordnung)
04.07.2001 15.00 Uhr |
Öffentliche Anhörung des
Unterausschusses "Neue Medien" des Ausschusses für Kultur und
Medien zum Thema "Cyber-Crime / TKÜV"
(Telekommunikations-Überwachungsverordnung) Berlin, Reichstagsgebäude, Raum 3 N 001 |
Fragenkatalog
Expertengespräch "Cyber-Crime / TKÜV
am 5. Juli 2001 um 15.00 Uhr
Plenarbereich Reichstaggebäude, Raum 3 N 001
I. Bedrohung durch Cyber-Crime / Cyber War:
1. Welche Bereiche des öffentlichen Lebens, d.h. in erster
Linie Infrastruktureinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland,
sind durch einen möglichen Cyber-War-Angriff
gefährdet?
2. Welche Erkenntnisse liegen im Hinblick auf die Auswirkungen
solcher Angriffe auf die Sicherheit und Arbeitsfähigkeit der
öffentlichen Einrichtungen der Bundesrepublik vor? Werden
solche Angriffe in virtuellen Szenarien durchgespielt, um die
Auswirkungen einschätzen zu können?
3. Wie werden die Arbeit und bisherigen Ergebnisse der so genannten
"Internet-Task-Force" des Bundesministeriums des Innern
beurteilt?
4. Welche Angriffe auf Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland
hat es bisher gegeben, die unter den Begriff "Cyber-Crime/War"
fallen könnten und welche Schäden wurde dabei verursacht?
Wie hoch waren die finanziellen Schäden durch diese Angriffe?
Von wem, Einzelpersonen oder Gruppen, wurden dies Angriffe
durchgeführt und gab es danach strafrechtliche
Ermittlungen?
5. Wie wird das Risiko einer Ausforschung deutscher Einrichtungen
durch technische Anlagen wie "Echolon" o.ä. beurteilt?
6. Welche weiteren ausländischen Abhöreinrichtungen wie
"Echolon" sind in Deutschland angesiedelt, die die Sicherheit der
Bundesrepublik beeinträchtigen könnten?
7. Aus welchen Ländern oder Regionen ist von staatlicher oder
privater Seite mit Cyber-War-Angriffen auf die Bundesrepublik zu
rechnen und welche Maßnahmen werden dagegen getroffen?
II. Internationale Ansätze -
Cyber-Crime:
8. Wie bewerten Sie den Stand der internationalen Harmonisierung
der Rechtsbestimmungen zur sog. Datennetzkriminalität? Kann in
Europa bereits von vergleichbaren Straftatbeständen,
Strafmaßen und Eingriffsbefugnissen ausgegangen werden? Wenn
nein, worin liegen die gravierendsten Differenzen?
9. Welche Aktivitäten zur Vereinheitlichung des
internationalen Strafrechts in bezug auf grenzüberschreitende
Informations- und Kommunikationsnetze existieren derzeit? Welche
Initiative halten Sie für am besten geeignet und warum?
10. Wie bewerten Sie die in dem Konventions-Entwurf vorgesehenen
Bestimmungen und Regelungen aus verfassungsrechtlicher Sicht? Wahrt
der Entwurf beispielsweise das rechtsstaatlich gebotene
Gleichgewicht zwischen Eingriffsbefugnissen und Widerspruchsrechten
oder wie bewerten Sie die ausgeweiteten Mitwirkungspflichten
Privater?
11. Wie bewerten Sie die in dem Konventions-Entwurf vorgesehenen
Bestimmungen und Regelungen aus datenschutzrechtlicher Sicht?
Inwieweit sind beispielsweise die Begriffsbestimmungen des Entwurfs
kompatibel mit bestehenden internationalen Datenschutzbestimmungen
und welche Voraussetzungen könnten u.U. eine Verwertung von
aus dem Ausland auf Grundlage der Konvention übermittelten
Informationen vor nationalen Gerichten im Wege stehen?
12. Gibt es gesicherte Erkenntnisse oder bestimmbare Defizite, die
die im Entwurf vorgesehene Ausweitung der Eingriffs- und
Überwachungsbefugnisse der Ermittlungsbehörden sowie
Senkung der Voraussetzungen grenzüberschreitender Rechtshilfe
vertretbar oder notwendig erscheinen lassen?
13. Welche Auswirkungen erwarten Sie durch die ausdrückliche
Einladung des Europarates an Nicht-Mitglieder und/oder
Nicht-Unterzeichner der Europäischen Menschenrechtskonvention,
der Cyber-Crime-Konvention beizutreten und so ebenfalls in den
Genuß der vereinfachten Rechtshilfe und beschleunigten
Ermittlungsverfahren zu kommen?
14. Wie bewerten sie die Bestimmungen zur Erfassung von
Verbindungs- und Inhaltsdaten in Echtzeit aus technischer
Perspektive? Welche spezifischen Differenzen müssen in
paketvermittelten Datennetzen im Vergleich zur klassischen
Telefonüberwachung berücksichtigt werden?
15. Stellt der Konventionsentwurf aus ihrer Sicht eher eine
begrüßenswerte Vereinheitlichung internationaler
Rechtsnormen und strafprozessuraler Regelungen dar oder ergeben
sich aus seinen Bestimmungen Probleme hinsichtlich einer Ausweitung
von Überwachungs- und Eingriffbefugnissen resp. einer Senkung
der Voraussetzungen für internationale Rechtshilfe?
16. Der Entwurf sieht vor, dass die Umsetzung in nationales Recht
allein nach Maßgabe der bestehenden nationalen
Rechtsbestimmungen und Rechtstraditionen erfolgen soll. Ist dieser
Mechanismus Ihres Erachtens hinreichend, um einer substanziellen
Aushöhlung bestehender Rechtsnormen und Senkung des
Grundrechtsschutzniveaus - beispielsweise in Einzelstaaten aber
auch innerhalb der Europäischen Union - entgegenwirken zu
können?
III. Nationale Ansätze -
TKÜV:
1. Ist es zulässig, die geplanten, teilweise weit reichenden
Eingriffe im Rahmen der TKÜV durch eine einfache
Rechtsverordnung zuzulassen oder ist ein förmliches Gesetz
notwendig?
2. In welchen Ländern gibt es ähnliche Regelungen und
welche Erfahrungen wurden bereits mit ihnen gemacht?
3. Inwieweit sind diese Regelungen zwischen den Staaten
harmonisiert?
4. Wie hoch waren die Kosten für die Verpflichteten in diesen
Ländern? In welchem Verhältnis stehen sie zum Umsatz der
Verpflichteten?
5. Mit welchen Kosten rechnen Sie im worst case für die
Verpflichteten in Deutschland? Bitte spezifizieren Sie einmalige
und laufende Kosten.
6. Ist Ihnen bekannt, wieviel Adressen dadurch nicht erfaßt
sind, dass z.B. kleine Anbieter und Firmennetze nicht von der
Verordnung betroffen sind?
7. Für wie realistisch halten Sie das der TKÜV-E zu
Grunde liegende Konzept in Anbetracht der Tatsache, daß der
user anonym eine unbegrenzte Zahl von e-mail-Adressen haben kann,
auf die er von jedem beliebigen Telefonanschluß zugreifen
kann?
8. Sehen Sie in § 8 Nr. 3 der TKÜV-E die Verpflichtung
des Verpflichteten, verschlüsselte Daten den Berechtigten
unverschlüsselt zur Verfügung zu stellen?
9. Wie beurteilen Sie in Anbetracht der Fortschritte bei den
Kryptographie-Programmen die Möglichkeiten der Berechtigten
die von den Verpflichteten gelieferten Daten auch faktisch, d.h.
entschlüsselt, zu lesen?
10. Sehen Sie in dieser Regelung einen Standortnachteil für
die Bundesrepublik Deutschland? Wenn ja, warum?
11. Verstößt die TKÜV-E Ihrer Meinung nach gegen
Art. 12 GG? Wenn ja, inwiefern?
12. Wie kann der Verpflichtete der formalen
Überwachungspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 TKÜV-E
genügen und welche Kosten verursacht dies?
13. Gibt es bereits Entwicklungen der Hardware-Industrie, die eine
kostengünstige, standardisierte Lösung der
Hardware-Problematik darstellen?
14. Inwiefern besteht die Gefahr, daß in das
Fernmeldegeheimnis unbeteiligter Dritter eingegriffen wird?
15. Inwiefern besteht die Gefahr einer Datenmanipulation beim
Verpflichteten durch die Einrichtung dieser speziellen
Schnittstelle?
16. Wie bewerten Sie die Verhältnismäßigkeit des
Verordnungs-Entwurfes?
17. Wie bewerten Sie die Bestimmung, dass die Service Provider die
Kosten vollständig tragen sollen? Gibt es Alternativen, die
Ihnen angemessener erscheinen? Wenn ja, welche?
18. Wer sollte zu dem Kreis der Verpflichteten der TKÜV-E
gehören?
19. Besteht auf Grundlage der TKÜV-E aus ihrer Sicht
hinreichende Rechtsklarheit?
20. Wie schätzen Sie die Abgrenzungsproblematik der
TKÜV-E insbesondere hinsichtlich der Teledienste und
Mediendienste nach TDG und MDStV ein?
21. Inwieweit sind die Überwachungsbestimmungen europaweit und
auch international vergleichbar und inwieweit basieren sie auf
harmonisierten Rechtsnormen und Straftatbeständen?
Liste der Sachverständigen für das
öffentliche Expertengespräch zum Thema
"Cyber-Crime / TKÜV"
am 5. Juli 2001, 15.00 Uhr,
Plenarbereich Reichstagsgebäude, Raum 3 N 001
(in alphabetischer Reihenfolge)
- Dr. Helmut Bäumler, Landesbeauftragter für
Datenschutz, Schleswig-Holstein
- Herr Andreas Bogk, Chaos Computer Club
- Dr. Jürgen-Peter Graf, Bundesanwaltschaft
- Herr Tobias Gramm, eco-Forum (Vertreter von UUNet)
- Herr Johannes Laitenberger, Generaldirektion Bildung und Kultur
der Europäischen Kommission
- Prof. Andreas Pfitzmann, Technische Universität
Dresden
- Dr. Ina Pernice, Deutscher Industrie und Handelstag
(DIHT)
- Herr Josef Schön, Bundeskriminalamt Wiesbaden
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