Christel Riemann-Hanewinckel: Der Diskriminierung von Prostituierten entgegenwirken
Die Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages, Christel
Riemann-Hanewinckel, SPD, erklärt zur abschließenden
Beratung des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen zur
Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der
Prostituierten im Ausschuss und im Parlament in der nächsten
Woche:
"Die Fakten sind: Prostitution ist in Deutschland eine vom Gesetz
erlaubte Tätigkeit. Täglich nehmen rund eine Million
Männer Huren in Anspruch. Huren zahlen Steuern auf ihre
Einnahmen.
Die moralische Wertung kann dem entgegenstehen. Was legal ist und
nachgefragt wird, muss nicht unbedingt moralischen Ansprüchen
genügen. Doch wurde gerade dieser Konflikt der Prostitution
über Jahrzehnte den Frauen angelastet. Die Männer, die
Sex kaufen, werden nicht an den Pranger gestellt. Sich zu
prostituieren gilt als anstößig. Deshalb wurden Huren
von keiner Krankenversicherung aufgenommen, die Verträge, die
sie mit ihren Freiern schlossen, galten als sittenwidrig und waren
damit nichtig. Wer ihnen einigermaßen ordentliche
Arbeitsbedingungen bot (und das war alles, was über eine
„Absteige“ hinausgeht) machte sich wegen Förderung
der Prostitution strafbar.
Der rot-grüne Gesetzentwurf will mit dieser Scheinheiligkeit
aufräumen und der einseitigen Diskriminierung von
Prostituierten entgegenwirken. Er nimmt auf, was Hurenverbände
und Selbsthilfegruppen schon lange fordern:
Ihre Verträge werden zivilrechtlich wirksam. Sie sollen von
nun an Zugang zu den Sozialversicherungssystemen haben. Das
Strafgesetzbuch wird so geändert, dass ein Bordellbetreiber
nicht mehr bestraft wird, weil er feste Verträge und
vernünftige Räume zur Verfügung stellt und damit
auch Legalität, Sicherheit und Transparenz anbietet. Der
Begriff des Zuhälters wird neu definiert. Wer allerdings die
Prostituierte zu etwas zwingt oder ausbeutet, wird weiterhin
bestraft.
Endlich wird die Trennungslinie zwischen zwangsweiser und
freiwilliger Ausübung der Prostitution klar gezogen. Dass eine
Prostituierte nun als „normale“ Angestellte arbeiten
kann, macht die Unterscheidung von der illegalen Zwangsprostitution
auch für die Ermittlungsbehörden viel leichter.
Ich habe mich seit 1993 dafür eingesetzt, dass wir die
gesetzlichen Regelungen verändern. Das Gesetz ist für die
Prostituierten ein erster Schritt. Die Anhörung hat gezeigt,
dass das Thema sehr komplex ist. Deshalb werden wir die Wirksamkeit
des Gesetzes in der Praxis prüfen, vor allem im Blick auf die
betroffenen Frauen. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen haben die Regierung daher aufgefordert, innerhalb von 3
Jahren einen Bericht vorzulegen. Wenn es sein muss, werden wir
danach weitere Änderungen vornehmen"
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