Öffentliche Sitzung der Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen und Antworten"
10.12.2001 11.00 - ca. 17.00 Uhr |
Berlin, Paul-Löbe-Haus (PLH), Saal E.600 |
Tagesordnung
Öffentliche Anhörung:
"Wissensgenerierung: Forschung, Bildung, Weiterbildung,
Kultur und Demokratie"
Da die Anzahl der Sitzplätze für Zuhörerinnen und
Zuhörer begrenzt ist, werden Interessierte gebeten, sich
frühzeitig im Vorfeld der Veranstaltung beim Sekretariat der
Enquete-Kommission anzumelden (Tel.: 030 / 227 - 32959, Fax: 030 /
227 - 36362, Email:
enquete.globalisierung@bundestag.de). Für
den Einlass in das Paul-Löbe-Haus wird ein gültiger
Personalausweis benötigt.
Fragen- und Sachverständigenkatalog
für die öffentliche Anhörung
der Enquete-Kommission
"Globalisierung der Weltwirtschaft - Herausforderungen und
Antworten"
am Montag, dem 10. Dezember 2001, 11.00 - ca. 17.00 Uhr,
in Berlin, Paul-Löbe-Haus, Konrad-Adenauer-Straße
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zum Thema
"Wissensgenerierung: Forschung, Bildung, Weiterbildung,
Kultur und Demokratie"
Fragenkatalog
1. Allgemeine Fragen
1.1. Kann aus Ihrer Sicht grundlegend von einem Paradigmenwechsel,
wie er für die gesellschaftlichen Bereiche etwa der Politik
und Wirtschaft nahezu konsensuell festgestellt wird, ebenfalls in
den Bereichen Forschung, Bildung, Kultur und Demokratie gesprochen
werden?
1.2. Welche kardinalen Herausforderungen ergeben sich daraus
für das politische System und welche zentralen Maßnahmen
halten Sie für sinnvoll oder notwendig?
2. Wissensgenerierung: Forschung und Bildung in der globalen
Wissensgesellschaft
2.1. Inwieweit werden sich in der globalen Wissens- und
Informationsgesellschaft die Strukturen und Formen der
Wissensgenerierung verändern? Gehen Sie insbesondere auf die
Entwicklung des Verhältnisses öffentlicher, privater und
kooperativer Forschungs-, Bildungs- und Ausbildungssysteme
ein.
2.2. Inwieweit und unter welchen Bedingungen werden die zunehmend
ausschließlich in digitaler Form vorliegenden und
zirkulierenden Inhalte eine weitere Dynamisierung des
wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns sowie Mobilisierung des
Wissens wie des wissenschaftlichen Nachwuchses nach sich
ziehen?
2.3. Inwieweit werden sich hierdurch die Strukturen der
Fachinformation und Fachkommunikation - von der
Wertschöpfungskette bis hin zu den Bibliotheken und Archiven -
verändern und welche Herausforderungen ergeben sich hieraus
für eine zukunftsorientierte Fachinformations- und
Fachkommunikationspolitik?
2.4. Beschreiben Sie die zentralen Auswirkungen der sich
herausbildenden globalen elektronischen Wissens- und
Informationsmärkte auf die Rahmenbedingungen für
nationale und regionale Forschungs-, Bildungs-, Wissens- und
Vermittlungsstrukturen. Berücksichtigen Sie insbesondere die
Auswirkungen der internationalen Konzentrationsprozesse bei den
Fachverlagen sowie der zunehmend exklusiven Nutzungs- und
Verwertungsrechte auf immaterielle Güter. Welche Folgen
ergeben sich für die zunehmend zentrale Frage des Zugangs zu
relevantem Wissen und spezifischen Informationen?
2.5. Wie kann das Problem der Verfügbarkeit von Information
und Wissen einerseits und dem Schutzrecht von geistigem Eigentum
andererseits in Einklang gebracht werden? Wie bewerten Sie in
diesem Zusammenhang die EU-Richtlinie zur Harmonisierung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (Richtlinie
2000/29/EG) vom 22.06.2001?
2.6. Welche neue Formen und welche neuen Instrumente zur Veredlung
von Informationen zu Wissen werden benötigt und sollten
gefördert werden? Welche neuen Formen und Instanzen der
Beurteilung von Qualität, Glaubwürdigkeit und
Seriosität von Informationen, die bislang von Verlagen und
wissenschaftlichen Beiräten garantiert werden, müssen
für digitale Publikationen entwickelt werden?
2.7. Welche Herausforderungen ergeben sich aus dem zunehmenden
nationalen und internationalen Wettbewerbsdruck im Forschungs- wie
Bildungsbereich für das öffentlich getragene
Bildungssystem? Welche zusätzlichen Potenziale sind durch eine
weitergehende Privatisierung von Forschung, Bildung und
Weiterbildung erwartbar? Welche Risiken sind mit einer
weitergehenden Privatisierung von Forschung, Bildung und
Weiterbildung verbunden? Gehen Sie auch auf die grundlegenden Vor-
und Nachteile der privaten Produktion öffentlicher Güter
- hier Bildung, Erkenntnis und Wissen - ein.
2.8. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen dieser internationalen
Konzentrations- und Kommerzialisierungstendenzen auf den Zugang der
Schwellen- und Entwicklungsländer zu relevanten Informationen?
Welche Maßnahmen halten Sie für erforderlich, um die
Kluft nachhaltig verringern zu können? Gehen Sie ebenfalls auf
die Aktualität der Forderung nach einer Neuen
Weltinformations- und -kommunikationsordnung NWIKO ein.
2.9. Welche neuen Chancen und Möglichkeiten der effektiven
Auffindung sowie kreativen Nutzung und Verknüpfung von
Informationen und Wissen bieten sich aufgrund der dynamischen
technologischen Entwicklung sowohl im Hardware- wie insbesondere im
Softwarebereich? Welche Rolle spielen bereits heute
Informationsassistenten bzw. -agenten, Expertensysteme sowie
intelligente Suchmaschinen bzw. welche Perspektive haben diese
mittel- bis langfristig?
2.10. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund eines zunehmenden
Wettbewerbs zwischen den Bildungseinrichtungen und -systemen die
derzeit in Deutschland diskutierten Reformansätze im
Hochschulbereich? Nutzen diese Ansätze hinreichend die neuen
Möglichkeiten der IuK-Techniken und welche weiteren
Maßnahmen halten Sie für notwendig oder sinnvoll?
2.11. Die permanente Aneignung und Neu-Aneignung von
Qualifikationen und Fähigkeiten gelten heute als unbedingte
Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme an zunehmend
dynamischen Beschäftigungsmärkten. Ist diese Dynamik mit
dem bestehenden dualen System hinreichend zu bewältigen?
Welche Rolle spielen beim lebensbegleitenden Lernen insbesondere
Angebote zur Fort- und Weiterbildung und welche neuen
Kooperationsformen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren
sind hier vorstellbar oder wünschenswert?
2.12. Welche Ansätze und Konzepte verbinden Sie mit einem
angemessenen und zukunftsfähigen Begriff der Medienkompetenz
und welche Maßnahmen halten Sie zur Förderung der
Medienkompetenz als Qualifikationsziel für notwendig?
2.13. Welche Bedeutung messen Sie der Fähigkeit der Lernenden
nach reflektiver Aneignung und Urteilskompetenz in der
Wissensgesellschaft zu und welche neuen Herausforderungen ergeben
sich hieraus für die Bildungs- und Forschungspolitik?
2.14. Welche Auswirkungen haben die Patentierungsvorschriften der
EU-Richtlinie und des TRIPS-Abkommens auf die Forschung? Welche
Auswirkungen ergeben sich für Forschung und
Technologieentwicklung in Entwicklungsländern? Beschreiben Sie
die Positionen in den Entwicklungsländern dazu und geben Sie
eigene Handlungsempfehlungen ab.
3. Bewältigung des Wissens: Zur kulturellen Dimension der
globalen Wissensgesellschaft
3.1. Wie schätzen Sie den Prozess der kulturellen
Globalisierung ein? Welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus?
Inwieweit lassen sich Gemeinsamkeiten oder aber auch Unterschiede
mit den Globalisierungstendenzen in den Bereichen Ökonomie,
Recht und Politik beschreiben?
3.2. Wie schätzen Sie die wichtigsten Folgen für das
kulturelle Selbstverständnis einer Gesellschaft ein?
3.3. Inwieweit sind die kulturellen Globalisierungstendenzen als
Bedrohung für die kulturelle Vielfalt anzusehen? Wie
beurteilen Sie insbesondere die Gefährdung durch eine
Nivellierung kultureller Differenzen gerade der Jugend- und
Freizeitkultur?
3.4. Welche Bedeutung kommt angesichts der kulturellen
Globalisierungstendenzen den sog. Neuen Medien und hierbei
insbesondere interaktiven Computernetzwerken wie dem Internet zu?
Beschreiben Sie das Wechselverhältnis zwischen dem
(elektronisch-) kommunikativen und dem kulturellen Wandel.
Skizzieren Sie insbesondere die qualitativen Unterschiede zu der
Rolle und Bedeutung der sog. traditionellen Medien in diesem
Prozess.
3.5. Inwieweit kann das Internet dazu beitragen, dass es nicht zu
einer Nivellierung kultureller Differenzen kommt? Inwieweit
können die 'traditionellen' Medien einen wirkungsvollen
Beitrag dazu leisten, diese kulturelle Nivellierung zu
verhindern?
3.6. Wie kann eine digitale Bibliothek des Menschheitswissens
verwirklicht und umgesetzt werden, um das "Gedächtnis der
Welt" (in einem UNESCO-Förderprogramm wird es als "memory of
the world" bezeichnet) und die Kontinuität des Wissens auch in
der Wissens- und Informationsgesellschaft nicht abreißen zu
lassen?
3.7. Was ist mit dem digitalen 'Archivierungsdilemma' gemeint?
Welche Maßnahmen sind notwendig, um die "flüchtigen"
digitalen Informationen langfristig speichern und archivieren zu
können und welche institutionellen Formen sind notwendig, um
deren dauerhafte Abrufbarkeit sicherzustellen (technische
Lesbarkeit, Flüchtigkeit, Kompatibilität, etc.)?
4. Teilhabe am Wissen: Demokratische Repräsentation,
Demokratie und Sicherheit in der globalen Wissensgesellschaft
4.1. Welche spezifischen Probleme und auch Chancen ergeben sich aus
der wachsenden Relevanz elektronischer Kommunikation für die
demokratische, öffentliche wie individuelle Meinungs- und
Willensbildung? Welche Folgen ergeben sich insbesondere für
den zentralen Begriff der Öffentlichkeit, der individuellen
Privatsphäre und des Rechtes auf hinreichende
Information?
4.2. Welche neuen Formen gesellschaftlich relevanter politischer
Kommunikation werden sich herausbilden und welche Folgen ergeben
sich daraus für die politische Willensbildung und das
politische System sowie für deren Akteure und Institutionen?
Welche Entwicklungsmöglichkeiten bietet die Wissens- und
Informationsgesellschaft für die parlamentarische
Demokratie?
4.3. Welche demokratischen Potenziale ergeben sich aus den
spezifischen Eigenschaften der neuen IuK-Möglichkeiten
für die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger? Welche
praktischen Erfahrungen gibt es und welche besonderen
Maßnahmen sind für die weitere Förderung der
Demokratisierungsziele sinnvoll?
4.4. Inwieweit sind wichtige Aspekte einer hinreichenden
demokratischen Repräsentation von gesellschaftlichen
Interessen und Gruppen auch in globalisierten IuK-Netzen zu
verwirklichen? Welche besonderen Probleme ergeben sich und welche
Folgen erwachsen für Ansätze zur weiteren
Demokratisierung sowohl der technischen Verwaltung als auch der
politischen Gestaltung der weltweiten IuK-Netzwerke?
4.5. Welche Folgen ergeben sich aus der weiterhin zu
konstatierenden elektronischen Abstinenz großer Teile der
Bevölkerung, insbesondere auch in den Schwellen- und
Entwicklungsländern? Welche Maßnahmen sind notwendig, um
eine breitere und aktive Teilnahme und Teilhabe zu
fördern?
4.6. Inwieweit erfordert die zunehmende gesellschaftliche Bedeutung
elektronischer Kommunikation eine Neugewichtung oder Erweiterung
des Grundrechtsverständnisses? Welche neue Bedeutung kommt
beispielsweise dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dem
Recht auf Privatsphäre sowie den Schutzrechten hinsichtlich
der individuellen Kommunikation zu?
4.7. Ergeben sich besondere Gefährdungen für die
demokratische Grundordnung aus den spezifischen Eigenschaften der
neuen globalen IuK-Möglichkeiten? Falls ja: Welche sind diese
und welche Maßnahmen sind für ihre Bewältigung
notwendig oder sinnvoll?
4.8. Wie beurteilen Sie die Sicherheit der Kommunikation in der
Wissens- und Informationsgesellschaft? Berücksichtigen Sie
bitte dabei insbesondere den Aspekt innerer und äußerer
Gefährdungen sowohl hinsichtlich des Schutzes des
demokratischen Systems als auch hinsichtlich der denkbaren
Schutzziele Vertraulichkeit, Integrität, Authentizität
und Verfügbarkeit der elektronischen Kommunikation.
4.9. Welche besonderen Rahmenbedingungen ergeben sich aus den
spezifischen Eigenschaften der neuen IuK-Möglichkeiten sowohl
für den Schutz von Grundrechten und Bürgerfreiheiten als
auch für die effektive Strafverfolgung und Rechtsdurchsetzung
in elektronischen IuK-Netzen? Inwieweit ist hier von einem
Interessenkonflikt auszugehen und welche Möglichkeiten eines
Ausgleichs oder Kompromisses sehen Sie?
4.10. In welchem Zusammenhang stehen hinreichender
Grundrechtsschutz, technischer Selbstschutz der Nutzer sowie
flächendeckende technische Überwachungs- und
Kontrollmöglichkeiten mit dem zentralen politischen Ziel, die
Sicherheit von IT-Systemen zu verbessern und zu fördern?
4.11. In welchem Verhältnis stehen Sicherheit der
öffentlichen, wirtschaftlichen und individuellen Kommunikation
und die Sicherung demokratischer Strukturen und Verfahren in einer
globalen Informations- Wissensgesellschaft?
4.12. Welche Auswirkungen auf Inhalte haben Konzentrationsprozesse
bei Herstellern und Medien- und Telekommunikations-Anbietern?
Sachverständige
1. Wolf-Michael Catenhusen, MdB, Parlamentarischer
Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und
Forschung, Berlin
2. Steffen Reiche, Minister für Bildung, Jugend und Sport des
Landes Brandenburg, Potsdam, (für die
Kultusministerkonferenz)
3. Prof. Dr. Jürgen Nehmer, Vizepräsident der Deutschen
Forschungsgemeinschaft,
Universität Kaiserslautern
4. Prof. Dr. Jürgen Renn, Direktor am Max-Planck-Institut
für Wissenschaftsgeschichte, Berlin (für
Max-Planck-Gesellschaft)
5. Prof. Dr. Hans-Werner Mewes, Leiter des Instituts für
Bioinformatik am Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit,
Neuherberg
(für die Helmholtz-Gemeinschaft e.V.)
6. Prof. Rainer Kuhlen, Fachbereich Informatik, Universität
Konstanz,
Deutsche UNESCO Kommission
7. Carlos Braga, Weltbank, Washington
8. Dr. Johann Bizer, Institut für öffentl. Recht, Johann
Wolfgang von
Goethe-Universität, Frankfurt am Main
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