Bundestagspräsident Thierse weist Vorwürfe des Bundes der Steuerzahler zurück
Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse hat öffentlich erhobene Vorwürfe des Bundes der
Steuerzahler im Zusammenhang mit der sogenannten
Mitarbeiterpauschale für Bundestagsabgeordnete
zurückgewiesen. In einem Schreiben an den Bund der
Steuerzahler nimmt er auch Stellung zu Fragen nach den Kosten bei
der Verlegung von Teppichböden im Jakob-Kaiser-Haus. In dem
Brief heißt es:
"Die Presseverlautbarung des Bundes der Steuerzahler vom 28.
November 2001 bezüglich der "Mitarbeiterpauschale" und Ihr
Schreiben vom 13. November 2001 an die Bundesbaugesellschaft Berlin
mbH wegen der Verlegung der Teppichböden im Jakob-Kaiser-Haus
sind geeignet, Missverständnisse zu erzeugen und veranlassen
mich, Folgendes klarzustellen:
Die Verkleinerung des Parlaments führt nicht nur zur
Vergrößerung der Wahlkreise, sondern bedeutet wegen der
größeren Betreuungsdichte für die Bürger auch
eine erhebliche Mehrarbeit für die Abgeordneten und ihre
Büros. Ohne mehr Personal ist dies nicht zu bewältigen.
Das war dem Deutschen Bundestag schon bei seiner
Verkleinerungsentscheidung bewusst. Die hierfür erforderlichen
finanziellen Mittel werden durch die Einsparungen bei Mitarbeitern
infolge der Verkleinerung des Parlaments kostenneutral
erwirtschaftet.
Zu Ihrem Vorwurf, die Mittel aus der Mitarbeiterpauschale
würden zweckentfremdet, weil die Abgeordnetenmitarbeiter
angeblich auch für Parteiaufgaben und Wahlkampfzwecke
eingesetzt würden, bemerke ich:
Die Mitglieder des Deutschen Bundestages erhalten gemäß
§ 12 Abs. 3 Abgeordnetengesetz (AbgG) Ersatz der Aufwendungen
für die Beschäftigung von Mitarbeiter(inne)n nach
Maßgabe des Haushaltsgesetzes und der
Ausführungsbestimmungen des Ältestenrates. Darin ist
ausdrücklich festgelegt, dass die Mitarbeiter(innen) nur zur
Unterstützung der parlamentarischen Arbeit der Mitglieder des
Deutschen Bundestages beschäftigt werden dürfen. Die
Verwendung von Mitteln aus der Mitarbeiterpauschale für
Parteiaufgaben ist nicht statthaft.
Natürlich wird ein großer Teil der politischen Arbeit
der Abgeordneten nach außen über die Parteien
vermittelt. Dass das Nebeneinander von Abgeordnetentätigkeit
und Parteiarbeit der Mitglieder des Deutschen Bundestages
vielfältige Berührungspunkte zu ihrer Arbeit in der
jeweiligen Partei hat, liegt im Wesen der parlamentarischen
Demokratie und der Mitwirkung der Parteien bei der politischen
Willensbildung des Volkes.
Es wäre aber willkürlich und falsch, wenn man die
Tätigkeit nur auf das Parlament im engeren Sinne
beschränken würde. Zwar ist der Abgeordnete zunächst
Mitglied eines Gesetzgebungs- und Kontrollorgans mit allen hiermit
verbundenen Aufgaben. Doch nicht nur im Parlament wirkt der
Abgeordnete. Umfangreiche Tätigkeiten werden dem Abgeordneten
auch außerhalb des Parlaments abverlangt.
Als obersten Repräsentanten ihrer jeweiligen politischen
Partei obliegt den Abgeordneten in ihren Wahlkreisen die Aufgabe,
an der politischen Meinungs- und Willensbildung des Volkes
mitzuwirken. Sie sollen im Sinne unserer repräsentativen
Demokratie die ständige Verbindung zwischen Parlament und dem
Wahlvolk darstellen und auf diese Weise für
Rückkoppelungsprozesse aller Art zwischen Wählern und
Gewählten sorgen. Die einzelnen Funktionen dieser Arbeit sind
alle untrennbar miteinander verbunden. Insofern gehen Ihre
diesbezüglichen Vorwürfe fehl.
Hinsichtlich der Verlegung von geänderten Teppichböden im
Jakob-Kaiser-Haus hat Sie die Bundesbaugesellschaft Berlin mbH
bereits mit Schreiben vom 1. November und 20. November 2001
unterrichtet. Nach Darlegung der Bundesbaugesellschaft Berlin mbH
sind, wie Ihnen mitgeteilt wurde, keine zusätzlichen Kosten
entstanden. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die
Bundesbaugesellschaft umfangreichen institutionellen Prüfungen
hinsichtlich der Durchführung der Projekte unterliegt. Dies
sind neben der Kontrolle durch den Aufsichtsrat und seine
Ausschüsse auch der Bundesrechnungshof und die im Rahmen der
Innenrevision beauftragte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Da Presseberichte zu beiden Gegenständen -
Mitarbeiterpauschale und Teppichböden - irreführend und
durch Sie mitveranlasst sind, fordere ich Sie zu entsprechenden
Richtigstellungen in der Öffentlichkeit auf."
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