Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
25.02.2002 13.00 - 16.00 Uhr |
Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.900 |
Tagesordnung
1. Gesetzentwurf der Abgeordneten Klaus Wiesehügel, Dr. Axel
Berg, Hubertus Heil, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo
Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Gesetz
zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und
zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige
Unternehmen- Drucksache 14/7796 -
federführend: Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie
mitberatend:
InnenausschussRechtsausschussFinanzausschussHaushaltsausschussAusschuss
für Arbeit und SozialordnungAusschuss für Familie,
Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau- und
WohnungswesenAusschuss für Angelegenheiten der neuen
LänderAusschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union
2. Gesetzentwurf des BundesratesEntwurf eines Gesetzes für
Tariftreueerklärungen- Drucksache 14/5263 -
federführend: Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie
mitberatend: Ausschuss für Arbeit und SozialordnungAusschuss
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
3. Gesetzentwurf des BundesratesGesetz zur tariflichen Entlohnung
bei öffentlichen Aufträgen- Drucksache 14/6752 -
federführend: Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie
mitberatend: InnenausschussRechtsausschussAusschuss für Arbeit
und SozialordnungAusschuss für Verkehr, Bau- und
WohnungswesenAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und
JugendAusschuss für Angelegenheiten der neuen
Länder
4. Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNENTariftreue im Vergaberecht - Bundeseinheitliche Regelung
schafft fairen Wettbewerb- Drucksache 14/6982 -
federführend: Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie
mitberatend:
InnenausschussRechtsausschussFinanzausschussHaushaltsausschussAusschuss
für Arbeit und SozialordnungAusschuss für Familie,
Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Verkehr, Bau- und
WohnungswesenAusschuss für Angelegenheiten der neuen
Länder
5. Antrag der Abgeordneten Hartmut Schauerte, Hansjürgen Doss,
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU Offensive für die Bauwirtschaft -
Ursachen wirksam bekämpfen- Drucksache 14/7506 -
federführend: Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie
mitberatend:
RechtsausschussFinanzausschussHaushaltsausschussAusschuss für
Arbeit und SozialordnungAusschuss für Verkehr, Bau- und
WohnungswesenAusschuss für Angelegenheiten der neuen
LänderAusschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union
Liste der Sachverständigen
Verbände
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt(IG BAU)Bundesvorstand60439
Frankfurt/Main Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.
(ver.di)VER.DI Bundesverwaltung10785 Berlin
Transnet Gewerkschaft GdEDArmin Duttiné60326 Frankfurt/Main
Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. (ZDB)Prof. Dr. Karl
Robl10117 Berlin
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. (HDB)Michael
Knipper10785 Berlin Deutscher Städte- und GemeindebundBernd
Düsterdiek53175 Bonn
Zentralverband des ostdeutschen Baugewerbes (ZVOB)Herr HGF
Wenkel10717 Berlin Dortmunder StadtwerkeHerr Karl-Heinz Faust44141
Dortmund
Deutscher Gewerkschaftsbund Sachsen (DGB Sachsen)Frank Kunze01067
Dresden Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)Annette
Karstedt-Meierrieks10178 Berlin
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)Rechten10178 Berlin
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V.
(BDA)10178 Berlin
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH)Dr. Alexander
Barthel10117 Berlin Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V.
(bdo)Präsident Norbert Rohde10117 Berlin
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)Bundesvorstand10178 Berlin
Industriegewerkschaft Metall (IGM)Vorstand60528 Frankfurt am
Main
Einzelsachverständige
Herr Prof. Dr. Wolfgang DäublerUni Bremen28359 Bremen Frau
Prof. Dr. Ursula RustUni Bremen28359 Bremen
Herr Prof. Gerd SybenHochschule Bremen Huckelriede28201 Bremen Herr
Prof. Dr. Meinrad DreherJohannes-Gutenberg-Universität
Mainz55099 Mainz
Herr Dr. Wolfgang KühnProgress-Institut für
Wirtschaftsforschung Bremen10178 Berlin
Fragenkatalog
1. Kann durch das Gesetz das Ziel erreicht werden, im Baubereich
und im öffentlichen Personennahverkehr
Wettbewerbsverzerrungen, die durch den massiven Einsatz von
Niedriglohnkräften entstehen, abzubauen oder gar zu
vermeiden?
2. Ist es sinnvoll, anstelle der von einzelnen Bundesländern,
wie z.B. Bayern, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Berlin,
erlassenen Tariftreuegesetzen eine bundeseinheitliche Regelung zu
erlassen?
3. Hat sich § 97 Abs. 4 GWB, demzufolge die Anforderung an
Unternehmen ausschließlich an Fachkunde, Zuverlässigkeit
und Leistungsfähigkeit zu messen sind, bewährt?
4. Wie verhält sich der Tariftreuezwang zum Ziel des
Vergaberechts, eine wirtschaftliche Beschaffung zu
organisieren?
5. Halten Sie das Tariftreuegesetz für vereinbar mit der
Warenverkehrs- und der Dienstleistungsfreiheit des Europarechts.
Wie wirkt sich hier die jüngste Rechtsprechung des EuGH zur
Zulässigkeit nationaler Mindestlohnregelungen aus? Ist das
Gesetz mit den Richtlinien der EU über das öffentliche
Auftragswesen und der Entsenderichtlinie vereinbar? Darf der
Gesetzgeber über die Forderung nach Mindestlöhnen
hinausgehen?
6. Wie ist der Tariftreuezwang mit Artikel 87 Abs. 1 EG-Vertrag im
Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtes Erster Instanz
vom 28. Januar 1999, dass jeder Beschaffungsvorgang der
öffentlichen Hand, der nicht als ein normales
Handelsgeschäft anzusehen ist, eine beihilferechtlich
unzulässige Begünstigung im Sinne von Artikel 87
EG-Vertrag darstellt, zu beurteilen?
7. Halten Sie das Gesetz für verfassungsgemäß?
Spielt hierbei die Verfassungsmäßigkeit der
Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen eine
Rolle? Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die "gleitende" Bezugnahme auf
Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung widerspreche
dem Bestimmtheitsgebot und damit dem Rechtsstaatsprinzip ?
8. Welche Folgen hat die Beschränkung der
Tariftreueverpflichtung auf die tariflichen Löhne und
Gehälter unter Ausklammerung der tariflichen Regelungen zu
Arbeitszeit und - bedingungen für die Wettbewerbssituation
tarifgebundener Unternehmen sowie für die
Überprüfbarkeit der Einhaltung von
Tariftreuerklärungen, insbesondere vor dem Hintergrund der
Erfahrungen mit dem Entsendegesetz in der Bauwirtschaft ?
9. Wäre es eine praktikable Alternative, statt auf den
Tariflohn am Ort der Leistungserbringung auf den Tariflohn am
Unternehmenssitz abzustellen?
10. Welche Unterschiede bestehen zwischen einer am Ort der
Leistungserbringung und einer am Ort des Firmensitzes
ausgerichteten Tariftreueverpflichtung hinsichtlich der
Vereinbarkeit mit dem europäischen Wettbewerbsrecht,
insbesondere dem Prinzip der Diskriminierungsfreiheit, und welche
Konsequenzen ergäben sich für Wettbewerber aus anderen
EU-Staaten und Beitrittsländern?
11. Welche Auswirkungen hätte eine am Ort des Firmensitzes
orientierte Tariftreueverpflichtung auf kommunale
Verkehrsunternehmen, insbesondere in den neuen Bundesländern
und in grenznahen Regionen ?
12. Gibt es in den Tariftreueregelungen der Bundesländer
Regelungen, die der besonderen Wettbewerbssituation in den neuen
Bundesländern Rechnung tragen?
Welche Folgen hat das Tariftreuegesetz für die Auftragslage
von Bauunternehmen mit Sitz in Ostdeutschland?
13. Welche Folgen hat das Tariftreuegesetz für die
Auftragslage von Bauunternehmen mit Sitz in Ostdeutschland?
14. Welcher Anteil - gemessen am Auftragsvolumen - an
öffentlichen Bauaufträgen in Ost- und Westdeutschland
wird gegenwärtig an Unternehmen mit Sitz im jeweils anderen
Landesteil vergeben? Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen
Zahlen hinsichtlich des Stellenwerts der Lohnhöhe als
Kostenfaktor im Wettbewerb um öffentliche Bauaufträge,
welche anderen Faktoren sind für diese Entscheidungen
ausschlaggebend und welcher wirtschaftliche Zusammenhang besteht
zwischen diesen Faktoren und der Lohnhöhe?
15. Wäre eine Regelung, die eine Entlohnung in Höhe von
90% des am Ort der Leistungserbringung geltenden Tarifvertrages
vorsieht, geeignet, die Wettbewerbssituation der ostdeutschen
Bauunternehmen gegenüber der Regelung im Gesetzentwurf zu
verbessern?
16. Welche Möglichkeit sehen Sie, die besondere
Wettbewerbssituation ostdeutscher Unternehmen vor dem Hintergrund
des Tarifniveaus in Ostdeutschland von 90% des Westniveaus
angemessen zu berücksichtigen ? Wäre eine Regelung mit
dem Europarecht vereinbar, die den Unternehmen aus den neuen
Bundesländern bei Aufträgen in den alten
Bundesländern gestattet, entsprechend dem niedrigeren
Tarifniveau im Ostteil der Republik anzubieten?
17. Ist es möglich, durch die vorgesehene Bagatellklausel von
50.000 Euro einen unverhältnismäßigen
Vollzugsaufwand für öffentliche Auftraggeber bei
geringerwertigen Aufträgen zu vermeiden?
Wie hoch werden die zusätzlichen Kosten für die Kommunen
durch das Tariftreuegesetz pro Jahr sein?
Wie würde sich eine Erhöhung des Schwellenwertes
auswirken insbesondere auf die Wettbewerbschancen kleiner und
mittlerer und ostdeutscher Unternehmen?
Welcher Anteil der öffentlichen Bau- und
Nahverkehrsaufträge - gemessen an der Zahl und am
Gesamtvolumen der Aufträge - wird durch die Bagatellgrenze von
50.000 € nicht erfasst, wie würde sich dieser Anteil
durch eine Senkung der Bagatellgrenze auf 25.000 € bzw. 10.000
€ und eine Erhöhung auf 100.000 € bzw. 250.000
€ verändern ?
18. Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs gelten am
Ort der Leistungserbringung häufig mehrere Tarifverträge.
Hätte es Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit
des Tariftreuegesetzes, wenn der öffentliche Auftraggeber in
diesen Fällen den "repräsentativsten" Tarifvertrag
vorgeben müsste und somit bestimmte andere Tarifverträge
von vornherein gesetzlich ausgeschlossen sind?
19. Wäre die Ermittlung des repräsentativsten
Tarifvertrags durch den öffentlichen Auftraggeber praktikabel
und welche Auswirkungen hätte mit Blick auf eine
Justitiabilität dieser Ermittlung die Auswahl eines falschen
Tarifvertrages durch den öffentlichen Auftraggeber?
20. Wie hoch ist die Preisschere zwischen öffentlichen und
privaten Anbietern im ÖPNV im Durchschnitt in
Deutschland?
21. Welche Auswirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit des
vorgeschlagenen Gesetzes hätte eine Regelung, die bei
öffentlichen Aufträgen die Einhaltung sämtlicher
Bestimmungen des örtlich einschlägigen
Manteltarifvertrags zur Bedingung macht?
22. Sind die Bundesanstalt für Arbeit und die Behörden
der Zollverwaltung in der Lage, die Einhaltung der
Tariftreuepflicht effektiv zu kontrollieren oder sollte die
Kontrolle ganz den öffentlichen Auftraggebern überlassen
werden?
Welche zusätzlichen administrativen Kosten entstehen durch den
Gesetzesvollzug?
Wie soll die Lohnzahlung eines ausländischen Unternehmens an
seinen ebenfalls ausländischen Mitarbeiter kontrolliert werden
?
(z.B. Portugiesisches Unternehmen zahlt an portugiesische
Arbeitnehmer Lohn in Portugal?)
23. Sind die vorgeschlagenen Sanktionsmöglichkeiten geeignet,
Unternehmen von einer Verletzung der Tariftreuepflicht
abzuhalten?
24. Wie wird der Ansatz, neue Marktregulierungen über das
öffentliche Vergaberecht einzuführen, generell
beurteilt?
25. Welche Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau sind durch
das Tariftreuegesetz zu erwarten?
26. Welche Folgen hat das Tariftreuegesetz für den
Konkurrenzdruck durch konkurrierende Tarifverbände und
für die Rolle nicht tarifgebundener
Arbeitsvertragsparteien?
27. Wie hat sich in den vergangenen Jahren das tatsächliche
durchschnittliche Einkommen der Beschäftigten sowie der Anteil
der Beschäftigten in tariflich gebunden
Arbeitsverhältnissen in der Bauwirtschaft sowie im ÖPNV
in den alten Ländern und in den neuen Ländern
entwickelt?
28. Wie werden die Möglichkeiten öffentlicher
Auftraggeber beurteilt, sich dem Tariftreuegesetz durch Auslagerung
der ursprünglich öffentlichen Vergabe über
Betreibermodelle, privatrechtliche Organisationsformen, Leasing
etc. im Geltungsbereich des öffentlichen Vergaberechts zu
entziehen?
29. Handelt es sich beim Tariftreuegesetz um ein gesetzlich
erzwungenes Kartell zur Verteidigung marktwidriger
Tariflohnvereinbarungen?
30. Ist die Schätzung im Gesetzentwurf der Bundesregierung,
dass die öffentlichen Bauaufträge sich um
durchschnittlich 5 Prozent verteuern, realistisch?
31. Welche Auswirkungen hat das Gesetz auf die Fahrpreise im
öffentlichen Nahverkehr?
32. Wie sehen Sie die systematische Stellung des geplanten
Tariftreuegesetz im Spannungsfeld zwischen
Allgemeinverbindlichkeitserklärung (§ 5 TVG) und
ArbeitnehmerentsendeG (§ 1 Abs. 3a AentG)?
33. Wäre es beim Register über unzuverlässig
Unternehmen möglich, statt der öffentlichen Auftraggeber
die jeweiligen Unternehmen zu verpflichten, Auskünfte aus dem
Register einzuholen und bei der Angebotsabgabe vorzulegen?
34. Wie beurteilen Sie den Vorschlag des Wirtschaftsausschusses des
Bundesrates, das Gesetz bis März 2005 zu befristen?
35. Wie beurteilen Sie die vorgesehene Haftung der
Generalunternehmer für die Tariftreue ihrer Nachunternehmer?
Wäre es nicht besser, auch die Subunternehmer gegenüber
dem öffentlichen Unternehmen schadenersatzpflichtig zu machen
?
36. Hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz zur Einführung des
Tariftreuezwangs auch für Länder und Gemeinden,
insbesondere unterhalb der Schwellenwerte?
37. Sind die Bedenken des BGH gegen das Berliner Vergaberecht so
gewichtig, dass die Entscheidung des in dieser Sache angerufenen
BVG abgewartet werden sollte?
38. Halten Sie das geplante Gesetz und die dort vorgeschlagenen
Maßnahmen und Instrumente jenseits rechtlicher Bedenken
für geeignet, um die krisenhafte Situation der deutschen
Bauwirtschaft effektiv, effizient, unbürokratisch,
wettbewerbsneutral und kostensparend nachhaltig zu verbessern oder
wären andere politische Maßnahmen aus Ihrer Sicht
zielführender?"
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