Bundestagspräsident Thierse kritisiert „Bild am Sonntag“
Nach Angaben der Pressestelle des Deutschen Bundestages
reagierte Bundestagspräsident Thierse in scharfer Form auf die
antiparlamentarischen Ausfälle der „Bild am
Sonntag“ vom 24. Februar und nahm die Abgeordneten vor den
haltlosen Vorwürfen der Boulevardzeitung in Schutz.
Die Zeitung hatte unter Berufung auf den Abgeordneten Michelbach
getitelt: „Hier wird das Geld zum Fenster rausgeworfen“
und auf einer Doppelseite sowohl die Möblierung der
Bundestagsneubauten als auch Reisen der Parlamentsausschüsse
zum Thema gemacht.
In völliger Unkenntnis der Abläufe wird der Abgeordnete
Michelbach zitiert, es sei „inakzeptabel, dass die
Bundestagsverwaltung ... überteuerte Möbel gekauft“
habe. Richtig ist, dass der Bundestag im Rahmen seiner
Haushaltsentscheidungen die Mittel für die Möblierung
seiner Neubauten bewilligt und die Baukommission des
Ältestenrates mit der Auswahl beauftragt hat. Neben
ästhetischen Gesichtspunkten hat bei der Auswahl insbesondere
das Preis – Leistungsverhältnis und die lange
Haltbarkeit den Ausschlag gegeben. Schließlich werden die
Möbel im Rahmen der Amtsausstattung den Mitgliedern des
Bundestags nur zur Verfügung gestellt und sollen
möglichst auch nach mehreren Legislaturperioden und
verschiedenen Büronutzern nicht ausgewechselt werden
müssen. Es handelt sich also um einen sorgfältigen und
nicht um einen verschwenderischen Umgang mit Steuergeldern. Auch
der vom Abg. Michelbach erhobene Vorwurf, dass ausländische
Möbel bestellt wurden, entbehrt einer angemessenen Grundlage:
große Anschaffungen müssen europaweit ausgeschrieben
werden; insgesamt wurden nur sechs Prozent der Möbel
außerhalb Deutschlands beschafft. Die Boulevardzeitung
unterschlägt diese Informationen, obwohl ihr die entsprechende
Mitteilung vergangene Woche eigens vom Pressreferat zugestellt
wurde.
Neid ist auch das Thema des BamS-Textes über Ausschussreisen.
Hier ist nicht einmal der Bundestag um Erläuterungen gebeten
worden. Das hätte womöglich nur daran gehindert, einen
der Zeitung vorliegenden Brief des Bundestagspräsidenten grob
verfälschend wieder zu geben. In diesem Brief geht es darum,
dass die Zahl der in diesem Jahr noch zu genehmigenden
Ausschussreisen streng begrenzt werden wird. Grundlage des
Schreibens sind der Bundestagsverwaltung bekannte Reisewünsche
von Ausschüssen, die in etwa 3 Millionen € kosten
würden. Der Bundestagspräsident teilt den Fraktionen mit,
dass Reisen in diesem Umfang nicht genehmigt werden. Die Zeitung
titelt: „Für Lustreisen wollen Abgeordnete bis zur Wahl
3 Millionen Euro ausgeben.“
Den Bundestagsausschüssen, die die im Rahmen ihrer Aufgaben
entstehenden Reisewünsche äußern, dürften die
bei Berücksichtigung aller Wünsche entstehenden Kosten
unbekannt sein. Unbestritten ist in der seriösen Publizistik
und in der wissenschaftlichen Politikbeobachtung, dass solche
Dienstreisen von Ausschüssen für die internationale
Zusammenarbeit ebenso wie für die Kontrollaufgaben des
Parlaments unerlässlich sind. Das Präsidium des Deutschen
Bundestages hat in dieser Wahlperiode die individuellen Reisekosten
gesenkt (Verbot der Nutzung der 1. Klasse bei Flügen) und
dadurch zusätzliche Reisen erwirtschaften können. Der
Bundestagspräsident verzichtet auf die Möglichkeit, die
Flugbereitschaft der Bundeswehr zu nutzen und reduziert dadurch
erheblich Kosten durch sein persönliches Beispiel. Die
Absicht, Reisen im dritten und vierten Quartal dieses Jahres nicht
zu genehmigen, folgt der Überlegung, dass die Ergebnisse von
Dienstreisen noch von diesem Bundestag verwertet werden
können. Aus diesen Gründen hat das
Bundestagspräsidium in der vergangenen Sitzung eine Reihe von
Reiseanträgen abgelehnt. All dies hätte eine Recherche
des Redakteurs Koch zu Tage gefördert. Stattdessen wird die
aus der Luft gegriffene, also völlig falsche Behauptung
aufgestellt, dass Abgeordnete bislang von Fluggesellschaften
für Dienstreisen gewährte Rabatte hätten privat
nutzen dürfen. Auch vor diesem Fehler hätte das
Pressereferat den Redakteur bewahren können. Herr Koch
verzichtete auf Auskünfte, „das Thema“ sei
„erledigt“.
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