Ausstellungseröffnung im Paul-Löbe-Haus "Über die Ostsee in die Freiheit" Maritime Fluchtfahrzeuge - Schicksale - Hintergründe
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse wird am Dienstag, 15.
Juni 2004, 14 Uhr, die Ausstellung "Über die Ostsee in die
Freiheit" des gleichnamigen Vereins eröffnen. In die
Ausstellung einführen wird Dr. Volker Höffer,
Vorsitzender des Vereins, und Christine Vogt-Müller, die
Autorin der Ausstellung. Marianne Birthler, die Bundesbeauftragte
für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen
DDR, und Rainer Eppelmann, MdB, und Vorsitzender des Vorstandes der
Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, werden ein kurzes
Grußwort sprechen.
Nach dem Mauerbau wagten 5609 Menschen eine Flucht über die
nasse Grenze Ostsee aus der DDR, doch nur 913 (16 Prozent)
erreichten ihr Ziel in Schleswig-Holstein, Dänemark oder
Schweden. Im Netz der Überwachung verfingen sich 4522
Ostseeflüchtlinge (81 Prozent), die meist mehrjährige
Haftstrafen zu verbüßen hatten. Mindestens 174 Menschen
kamen zwischen Mauerbau und Mauerfall bei ihrer Flucht über
die Ostsee ums Leben. Ihre Fahrzeuge kenterten bei Sturm und
Seegang, und die Flüchtlinge ertranken oder starben durch
Unterkühlung und Entkräftung. Die SED-Führung konnte
die Ostseeküste zwar nicht vermauern, dennoch existierte ein
ausgeklügeltes Grenzregime an Land und auf See.
Wie groß musste der Leidensdruck sein, wenn sich Menschen den
lebensbedrohlichen Risiken einer Flucht über die Ostsee
aussetzten? Antworten auf diese Frage geben die Schicksale von
Flüchtlingen, wie das des Arztes aus Rostock, der 25 Stunden
über die Ostsee bis nach Fehmarn schwamm, um nicht für
seine Karriere in die SED eintreten zu müssen. Eine andere
Tafel berichtet vom Erbauer eines U-Bootes, der sich aus dem Netz
der Stasi befreien wollte. Wie brutal die Grenztruppen gegen
Flüchtlinge vorgingen, dokumentiert die Geschichte eines
Fernfahrers, der nicht mehr auf Tour durfte. Während seines
Fluchtversuches mit einem Motorboot wurden er und seine beiden
Söhne durch den Tiefflug zweier Hubschrauber zum Aufgeben
gezwungen.
Die Ausstellung zeigt eine eindrucksvolle Sammlung originaler
maritimer Fluchtmittel: wie ein Gerät, das einen Menschen
durch das Wasser ziehen kann. Es ist ein von Bernd Böttger
entwickelter Unterwassermotor, mit dem ihm 1968 seine
spektakuläre Flucht gelang. Zu sehen sind außerdem
verschiedene Typen von Aqua-Scootern, Tauchgeräte und
Surfboards, aber auch originale Schlauch- und Paddelboote. Um die
"unsichtbare Mauer" zu überwinden, bauten die
Ostseeflüchtlinge in geheimen Verstecken sogar U-Boote. Diese
und andere Eigenbauten zeugen von ihrer Kreativität und
Improvisationskunst, aber auch von Not und Freiheitswillen.
Die Ausstellung kann bis zum 2. Juli 2004 zu den regulären
Bürozeiten der Bundestagsverwaltung (Montag von 8 Uhr bis 16
Uhr, Dienstag bis Donnerstag von 8 Uhr bis 17 Uhr und Freitag von 8
Uhr bis 14 Uhr) im Paul-Löbe-Haus,
Konrad-Adenauer-Straße 1, besucht werden.
Für weitere Fragen steht die Verwaltung des Deutschen
Bundestages, Referat PI 5, unter der Rufnummer 030/227-32140 zur
Verfügung. Dort können auch per e-mail Bilder von der
Ausstellung angefordert werden (
vorzimmer.pi5@bundestag.de).
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