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Hartmut Hausmann
Frauen sind besonders betroffen
Arbeitszeitbegrenzung in Europa nicht
aufweichen
Die Straßburger Europaabgeordneten sind über den
lockeren Umgang einzelner Mitgliedstaaten mit der
Arbeitszeitrichtlinie der EU und die Untätigkeit der
Kommission in dieser Frage beunruhigt. In einem Initiativbericht
kritisierten sie, dass insbesondere Großbritannien die so
genannte Opt-out-Klausel bei der Arbeitszeitrichtlinie missbrauche.
In der Richtlinie ist festgeschrieben, dass ein Arbeitnehmer
maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten darf. Damit 1993 diese
Richtlinie überhaupt angenommen werden konnte, wurde auf Druck
aus London jedoch den Mitgliedstaaten die Möglichkeit
zugestanden, für die 48-Stunden-Regel unter besonderen
Bedingungen Ausnahmen (Opt-out) zuzulassen, wozu die ausdrück-
liche Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers gehört.
Aus dieser Ausnahmebestimmung ist auf den britischen Inseln
inzwischen weitgehend Normalität geworden. Wie der spanische
Parlamentsberichterstatter Alejandro Cercas unter Berufung auf eine
Studie der Universität Cambridge erklärte, müssen
inzwischen mehr als vier Millionen Arbeitnehmer erheblich
länger arbeiten, viele von ihnen sogar mehr als 55 Stunden pro
Woche, mit der Gefahr von erheblichen Auswirkungen auf Gesundheit
und Sicherheit der Betroffenen. Auch die EU-Kommission stimmt mit
dem Parlament überein, dass angesichts dieses Ausmaßes
von einer freiwilligen Zustimmung der Arbeitnehmer zu dieser Praxis
kaum ausgegangen werden könne, zumal eine wirksame Kontrolle
durch die Behörden nicht möglich sei.
Da sich durch diese Entwicklung gezeigt habe, dass das
Opt-Out-Verfahren nicht der richtige Weg zu mehr Flexibilität
der täglichen Arbeitszeit sei, sondern die sichere Abkehr von
den Gemeinschaftszielen zur Gesundheit und Sicherheit am
Arbeitsplatz, forderten die Abgeordneten eine baldige Revision der
Richtlinie. Die ursprünglich vom Ausschuss eingebrachte
Forderung, die Ausnahmeregelung so schnell wie möglich,
spätestens aber bis zum 1. Januar 2007, grundsätzlich
abzuschaffen, wurde durch Änderungsanträge der
Christdemokraten und Liberalen ebenso verworfen wie die
Aufforderung an die Kommission, sofort ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen die britische Regierung
einzuleiten, da sich diese eines "systematischen Missbrauchs der
Richtlinie" schuldig gemacht habe. Dazu hatte die Cambridge-Studie
festgestellt, es sei praktisch die Regel, dass Vereinbarungen
über ein Opt-out zum gleichen Zeitpunkt wie der Arbeitsvertrag
unterzeichnet werden müssten, so dass fraglich sei, ob der
Arbeitnehmer wirklich eine freie Wahl gehabt habe.
Unter Hinweis auf das kürzlich gefällte Urteil des
Europäischen Gerichtshofs über den Bereitschaftsdienst,
wonach dieser als Arbeitszeit angerechnet werden muss, fordern die
Abgeordneten die Kommission auf, für die Mitgliedstaaten eine
eindeutige Perspektive für strukturelle Lösungen
einschließlich einer möglichen Anpassung der Richtlinie
zu erarbeiten. Die Arbeitnehmer haben das Recht auf eine
tägliche arbeitsfreie Zeit von zehn Stunden, Pausen
während der Arbeitszeit, eine maximale wöchentliche
Arbeitszeit von 48 Stunden und mindestens vier Wochen
Jahresurlaub.
Besonders beunruhigt zeigt sich das Parlament über die
Auswirkungen dieser Entwicklung auf Frauen, die wegen ihrer
Doppelbelastung von Berufstätigkeit und familiären
Verpflichtungen besonders betroffen seien. Es sei ein
beängstigender Trend zu beobachten, dass Frauen zwei
Teilzeitbeschäftigungen nachgingen, um ihren Lebensunterhalt
überhaupt bestreiten zu können, wobei die gesetzlich
zulässige Höchstarbeitszeit oft deutlich
überschritten würden. Außerdem verhindern vielen
Arbeitsstunden, in höher qualifizierte und leitende Stellungen
aufzusteigen.
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