Hartmut Hausmann
Warnung vor Spekulation
Einkommen in der Landwirtschaft
Von den Auswirkungen der Globalisierung und den abnehmenden
Handelsbarrieren sind auch Europas Landwirte nicht verschon
geblieben. Rein statistisch müssten sie eigentlich zufrieden
sein, denn anders als in manch anderen Wirtschaftszweigen sind die
Einkommen in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern im Zeitraum
von 1995 bis 2002 sogar im Durchschnitt um sieben Prozent
gestiegen.
Doch der erste Blick täuscht, da die Einkommensentwicklung
in den einzelnen EU-Länder sehr ungleich ist und der
bescheidene Zuwachs auch nur erzielt werden konnte, weil viele
kleine Betriebe mit geringem Einkommen aufgeben mussten. So hat
sich die Zahl der Betriebe um 15,7 Prozent verringert, und das
Gesamteinkommen im Agrarsektor verteilt sich auf weniger
Betriebe.
Hing der Verdienst der Landwirte früher unmittelbar von der
Höhe der Produktion ab, was zu den bekannten Butterbergen und
Milchseen führte, setzt sich das Einkommen inzwischen aus
mehreren Faktoren zusammen, bei denen die Beihilfen eine wichtige
Funktion auch bei der Veränderung der Agrarstruktur spielen.
Die von der EU-Kommission vorgelegten Zahlen sind eindeutig: Von
den Beihilfen profitieren vor allem die Großbauern. Ein
Fünftel der Betriebe mit rund 60 Prozent der
landwirtschaftlichen Nutzfläche erhalten 73 Prozent der
Beihilfen.
Auch wenn das Europäische Parlament in der Agrarpolitik
noch über kein Mitentscheidungsrecht verfügt, will es
künftig die Entwicklung der bäuerlichen Einkommen
ständig beobachten und die Öffentlichkeit informieren.
Eine weitere Umgestaltung hat mit der im Juni 2003 beschlossenen
neuen gemeinsamen Agrarpolitik begonnen. Besonders umstritten ist
dabei die zum Teil weitgehende Entkopplung der Beihilfen von der
Produktion.
Dadurch werden Landwirte zum Teil unabhängig vom Umfang und
der Qualität ihrer Erzeugnisse bezahlt. Die EU-Kommission
wollte mit dieser Maßnahme die Massen- und Überproduktion
einschränken und zugleich den Forderungen der
Welthandelskonferenz nach Senkung der Zollbarrieren bei Einfuhren
nachkommen. Andererseits besteht jedoch die Gefahr, dass eine hohe
Anzahl von Landwirten dazu verführt wird, nicht mehr zu
produzieren, aber dennoch weiterhin Beihilfen zu beziehen. Die
staatlichen Beihilfen machen mittlerweile 56 Prozent des
durchschnittlichen Einkommens aus.
An diesem Fehlen eines Junktims zwischen der Gewährung der
Beihilfen und der Produktionsmenge setzt die Hauptkritik des
Parlaments an. Dadurch würden die Probleme verschärft und
die einzelnen Bereiche aus dem Gleichgewicht gebracht. Die
Abgeordneten fordern die Möglichkeit, Direktzahlungen speziell
an diejenigen Höfe zu gewähren, die Investitionen
getätigt haben bzw. stark wachsen. Andernfalls könnten
Ländereien mit attraktiven Beihilfen leicht zu attraktiven
Objekten für Spekulanten ohne landwirtschaftlichen Bezug
werden.
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