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Volker Müller
Dieses Jahr soll besser werden
Schlagabtausch im Deutschen Bundestag zum
Jahreswirtschaftsbericht
"Das vor uns liegende Jahr wird besser als das
hinter uns liegende." Mit diesen Worten hat
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am 12. Februar die
Aussprache im Bundestag über den Jahreswirtschaftsbericht der
Bundesregierung eröffnet. Clements Beitrag war davon
geprägt, Optimismus und Reformeifer zu verbreiten, ohne
euphorisch zu sein. Für Unionssprecher Friedrich Merz war die
Rede daher in erster Linie an Clements eigene Fraktion und Partei
gerichtet. Der Minister nutzte die Tarifeinigung in der
baden-württembergischen Metallindustrie in der vorangegangenen
Nacht dazu, diese als Beweis für die Bereitschaft der IG
Metall und der Arbeitnehmer zu mehr Flexibilität darzustellen.
Sie sei ein glänzender Einstieg in dieses Jahr des
"wirtschaftlichen Wiederaufstiegs für Deutschland".
Clement unterstrich, dass Deutschland die
"rote Wachstumslaterne" in Europa los geworden sei. Der
eingeschlagene Kurs stimme. Der Umbau der sozialen Sicherungsysteme
sei noch in vollem Gange. Nun gehe es darum, psychologisch die
Weichen für einen lang anhaltenden Aufschwung zu stellen. "Der
Anstieg kommt langsam, aber er kommt", resümierte der
Minister. Merz hielt Clement vor, er sei in der Einschätzung
der Lage zu optimistisch gewesen. Dies sei "ein Stück
Täuschung und auch ein Stück Selbsttäuschung
über die Bedingungen für einen möglichen
wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland". Zwar werde die
Bundesrepublik in diesem Jahr voraussichtlich die rote Laterne in
Europa abgeben. Sie sei aber weit davon entfernt, auch nur den
Durchschnitt der Wachstumsraten der übrigen EU-Mitgliedstaaten
zu erreichen. 27 Millionen sozialversicherungspflichtige
Beschäftigte seien für ein 82-Millionen-Einwohner-Volk zu
wenig. Es habe zwar 452.000 Unternehmensgründungen im Jahr
2003 gegeben, doch seien davon fast 250.000 staatlich
gefördert gewesen, betonte der Unionspolitiker. Im
Übrigen bezweifelte er, dass eine Ausbildungsplatzabgabe die
Situation auf dem Lehrstellenmarkt verbessern kann.
Der SPD-Abgeordnete Ludwig Stiegler
bezifferte dagegen die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in
Deutschland auf mehr als 38 Millionen, während es zu Zeiten
der Regierung Kohl meist nur 37 Millionen oder weniger gewesen
seien. 75 Prozent der Insolvenzen seien hausgemacht und damit ein
Problem der jeweiligen Unternehmer. Zur Ausbildungsplatzabgabe
sagte Stiegler, kein junger Mensch dürfe die Schule ohne
Ausbildung verlassen: "Wir dürfen nicht verlorene
Jahrgänge und Menschen in Warteschleifen zulassen." Eine
generelle Stundenlohnsenkung um 30 Prozent könne nicht das
Ziel sein. "Wir wollen ein Hochlohnland bleiben", bekräftigte
der Sozialdemokrat. Es könne nicht sein, dass die Manager nach
amerikanischen und die Arbeitnehmer nach chinesischen
Maßstäben bezahlt werden.
Rainer Brüderle (FDP) vermisste im
Jahreswirtschaftsbericht Vorschläge, wie die Ziele der
Regierung umgesetzt werden könnten. Ein wirtschaftspolitisches
Gesamtkonzept sei nicht zu erkennen. Das zu erwartende
"Miniwachstum" werde von der Weltkonjunktur geliehen, Grün-Rot
gebe sich mit den Brosamen der Weltwirtschaft zufrieden. Die
Ausbildungsplatzabgabe bezeichnete der Liberale als die
"Praxisgebühr für den Mittelstand". Sie sei teuer,
bürokratisch und bringe nichts. Brüderle vermutete, dass
die Regierung Schröder/Clement jetzt "Erfüllungsgehilfe
sozialdemokratischer Rückwärtsrollen" werde und nannte
dazu die Schlagworte Ausbildungsplatzabgabe,
Erbschaftsteuererhöhung und
Bürgerversicherung.
Werner Schulz (Bündnis 90/Die
Grünen) vertrat demgegenüber die Ansicht, dass solche
"heißen Eisen" angefasst werden müssten. Auch drehte er
den Spieß gegen die Opposition, als er sagte, es gebe zur Zeit
in keinem politischen Sachbereich eine Übereinstimmung
zwischen CDU und CSU. Als Beispiele nannte er den
Einkommensteuertarif, die Mehrwertsteuererhöhung, den
Subventionsabbau und die Gesundheitspolitik. Die wichtigste
Herausforderung sei jedoch die ökologische Modernisierung. Sie
biete beste Chancen für die deutsche Volkswirtschaft, um
Wettbewerbsvorteile zu erringen. Die Ökosteuer habe gezeigt,
wie viel man damit bewirken könne.
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