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Erik Spemann
Im Visier islamistischer Terroristen
Bayern: Innenminister Becksteins
Warnung
Bayerns Innenminister Günther Beckstein,
der immer wieder für Bayern als sicherstes Bundesland
bürgt, hat zu äußerster Wachsamkeit gegenüber
dem Terrorismus aufgerufen. In einer Regierungserklärung zur
Inneren Sicherheit vor dem Landtag verlangte er verschärfte
Maßnahmen und gesetzliche Bestimmungen zur Überwachung
potenzieller Gefährder sowie zur Ausweisung gewaltbereiter,
extremistischer Ausländer. Die Opposition stimmte zwar mit
Beckstein darin überein, dass Deutschland - derzeit "nur"
Ruhe- und Vorbereitungsraum international operierender Terroristen
- auch Ausführungsraum von Gewalttaten werden könne. Doch
kontroverse Ansichten gab es vor allem bei den zu ergreifenden
Gegenmaßnahmen.
Deutschland sei im Visier islamistischer
Terroristen, warnte Beckstein. Nach seinen Angaben lebten allein in
Bayern zwischen 300 und 500 gewaltbereite Islamisten, davon seien
mehr als 50 namentlich bekannt und stünden im Verdacht, in
Kontakte zum internationalen Terrorismus zu stehen.
Der Minister versicherte, dass Bayern alles
unternehme, um diese potenzielle Gefährdung zu
überwachen: "Wir sind die Marktführer in Sicherheit",
unterstrich Beckstein, doch das sei keine Garantie im Fall von
Organisationen wie Al Qaida. Bei allen Polizeipräsidien im
Freistaat seien besondere Aufbauorganisationen zur "Aufklärung
krimineller islamistischer Strukturen" (AKIS) eingerichtet worden,
bei denen Polizei, Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft und andere
Sicherheitsbehörden eng zusammenarbeiteten. Zudem sei ein
Strategisches Innovationszentrum der bayerischen Polizei (SIZ) als
Wissensverbund von hochqualifizierten Akademikern und
Polizeipraktikern eingerichtet worden, das über eine
ausgewiesene Islamismusexpertin verfüge.
"Erhebliche Defizite" bei der
Terrorismusbekämpfung sieht der bayerische Innenminister
hingegen auf Bundesebene. Das Schließen der
Sicherheitslücken sei überfällig und gehöre
auch zu den wesentlichen Punkten der Verhandlungen zum
Zuwanderungsgesetz. Zu den wichtigsten Forderungen Becksteins
gehört die Möglichkeit, gewaltbereite extremistische
Ausländer, die eine Sicherheitsgefahr für Deutschland
bildeten, konsequent auszuweisen: "Wir können nicht warten,
bis aus Schläfern Täter werden." Für eine Ausweisung
müsse genügen, "dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen,
dass der Betroffene einer Vereinigung angehört oder eine
Vereinigung unterstützt, die Bestrebungen des Terrorismus
verfolgt".
Beckstein nannte es grotesk, dass
beispielsweise der Marokkaner Mzoudi, gegen den der
Generalbundesanwalt Anklage unter anderem wegen Beihilfe zum Mord
bei den Anschlägen in USA erhoben habe, wieder auf freiem
Fuß sei und allenfalls ausgewiesen werden könne, weil er
als Bummelstudent die vorgegebene Studienzeit überschritten
habe.
Kritik ließ der Minister an einem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts anklingen, das dem Schutz der
Privatsphäre Vorrang einräumt und den Lauschangriff
erheblich einschränkt: "Die Terroristenwohnung darf nicht
heiliger sein als das Menschenleben von Tausenden Unschuldigen."
Beckstein machte dabei öffentlich, dass der im vergangenen
Jahr von Neonazis geplante Sprengstoffanschlag auf das neue
jüdische Gemeindezentrum in München eben durch einen
inzwischen nicht mehr möglichen Lauschangriff im privaten
Bereich bekannt geworden und vereitelt worden war. Bei einem
"Gespräch im Familienkreis" sei herausgekommen, dass es in der
Wohnung Sprengstoff im Kilobereich gegeben habe.
Beckstein verlangte zur Abwehr von
Terrorgefahren die Ausweitung der Möglichkeiten,
Telekommunikation zu überwachen. Auf bayerischer Ebene
kündigte er eine Initiative zur Änderung des
Polizeiaufgabengesetzes an, durch die die bestehenden Lücken
geschlossen würden. Dabei sei zu prüfen, ob und inwieweit
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum "Großen
Lauschangriff" Auswirkungen haben müsse.
Weiter bekräftigte der CSU-Politiker die
Forderung nach einer Verfassungsänderung, um die Bundeswehr in
besonderen Gefährdungslagen im Inneren im Rahmen ihrer
spezifischen Fähigkeiten ergänzend zu Polizei und
Bundesgrenzschutz einzusetzen. Die Länder müssten die
Möglichkeit haben, im Falle terroristischer Bedrohungen - auch
unterhalb der Schwelle des Verteidigungs- oder Spannungsfalles -
auf die Bundeswehr zurückzugreifen, etwa beim Schutz ziviler
Einrichtungen oder bei drohenden Anschlägen durch biologische
oder chemische Giftstoffe. Ohne Bundeswehr sei auch kaum das
erforderliche Höchstmaß an Sicherheit bei der
Fußball-WM 2006 zu gewährleisten.
Der SPD-Abgeordnete Peter Paul Gantzer warf
Beckstein vor, erst die Angst vor einer wachsenden Bedrohung zu
schüren, um sich dann als Retter aufspielen zu können.
Hier werde das Spiel mit dem Sicherheitsgefühl getrieben,
indem Nebenkriegsschauplätze zu einer konkreten Bedrohung
gebündelt würden. Gantzer plädierte dafür, dass
von der seit langem bewährten Trennlinie zwischen
polizeilichen und militärischen Aufgaben nicht ohne Not
abgewichen werde. Sein Fraktionskollege Stefan Schuster kritisierte
heftig die drastischen Sparmaßnahmen der Staatsregierung auch
im Bereich der Inneren Sicherheit gerade in schwierigen Zeiten.
Damit habe die CSU die Marktführerschaft Bayerns in der
Inneren Sicherheit abgegeben. Durch die Verlängerung der
Arbeitszeit auf 42 Wochenstunden sei zudem die Motivation der
Polizeibeamten auf den Nullpunkt gebracht worden.
Die Grünen-Abgeordnete Christine Kamm
verwahrte sich gegen "eine symbolische Politik des Abbaus von
Grund- und Freiheitsrechten", die ebenso falsch wie unwirksam sei.
Statt dessen sollten die Sicherheitskräfte besser ausgebildet
und ausgestattet werden, um eine effektive und professionelle
Arbeit an den wirklich sicherheitsrelevanten Stellen leisten zu
können.
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