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Frank Brandmaier, John Grafilo (dpa)
SMS vom Präsidenten
Wahlkampf auf den Philippinen
Vor dem Gepiepse gibt es kein Entrinnen. Ob mitten im
infernalischen Verkehr der Hauptstadt Manila, in Kneipen oder
Büros - SMS, Textbotschaften übers Handy, sind
allgegenwärtig auf den Philippinen. Mit geschätzten 100
Millionen versandten Kurzmitteilungen pro Tag dürfte der
asiatische Inselstaat mit seinen 80 Millionen Einwohnern zur
weltweiten Spitze gehören. Grund genug für die Politiker
des Landes, angesichts der nahenden Präsidentenwahl am 10. Mai
die Technik für ihre ganz eigenen Zwecke einzuspannen: Neben
Plakaten, Fernsehspots und Kundgebungen hat sich SMS in ihren
Kampagnen inzwischen einen festen Platz erobert.
Junge Wahlhelfer hauen in die Tasten
"Mobiltelefone sind ganz bestimmt Teil unseres Wahlkampfes",
sagt etwa Präsidentschaftskandidat Panfilo Lacson. Auch
Mitbewerber Raul Roco setzt auf's Handy bei der Stimmenwerbung.
Junge Wahlhelfer sollen dafür auf die Tasten hauen: "Es ist
diese SMS-bewusste Gruppe, die Millionen von Wählern an der
Basis für Raul Rocos Kampagne mobilisieren kann", lässt
sein Wahlkampfbüro wissen. Günstig für die
Politiker: Anders als bei Rundfunkspots hat die Wahlkommission
keinen Einfluss auf die Inhalte. "Wir sind sicher, dass in diesem
Wahlkampf immer mehr Kandidaten diese Technologie nutzen, um mit
den Wählern zu kommunizieren", sagt Jonathan Malaya, Redakteur
des politischen Magazins "Liberal Philippines".
Geradezu im Sturm hat die Mobilfunktechnologie das Land der
7.000 Inseln erobert. Inzwischen soll es auf den Philippinen mit
über 21 Millionen mehr Handybenutzer als
Führerscheinbesitzer geben. Entsprechend hat Macht, wer das
Netz kontrolliert, glauben Branchenkenner wie Rolando Benzon. "Wer
hier einen Staatsstreich vorhat, muss schon einen Anschlag auf
Mobilfunkbetreiber unternehmen", sagt er. "Ein Anschlag auf eine
Fernseh- oder Rundfunkstation gehört eher in die
70er-Jahre."
Welchen immensen politischen Einfluss die kleine Textbotschaft
haben kann, zeigte sich erstmals im Januar 2001, als der Groll der
Bevölkerung gegen den damaligen Präsidenten Joseph
Estrada auf den Siedepunkt zuging. Zehntausende von Menschen wurden
damals per SMS aufgefordert, an Demonstrationen in Manila gegen den
Ex-Schauspieler teilzunehmen. Am Ende wurde Estrada von den Massen
und mit Unterstützung des Militärs aus dem Amt gejagt.
Analysten sind sich sicher, dass die mobilen Kurzmitteilungen ein
Sargnagel für die politische Karriere des Staatsoberhaupts
waren.
Verwirrung von nationalem Ausmaß
Nicht selten allerdings hat der unkontrollierte SMS-Strom schon
für Verwirrung von nationalem Ausmaß gesorgt. Als
beispielsweise am 1. April 2000 die Nachricht vom angeblichen Tod
des Papstes auf den vorwiegend katholischen Philippinen landauf
landab die Runde machte, ging auf die Kirche eine Sturzflut von
Anrufen besorgter Gläubiger nieder. Im diesjährigen
Wahlkampf sorgte ein per Textnachricht verschicktes Gerücht
für große Unruhe, demzufolge sich eine Kandidatin
für das Amt des Vizepräsidenten gegen bitter nötige
Gehaltsaufbesserungen für Lehrer ausgesprochen haben soll.
Der größte Mobilfunkbetreiber auf den Philippinen,
Smart Telecommunications, ist dementsprechend nicht so recht
glücklich, dass die Textnachrichten zunehmend zu einem
politischen Instrument werden. "Unerwünschte Mitteilungen
können auch eine negative Reaktion bewirken", warnt
Smart-Sprecher Ramon Isberto. "Plötzlich werden keine
Sympathien erzeugt, sondern die Leute werden richtig sauer."
Frank Brandmaier, John Grafilo, dpa
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