Claudia Heine
Steuerkonzepte der Union umstritten
SPD und Grüne kritisieren Pläne als
nicht finanzierbar und sozial ungerecht
Die Vorstellungen der Unionsparteien für eine Reform des
Steuerrechts stoßen bei der rot-grünen Koalition auf
scharfe Ablehnung. In der Bundestagsdebatte am 29. April über
das "Konzept 21" von CDU/CSU warf der SPD-Finanzexperte Joachim
Poß der Union vor, "abenteuerliche" Pläne zu verfolgen.
Friedrich Merz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union,
warb dagegen ebenso wie Bayerns Finanzminister Kurt Falthauser
(CSU) nachdrücklich für das Unions-Modell, das eine tief
greifende Reform des deutschen Steuersystems vorsieht.
Merz forderte zu Beginn der Debatte eine grundlegende
Vereinfachung der Einkommenssteuer, da diese "nicht mehr aus sich
selbst heraus verständlich" sei. Zu einer solchen
Vereinfachung gehöre auch, dass "Ruhe und Beständigkeit"
in die Gesetzgebung zurückkehren, sagte Merz. Nur durch
Planungssicherheit könnten Investitionsanreize und somit die
Voraussetzungen für eine "Rückkehr zu Wachstum und
Beschäftigung in Deutschland" geschaffen werden. Zugleich
müssten die Steuern weiter gesenkt und die Bemessungsgrundlage
erweitert werden. Nach wie vor gebe es in der Bundesrepublik "viel
zu hohe Steuersätze". Trotz der Bemühungen der
rot-grünen Koalition in den vergangenen Jahren sei Deutschland
immer noch ein "Hochsteuerland", in dem die Unternehmenssteuern
"mit die höchsten" seien, sagte Merz.
Das Konzept der Union sieht als Sofortmaßnahme vor, den
Eingangssteuersatz auf zwölf Prozent und den Spitzensteuersatz
auf 36 Prozent zu senken. Gleichzeitig sollen
Steuervergünstigungen vermindert oder aufgehoben werden.
Insgesamt sollen die Steuerzahler damit um 10,5 Milliarden Euro
entlastet werden.
Die SPD kritisierte das Modell als nicht finanzierbar und sozial
ungerecht. Die Parlamentarische Staatssekretärin beim
Finanzminister Barbara Hendricks (SPD) betonte in der Debatte, dass
die Pläne zu "enormen" Steuerausfällen führen
würden, was den öffentlichen Haushalten derzeit nicht
zugemutet werden könnte. Außerdem würden dabei
Spitzenverdiener überproportional entlastet, während "die
kleinen Leute die Zeche" zahlen müssten.
Quoten im EU-Vergleich
Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf der Union eine
ungerechte und unseriöse Steuerpolitik vor. Mit ihren
Plänen verabschiede sich die CDU/CSU von dem Konsens, die
Menschen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu
besteuern. Im Hinblick auf die EU-Osterweiterung betonte Poß,
ein Steuerwettlauf, der sich am Niveau der baltischen Länder
orientiere, sei der "falsche Weg". Deutschland sei kein
Hochsteuerland, sondern habe im Jahr 2002 mit 21,7 Prozent die
niedrigste volkswirtschaftliche Steuerquote der EU gehabt. "Wir
brauchen eine auskömmliche Steuerquote, um Leistungen
finanzieren zu können", sagte er. Ähnlich argumentierte
auch die Vorsitzende des Finanzausschusses, Christine Scheel
(Bündnis 90/Die Grünen). Sie plädierte im
Zusammenhang mit der EU-Erweiterung für einheitliche
Mindeststeuersätze in allen Ländern.
Bayerns Finanzminister Kurt Falthauser verwies darauf, dass die
Union im Gegensatz zur Bundesregierung ein Konzept für eine
grundsätzliche Steuerreform vorgelegt habe. Er betonte im
Hinblick auf die Steuersenkungen die Notwendigkeit einer
stärkeren Eigenvorsorge der Bevölkerung in den
Sozialsystemen. Für deren Finanzierung bräuchten die
Bürger mehr finanzielle Spielräume.
Der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele begrüßte,
dass nach seiner Fraktion auch die Union die Notwendigkeit erkannt
habe, das Steuersystem zu vereinfachen und die Steuersätze zu
senken. Kritik übte er jedoch an der schrittweisen
Einführung dieser Pläne. Er forderte eine "Gesamtreform"
- "am besten noch heute". Claudia Heine
Debattendokumentation auf den Seiten 21-23
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