Martin Peter
Rechnungshof kritisiert Senat
Berlin: Verschwendung in
Milliardenhöhe
2,3 Milliarden Euro muss das Land Berlin allein
im laufenden Jahr für seine 53 Milliarden Euro Schulden an
Zinsen aufbringen. Im Jahr 2007 werden es schon drei Milliarden
Euro sein. Angesichts dieser dramatischen Entwicklung, die ja den
rot-roten Senat inzwischen das Bundesverfassungsgericht hat anrufen
lassen, um vom Bund eine spürbare Entschuldungshilfe zu
erhalten, ist eine besonders sparsame Ausgabenpolitik
selbstverständlich. Doch der Präsident des
Landesrechnungshofes, Jens Harms, wirft nun dem Senat vor, nach wie
vor mit dem Sparen nicht wirklich ernst zu machen.
Wenigstens nicht im Jahr 2002, für das
nun der Prüfungsbericht des Landesrechnungshofes vorgelegt
hat. Ganze 1,2 Milliarden Euro sind danach vom Senat sinnlos
ausgegeben worden. Ein Betrag also, der keineswegs zu
vernachlässigen ist. Vor allem bemängelt der
Landesrechnungshof, dass Berlin noch immer im Vergleich zu anderen
Städten und Ländern zu viel öffentliches Personal
beschäftigt. Konkret: Die zwölf Berliner Bezirke kommen
auf insgesamt 43.000 Bedienstete. Das sind aus der Sicht des
Landesrechnungshofes 5.000 zu viel. Allein auf diesem Feld
könnten vom Senat jährlich 200 Millionen Euro eingespart
werden. Was wiederum die Zahl der Arbeitslosen weiter in die
Höhe treiben würde.
Interessant ist dabei aber auch ein
innerstädtischer Vergleich. So kommen etwa im Stadtbezirk
Treptow-Köpenick auf 1.000 Einwohner 11,16 öffentlich
Bedienstete. Im Stadtbezirk Neukölln dagegen nur 7,77 Stellen.
Im Stadtbezirk Pankow sorgen sich 10,29 öffentlich Bedienstete
um jeweils 1.000 Einwohner.
Geplante Investitionen
Kritisch nimmt der Präsident des
Landesrechnungshofes die geplanten Investitionen des Landes unter
die Lupe, die bis zum Jahr 2006 auf 1,6 Milliarden Euro sinken
sollen, weil Finanzsenator Thilo Sarrazin keinen Spielraum mehr in
seiner Haushaltsplanung sieht. Die Folgen werden sich sehr bald
auch am baulichen Zustand der öffentliche Gebäude des
Landes zeigen. In wenigen Jahren werden die Aufwendungen für
die Renovierung beziehungsweise Sanierung um ein Mehrfaches teurer.
Diese Langzeitwirkungen werden aus der Sicht des
Landesrechnungshofes zu wenig beachtet.
Nicht gut kommen die Berliner Wasserbetriebe
(BWB) im Bericht des Landesrechnungshofes für das Jahr 2002
weg. Diese haben seit 1996 ohne Prüfung von wirtschaftlichen
Alternativen 587 Millionen Euro für das
Müllverwertungszentrum Schwarze Pumpe im Süden Berlins
aufgebracht und weitere 100 Millionen Euro in die Erweiterung
gesteckt - um es zwischenzeitlich für einen Euro zu verkaufen.
Dennoch steckt die Schwarze Pumpe in der Insolvenz und soll nun
durch Landesdarlehen von Brandenburg und Sachsen vor dem
endgültigen Aus gerettet werden.
Mehr noch, so der Landesrechnungshof: Die BWB
haben das Klärwerk Falkenberg unnötigerweise stillgelegt
und eine knapp 130 Millionen Euro teure Abwasserdruckleitung in ein
anderes Klärwerk gelegt. Dadurch sei eine Fehlplanung in
Höhe von 127 Millionen Euro entstanden.
Kritik des Landesrechnungshofes muss auch
Bildungssenator Klaus Böger (SPD) einstecken, der nicht
kontrolliere, was eigentlich mit den 250 Millionen Euro Zuschuss an
die privaten Kindertagesstätten geschehe. Nach Stichproben des
Landesrechnungshofes seien viele Zuschüsse zu hoch oder nicht
sachgerecht gewesen. Viele Millionen Euro hätte Böger bei
einer ordentlichen Kontrolle der Zuschüsse zurückfordern
können.
Schlamperei auch bei der Technischen
Universität, die für Fassadenarbeiten 7,8 Millionen Euro
aufwandte. Allerdings unterließ es die Verwaltung der TU, vor
Ablauf von Gewährleistungsfristen noch einmal den Zustand der
Fassaden zu überprüfen. Viele Arbeiten waren fehlerhaft
und mussten nachgebessert werden. Es entstanden Kosten von rund 1,2
Millionen Euro.
Die Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG), die
pro Jahr vom Land Berlin rund 420 Millionen Euro Zuschuss
erhält, hätte ebenfalls viel Geld sparen können,
wenn sie nicht über Gebühr viele Angestellte über
Tarif bezahlt hätte. Auf der einen Seite sparte die BVG
innerhalb von neun Jahren 44 Prozent ihres Personals ein und
erhöhte zugleich die Zahl der leitenden Angestellten von acht
auf 83. Auch könnte die BVG nach Meinung des
Landesrechnungshofes rund 15 Millionen Euro im Jahr sparen, wenn
sie weniger großzügig mit stark ermäßigten
Jahrestickets für ihre Mitarbeiter und Angehörige sowie
Ruheständler umgehen würde.
Müssen die Springbrunnen sowie die
Sport- und Friedhofsanlagen unbedingt mit Trinkwasser versorgt
werden oder reichen dazu nicht auch die Verwendung von Grund- und
Regenwasser aus? Auf diese Weise könnten von den 2,5 Millionen
Euro erhebliche Summen eingespart werden - selbst unter der
Voraussetzung, dass zunächst neue Anlagen installiert werden
müssen. Immerhin kommt der Landesrechnungshof auf eine
Einsparsumme von 400.000 Euro. Pro Jahr.
Die Zahl der falschen und teuren
Entscheidungen des Senats beziehungsweise der öffentlichen
Verwaltung, die der Landesrechnungshof in seinem Bericht
aufführt, ist recht umfangreich. So erhielten zwei private
Theater ohne ausreichende Prüfung Darlehen über eine
Million Euro, die wohl nie zurückgezahlt werden.
Obwohl im Jahr 2002 knapp 6.000 Mitarbeiter
im Überhang-Stellenpool des Landes vorhanden waren, wurden
Ende 2001 und im Herbst 2002 von den Bezirken knapp 360 Mitarbeiter
für die Durchführung von Wahlen zeitlich befristet
eingestellt. Insgesamt mussten die zwölf Bezirke dafür
1,8 Millionen Euro ausgeben. Zu viele Vorarbeiter gibt es in den
Werkstätten der Feuerwehr, obwohl nach wie vor die
auszuführenden Arbeiten von Meistern kontrolliert werden.
Würde man zu einer tatsächlich notwendigen Bezahlung
zurückkehren, könnten allein hier 250.000 Euro im Jahr
eingespart werden.
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