Simone Hummel, dpa
Rauchen ist nichts für Gebildete
Weltnichtrauchertag: "Tabak und Armut - ein
Teufelskreis"
Mehr als 100.000 Menschen haben in New York innerhalb eines
Jahres mit dem Rauchen aufgehört. Hauptgründe dafür,
dass etwa jeder zehnte Raucher vom Glimmstängel abließ,
sind erhöhte Zigarettenpreise und ein Qualmverbot in Kneipen.
Das zumindest berichtet die "New York Times" mit Verweis auf eine
Umfrage der Stadt. Die hatte die umstrittenen Gesetze im Jahr 2003
erlassen. Entscheidend für den Einzelnen aufzuhören, ist
aber ganz klar der eigene Wille, darin sind sich die Experten
einig. Der Staat könne dies jedoch unterstützen.
Unter allen Männern von 18 bis 59 Jahren rauchen in
Deutschland 39 Prozent. 26 Prozent der Männer dieser
Altersgruppe sind Ex-Raucher, 35 Prozent haben gar nicht erst mit
dem Rauchen angefangen, wie aus dem Bundes-Gesundheitssurvey vom
Jahr 2000 hervorgeht. Von den Frauen in dieser Altersgruppe sind
etwa 55 Prozent Nie- und knapp 20 Prozent Ex-Raucherinnen.
Insbesondere gut ausgebildete Menschen kommen von ihrer Sucht los
oder fangen gar nicht erst an. Umgekehrt rauchen zunehmend sozial
benachteiligte Menschen. Daher hat die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) den Weltnichtrauchertag am 31. Mai 2004 unter das Motto
"Tabak und Armut - ein Teufelskreis" gestellt.
Menschen in ärmeren Haushalten geben laut WHO im Schnitt 4
bis 5 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Tabak aus.
In China rauchen Menschen ohne Schulbildung sieben Mal
häufiger als solche mit College-Abschluss. Wenn in Bangladesch
zwei Drittel des für Zigaretten ausgegebenen Geldes in
Nahrungsmittel investiert würden, könnten dort mehr als
zehn Millionen Menschen vor dem Hungern bewahrt werden. Auch in
Deutschland rauchen nach Auskunft des Deutschen
Krebsforschungszentrums Heidelberg (DKFZ) besonders viele
ärmere und wenig gebildete Menschen: Unter den 18- bis
19-Jährigen mit Hauptschulabschluss beträgt der
Raucheranteil 64 Prozent, bei den gleichaltrigen Gymnasiasten sind
es 39 Prozent.
Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts habe eher die Oberschicht
geraucht, erläutert die Leiterin des deutschen WHO-Zentrums
für Tabakkontrolle, Martina Pötschke-Langer. Um 1950, als
es die ersten Studien zum Zusammenhang von Lungenkrebs und Rauchen
gab, habe sich der Anteil allmählich umgedreht. Grund:
Gebildete erfahren mehr über Gesundheitsfolgen und nehmen das,
was sie gelernt haben, ernster. Pötschke-Langer plädiert
daher für staatliche Einschnitte und gezielte Kampagnen in
Boulevardzeitungen oder Fernsehprogrammen für sozial
Benachteiligte.
Bei einer Preiserhöhung für Zigaretten um 10 Prozent
lassen einer Studie der Weltbank zufolge 4 Prozent der Raucher vom
Glimmstängel ab. "Bei Jugendlichen und einkommensschwachen
Menschen sind es sogar 13 Prozent", sagt Pötschke-Langer mit
Verweis auf die Studie. "Tabaksteuererhöhung ist das
geeignetste Mittel überhaupt, um insbesondere Jugendliche und
einkommensschwache Menschen vom Rauchen abzubringen - auch wenn die
Steuererhöhung gestückelt wird, wie in Deutschland."
Zweitbestes Mittel seien rauchfreie Arbeitsplätze. "Es
vergeht vielen die Lust am Rauchen, wenn sie in einer rauchfreien
Umgebung arbeiten dürfen. Die Menschen rauchen dann auch oft
abends nicht mehr." Als drittes nennt die Expertin, die auch
Medizinerin am DKFZ ist, ein Verbot der Tabakwerbung. "Als
Einzelmaßnahme kann es eine Konsumreduktion von 8 Prozent
innerhalb von zehn Jahren bewirken."
Die beste Art aufzuhören ist laut Pötschke-Langer die
so genannte Schlusspunktmethode und nicht die allmähliche
Reduktion der Kippen. "Man muss sich ganz klar auf einen Tag
festlegen." Der sollte nach DKFZ-Angaben innerhalb der kommenden
zwei bis drei Wochen liegen. Damit arbeite auch die
Verhaltenstherapie. "Eine Kombination aus Verhaltenstherapie und
Nikotinersatzpräparaten stellt die erfolgreichste Methode dar,
wird aber am wenigsten wahrgenommen", sagt Pötschke-Langer.
Die Erfolgsrate betrage 30 bis 35 Prozent. Die Methode sei auch
eine Investition in die finanzielle Zukunft. Denn ein Jahr
täglich eine Schachtel Zigaretten zu kaufen, koste 1.300
Euro.
Die meisten Ex-Raucher haben im Alter von 25 bis 45 Jahren mit
dem Rauchen aufgehört. "In dem Alter finden viele es
lästig, permanent eine Zigarette zu benötigen",
erläutert Pötschke-Langer. Weitere Tipps: Aschenbecher
und Feuerzeug verbannen, möglichst verschiedene Säfte
trinken, Sport treiben, sich mit dem gesparten Geld kleine oder
größere Wünsche erfüllen.
Die kostenlose Broschüre: "Ja, ich werde rauchfrei"
können Interessierte bestellen bei der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,
51101 Köln; unter der Fax-Nummer: 0221 8 99 22 57
oder per E-Mail: order@bzga.de, Internet: www.bzga.de
Zurück zur
Übersicht
|