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Detlev Lücke
...aufgekehrt
Wenn dem Berliner Schloss und seinen Bewohnern Ungemach drohte,
tauchte in seinen Mauern die so genannte Weiße Frau auf, ein
Schloss-gespenst der besonderen Art. Es soll sich um die
schöne Spandauer Gießerin Anna Sydow gehandelt haben, die
aus Rache herumspukte, weil sie vom Kurfürsten Joachim dem
Zweiten zu Unrecht eingesperrt worden war.
Ob sich die Zahnärztinnen und Zahnärzte, von denen
manche zu Recht als "Traum in Weiß" adoriert werden
könnten, auch an die herumgeisternde Anna gedacht haben, als
sie jetzt beschlossen, in den Berliner Zahnarztpraxen
Sammelbüchsen für den Wiederaufbau der Schlossfassade
hinzustellen? In Fassadenkosmetik hat das Gewerbe einen soliden Ruf
- welcher Brücken- und Kronenträger wüsste es nicht
zu rühmen? Und ist es nicht besonders nett von den Dentisten,
helfend einzuspringen, wo die Berliner Finanzen sowieso auf dem
Zahnfleisch gehen?
Während die Berliner Zahnklempner gemeinsam mit ihren
Patienten die Zähne zusammenbeißen wollen, um das
Stadtschloss zu retten, das der Kommunist Ulbricht im Kampf gegen
den preußischen Adel (Auge um Auge, Zahn um Zahn) einst brutal
abreißen ließ, hat der BDI seine Jahrestagung im Skelett
des Palastes der Republik angekündigt. Begründung: Nur
dort gebe es Platz für die erwarteten 1.500 Teilnehmer.
Unternehmer in die Volkskammer! Währenddessen wachen die
chinesischen Tonkrieger im Palast, dass alles seine Ordnung hat.
Weshalb der BDI nur nachts vorbereiten darf, damit zur Tagung
technisch alles klar geht. Ob man bei der Arbeit schon mal die
Weiße Frau gesichtet hat? Ein Gespenst geht um in Europa, oder
so?
Der Ort scheint seine Tücken zu haben. Einerseits wird
gesammelt, um aus den Fundamenten wieder das alte Schloss in die
Höhe zu kriegen. Andererseits ist genug Geld da, um eine Ruine
an der Spree mit neuem Leben zu erfüllen. Oder wollten die
Ausbeuter, wie sie von den Erben Marxens genannt wurden, bloß
einen symbolischen Sieg über die einstigen roten Herrschaften
des Palastes feiern? Talkshows, erbarmt euch dieses Themas, das das
ganze Land interessiert.
Stehen eigentlich schon Sammelbüchsen in den Praxen der
HNO-Ärzte, um den von der Schließung bedrohten Flughafen
Tempelhof zu retten? Wer bittet uns um Geld für die Sanierung
der von Schlaglöchern übersäten Straßen der
Hauptstadt? Auch die Intendanten der Opernhäuser sollten sich
um originelle Geldbeschaffungsaktionen kümmern.
Überteuerte Eintrittskarten reichen nicht. Und wie sieht es
bei Hertha BSC aus? Sportärzte, greift zu den
Blechbehältern!
Als Kurt von Burgdorff 1651 der Weißen Dame im Stadtschloss
begegnete, rief er tapfer: "Du alte sakramentische Hure, hast du
noch nicht genug Fürstenblut gesoffen, willst du noch mehr
haben?" Die so Angesprochene nahm ihn am Schlafittchen und warf ihn
die Treppe runter, dass ihm laut die Rippen krachten. Gespenstische
Überraschungen in Berlin, damals wie heute. Detlev
Lücke
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