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Sandra Schmid
Die Kraft der Argumente
Hochschul-Debattiermeisterschaft
Sie reden von Gewinn - ich lieber von Verlust. Nämlich vom
Verlust unserer Kultur. Die ist nämlich kein Bonus, nein, sie
gehört zum Menschsein dazu!" Der Philosophiestudent Simon
Herrmann umklammert mit beiden Händen das Rednerpult, der
graue Anzug wirft Falten um die Schultern. Für den
25-jährigen Mainzer ist klar: Nicht Gates, sondern Goethe ist
wichtiger für die Schulbildung der Zukunft.
So lautet das Thema im Finale der 4. Deutschen
Hochschul-Debattiermeisterschaft, die am Sonntag, 13. Juni, in Bonn
stattfand. "Wir brauchen Werte, keine technokratische Ausbildung",
meint Herrmann und weist mit einer kurzen Geste den Einwand des
Gegners ab. Der hat die Einführung von Informatik-Gymnasien
gefordert, um sich den Erfordernissen einer globalisierten Welt
anzupassen. Wie Simon Herrmann haben sich noch sieben weitere
Studenten aus Tübingen, Heidelberg und Mainz ins Finale
debattiert. Unter den Schwingen des Bundesadler treten sie nun im
Wasserwerk, das von 1986 bis 1992 als Plenarsaal des Bundestags
diente, gegeneinander an.
Aufgerufen zu diesem studentischen Redewettstreit haben der
Debattierclub der Universität Bonn und die "Die Zeit". Deshalb
ist auch Theo Sommer, früherer Herausgeber der Wochenzeitung
nach Bonn gereist, um sich spaßeshalber mit dem ehemaligen
Arbeitsminister Minister Norbert Blüm rhetorisch zu
duellieren. "Ist Entwicklungspolitik Neokolonialismus?" heißt
das Thema. Und während die Jurys über die Gewinner der
studentischen Meisterschaft beraten, beweisen die beiden Altmeister
ihre Fähigkeiten. Besonders der frühere Minister zeigt
sich leidenschaftlich: Unter dem Beifall des vollbesetzten
Wasserwerks prangert er mit hochrotem Kopf Kürzungen bei der
Entwicklungshilfe als zynisch an. "Das wäre ja so, als riefe
ich einem Ertrinkenden zu, ich könne ihm einen guten
Schwimmlehrer empfehlen", empört sich Blüm und mahnt mehr
Moral an.
Damit liegt er auch ganz auf der Linie des frisch gekürten
Debattiermeisters Simon Herrmann: "Wichtiger ist es, moralische
Werte zu vermitteln, als was ein Gewinn-Maximum ist." Neben
Herrmann gewannen als Team: die Heidelberger Jura-Studenten Jan
Lemnitzer und Christian Gollner.
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