Hartmut Hausmann
EVP und SPE sicherten das Gros
Die Schaltstellen im Parlament neu
besetzt
Mit der ersten Arbeitswoche ihrer Fraktionen
sind für die Europaabgeordneten die durch die Europawahlen und
die anschließenden konstituierenden Sitzungen verkürzten
Sommerferien am 23. August zu Ende gegangen. Nachdem die
Ausschüsse neu besetzt wurden, sind die Weichen für die
Gesetzgebungsarbeit der nächsten zweieinhalb Jahre gestellt.
Dabei ging der Vorsitz in den 20 ständigen Ausschüssen
acht Mal an die christdemokratische EVP und sieben Mal an die
Sozialdemokraten (SPE).
Während die Liberalen (LIB) immerhin
noch drei Präsidenten stellen dürfen, wurden die
Vereinigte Linke (VEL) ebenso mit nur einem Vorsitz abgespeist, wie
die Gruppe Europa der Nationen (EdN). Ganz leer gingen die unter
der Bezeichnung Unabhängige Demokraten (DU) firmierenden
Europagegner und die Grünen aus, wobei letztere aber
wenigstens noch den Vorsitz im Unterausschuss für
Menschenrechte erhielten.
Auffällig ist, dass sich das
Bündnis von EVP und SPE nahezu alle Ausschüsse sicherte,
die sich im weiteren Sinne mit Wirtschaftsfragen befassen. Nur die
Liberalen dürfen mit den Bereichen Verkehr und Fischerei etwas
mitreden. Von diesem 13 Ausschüsse umfassenden
ökonomischen Sektor sollen nach Auffassung der beiden
Fraktionsvorsitzenden Pöttering und Schulz vom Parlament in
den nächsten Jahren entscheidende Impulse für
Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ausgehen. Die
Entwicklungspolitik spielt in diesem Denken offenbar keine Rolle,
sie wurde der VEL überlassen.
Interessant ist dabei, dass die EVP mit
Karl-Heinz Florenz das in Zukunft vom Verbraucherschutz getrennte
Umweltressort übernahm. Damit soll verhindert werden, dass
durch unangemessene Umweltbürokratie der Wirtschaft
unnötige Kosten aufgehalst werden, wie Florenz erklärte.
An den hohen Umweltstandards wolle man aber nicht rütteln. Die
Besetzung und Neuausrichtung dieser Schlüsselposition richtete
sich gegen die bisherige strikte Kommissionspolitik unter der
Schwedin Wallström.
Der Verbraucherschutz wurde neu dem
Binnenmarktsbereich angegliedert, in dem der Labourabgeordnete
Phillip Whitehead präsidiert. Doch in Zukunft werden Florenz
und Whitehead entsprechende Kontrahenten ohnehin fehlen, denn
für Umwelt wird in der Kommission nun der Grieche Damos
zuständig sein, und für Verbraucherschutz Kyprianou aus
Zypern.
Einen ersten Riss trug die strategisch
angelegte Zusammenarbeit von EVP und SPE schon bei der Benennung
der Nachfolgerin der deutschen Vorsitzenden Randzio-Plath im
Wirtschafts- und Währungsausschuss davon. Die
ursprünglich angesetzte Wahl musste in letzter Minute
verschoben werden, weil die gesamte Konstruktion der Absprachen
zusammenzubrechen drohte.
Entgegen dem Willen der Fraktionsspitzen
hatten Abgeordnete von SPE, Liberalen, VEL und den Grünen die
Wahl der Slowakin Anna Zaborska von der EVP als Präsidentin im
Frauen- und Gleichstellungsausschuss boykottiert. Daraufhin drohte
die EVP ihrerseits, die Französin Pervenche Beres als
SPE-Kandidatin für den Wirtschaftsausschuss abzulehnen. Erst
nach einem Machtwort ihrer Führungsspitzen gelang die
planmäßige Besetzung dieser Komitees im zweiten
Wahlgang.
Doch glücklich sind die Christdemokraten
und Konservativen mit dieser Personalentscheidung keinesfalls. Denn
die zum linken Spektrum ihrer Partei zugerechnete Französin
ist Anhängerin der von der konservativen Regierung in Paris
verfochtenen Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung, mit
der ein Gegengewicht zu der allein auf Währungsstabilität
ausgerichteten Europäischen Zentralbank geschaffen werden
soll. Beres geht sogar noch einen Schritt weiter, sie möchte
die Zuständigkeit der Wirtschaftsregierung auch auf die
Sozial- und Steuerpolitik ausdehnen.
Einer der wenigen Abgeordneten, die ihren
Vorsitz unangefochten verteidigen konnten, ist der Deutsche Elmar
Brok (EVP), der weiterhin den Auswärtigen Ausschuss
präsidiert. Die weiteren von Deutschen geleiteten Gremien sind
der Ausschuss für konstitutionelle Angelegenheiten (Jo Leinen,
SPE) und der Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung
(Karl von Wogau, EVP).
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