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Detlev Lücke
...aufgekehrt
"Der" Osten demonstriert, er ist fremd, fremdenfeindlich,
rechts, faul, sucht Arbeit, gewinnt Goldmedaillen (10 von 14
deutschen) in Athen. Er ist das unbekannte Wesen schlechthin, und
jetzt - Leipziger und Ulmer Mediziner fanden es heraus - macht er
auch noch Westdeutsche, die nach "drüben" ziehen, depressiv.
Der Besserwessi mutiert, kaum dass er die innerdeutsche Grenze
passiert hat, zum Jammerossi. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie
"Migration in die Depression", an der auch der Leipziger Psychologe
und Soziologe Elmar Brähler, zuvor Südwestdeutschland,
beteiligt war.
Natürlich bleiben Fragen ungeklärt. Mussten die
Immigranten einen Asylantrag stellen? Wenn ja, wo und bei wem? Gilt
die Aussage nur für privat Übergesiedelte oder auch
für all die vielen klugen Professoren, Schuldirektoren,
Verwaltungsfachleute, Wirtschaftskapitäne, Gewerkschaftsbosse,
die nach der Wende in die Ex-DDR, vulgo Zone, zwangsverpflichtet
wurden? Wie steht es eigentlich um Parlament und Regierung, die
seit nunmehr fünf Jahren in "Dunkeldeutschland" (Michael
Jürgs) an der Spree wirken? Treffen auch für sie jene
Aussagen der bemerkenswerten Studie zu, dass der Umgewöhnungs-
und Anpassungsprozess die Westdeutschen psychisch mehr belaste als
die Ostdeutschen beim Wechsel in den Westen? Es würde manche
Entscheidung des Kabinetts der vergangenen Jahre besser
erklären.
Und jetzt diese niederschmetternden Gewissheiten. Die
lethargisch vor einem Bockwurstkiosk irgendeiner brandenburgischen
oder sächsischen Gemeinde Herumlungernden sind nicht die
allseits definierten Dumpfossis, sondern heimatlose
Rheinländer, Badener oder Ostfriesen. Da tut sich ein weites
Feld für weiterführende Feldforschung auf. Die Studie
teilt uns nämlich mit: "Die Westdeutschen scheinen um ihre
Situation zu wissen. Sie schätzen sich als missmutiger und
depressiver ein als die Ostdeutschen im Westen."
Was ist zu tun? Da wäre die Erderwärmung. Sie
könnte dazu führen, dass auch im Osten besseres Wetter
herrscht, vergleichbar dem frühen Frühling auf der Insel
Mainau. Sowas hebt die Stimmung. Da in dem Bericht außerdem
mitgeteilt wird, dass bei Westfrauen Niedergeschlagenheit,
Müdigkeit und Missmut deutlich stärker ausgeprägt
seien als bei Männern, brauchen wir spezielle
Trainingsprogramme für die Betroffenen. "Bei Studien zur
Befindlichkeit der Deutschen sollte zukünftig
berücksichtigt werden, wo in Deutschland die Befragten wohnen
und vor allem, wo sie aufgewachsen sind", so Brähler. Sage
mir, woher du kommst, und ich sage dir, warum du nicht lachst.
Ostdeutsche mopsen sich beim Kölner Karneval, Westdeutsche
leiden in der nordostdeutschen Triefebene. Es gibt viel zu tun,
packen wir es an, oder lassen wir es sein. Je nach Herkunft. Wie
soll es weiter gehen? Elmar Brähler, bitte melden Sie sich!
Detlev Lücke
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