|
|
Robert Luchs
Wer sich besser verkaufen kann, hat die Nase
vorn
Die Macht der bewegten Bilder: Werden Wahlen im
Fernsehen entschieden?
Der Siegeszug des Fernsehens hat die Verlagerung
der Macht von den Parteien auf die Medien verstärkt, weil es
Politikern eine hervorragende Plattform bietet. Durch erfolgreiche
TV-Auftritte können auch relativ unbekannte Politiker
bundesweit bekannt werden und ihre Prominenz als Grundlage ihres
Machtanspruchs in die Parteien einbringen. Schließlich
übt der Tenor der Nachrichten im Fernsehen vor der Wahl einen
größeren Einfluss auf die Wahlabsichten der Bürger
aus, als dies bisher angenommen wurde. Das sind Thesen des Mainzer
Publizistikwissenschaftlers Hans Mathias Kepplinger in seiner
jüngsten Wahlstudie.
Für die Untersuchung mit dem Titel
"Abschied vom rationalen Wähler" wurden über einen
Zeitraum von viereinhalb Jahren die Wahlberechtigten im
Rhein-Main-Gebiet insgesamt elf Mal nach ihren Vorstellungen von
der Lage des Landes, von der Fähigkeit der Parteien, Probleme
zu lösen, und nach der Persönlichkeit und Sachkompetenz
der Spitzenpolitiker befragt. Zugleich wurde die Darstellung der
Personen, Parteien und Probleme in den Fernsehnachrichten
untersucht, so dass der Einfluss des Fernsehens auf die Meinungen
und Wahlabsichten über einen langen Zeitraum festgestellt
werden konnte.
Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass die
Wähler sich am aktuellen Geschehen und dem Wesen der
Kanzlerkandidaten orientieren und bei der Wahlent-scheidung
rational ihren persönlichen Interessen folgen. Der
Kommunikationswissenschaftler Kepplinger stellt diese Sicht der
Dinge grundsätzlich in Frage: "Die meisten Wähler kennen
weder das aktuelle Geschehen noch die Kanzlerkandidaten aus eigener
Anschauung. Sie verhalten sich bei ihrer Wahlentscheidung vielfach
auch nicht rational. Viele haben Schröder als Kanzler gewollt,
obwohl sie Stoiber sachlich mehr zugetraut haben."
Kepplinger, Schüler und später
enger Mitarbeiter von Elisabeth Noelle-Neumann, hatte bereits in
den 80er-Jahren die bis dahin unterschätzte Macht des
Fernsehens, seine vielfältigen Darstellungstechniken und ihre
Wirkungen auf das öffentliche Erscheinungsbild von Politikern
analysiert. In seiner Mainzer Wahlstudie ist Kepplinger mit seinem
Assistenten Marcus Maurer den Fragen nachgegangen, wie die
handelnden Personen im Fernsehen dargestellt werden, wie die
Zuschauer mit der Darstellung umgehen und wie sich ihre medial
vermittelten Vorstellungen auf das Wahlverhalten
auswirken.
Kepplinger hat herausgefunden, dass die
Wähler bei der Präferenz für einen Kanzlerkandidaten
eher ihren Emotionen folgen als ihren Vorstellungen von den
Sachkompetenzen der Politiker. Deshalb ziehen die Wähler einen
Kandidaten, den sie sympathisch finden, aber nicht für
effektiv halten, einem Kandidaten vor, dem sie viel zutrauen,
jedoch keine Sympathie entgegenbringen. Das habe sich im Jahr 2002
bei der Kanzler-Präferenz besonders deutlich gezeigt.
Während des gesamten Wahljahres wurde dem Unionskandidaten
Edmund Stoiber erheblich mehr Sachkompetenz als dem SPD-Kandidaten
Gerhard Schröder zugeschrieben. Aber er genoss nicht so viel
Sympathie wie Schröder, der sich zudem im Fernsehen besser
"verkaufen" kann. Das gab letztlich den Ausschlag.
Für das Wahljahr 2002 macht dies
Kepplinger an einigen konkreten Beispielen deutlich. Die negative
Dar-stellung der Lage des Landes, verbunden mit einer deutlichen
Zuschreibung der Kompetenz an die Union und ihren
Kanzlerkandidaten, hatte gegen eine Wiederwahl der
Regierungskoalition gesprochen. Schröder und der SPD wurden in
den Nachrichten besonders häufig die Kompetenzen zur Senkung
der Arbeitslosigkeit und der Steuerlast abgesprochen. Infrage
gestellt wurden auch ihre Fähigkeiten zur Ankurbelung der
Wirtschaft und zur Bewahrung der inneren Sicherheit.
Vor diesem negativen Hintergrund hob sich die
Be-richterstattung über zwei Themen ab, nämlich die
Si-cherung der sozialen Gerechtigkeit und die Vertretung der
deutschen Interessen in der Welt. Es überrasche nicht, meint
Kepplinger, dass der SPD und Schröder im Fernsehen soziale
Kompetenz zugebilligt wurde. Dies sei auf die lange Tradition der
Sozialdemokratischen Partei zurückzuführen. Bemerkenswert
sei hingegen, dass den Sozialdemokraten in den Fernsehnachrichten
die Kompetenz zur Wahrung deutscher Interessen zugesprochen wurde.
In diesem Zusammenhang erinnert der Autor der Studie an die
ge-scheiterten Bemühungen der Regierung Schmidt um die
Nachrüstung und die "problematische Haltung" von Oskar
Lafontaine im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung. Dennoch
sei die Resonanz in den Fernsehnachrichten auf Schröders
Distanzierung von der Irak-Politik der USA positiv gewesen - mit
dementsprechenden Folgerungen für die Einstellung der
Wähler.
Kepplinger ergänzt: "Witzigkeit,
Schlagfertigkeit und die Fähigkeit, einen Sachverhalt in
Talkshows auf den Punkt zu bringen - diese Talente werden für
Politiker immer wichtiger." Guido Westerwelle sei deshalb an die
FDP-Spitze gekommen, so Kepplinger in einem Interview, weil er im
Fernsehen "besser rüberkommt" als Wolfgang Gerhardt. Bei den
Grünen sei Joschka Fischer auch ohne wichtiges Parteiamt der
Star, weil er medienwirksam auftritt. Angela Merkel verdanke ihre
heutige Position auch der Tatsache, dass sie im CDU-Spendenskandal
den Rückenwind der Medien hatte. Aber sie sei kein Medienstar
wie Schröder und müsse diesen Nachteil - wie früher
Helmut Kohl - durch eine starke Verankerung in der Partei
ausgleichen.
Kepplinger spricht von den zentralen
Qualifikationen eines Politikers als wesentliche Voraussetzungen
für die Machtausübung. Diese und die peripheren
Qualifikationen als entscheidende Bedingungen für erfolgreiche
Fernsehauftritte schlössen sich nicht aus. An den Beispielen
Helmut Schmidt und Helmut Kohl sei festzustellen, dass Politiker in
unterschiedlichem Maße über zentrale und periphere
Qualifikationen verfügten. Schmidt habe sich im Fernsehen auf
eindrucksvolle Weise als Kanzler präsentieren können, er
konnte aber nicht den Nachrüstungsbeschluss gegen den
Widerstand in seiner Partei verwirklichen. "Bei Schmidt bestand
eine Kluft zwischen der theoretischen Einsicht in das Notwendige
und der praktischen Fähigkeit, es zu verwirklichen,"
analysiert Kepplinger. Dies habe sich auch bei dem misslungenen
Versuch gezeigt, die Staatsfinanzen zu konsolidieren, woran er
letztlich als Kanzler gescheitert sei. In einer ähnlichen
Situation befinde sich "aus vergleichbaren Gründen" auch
Schröder. Kohl habe als Kanzler im Fernsehen weniger
eindrucksvoll gewirkt, konnte jedoch die Anerkennung der
Oder-Neiße-Grenze trotz des Widerstandes in seiner Partei
durchsetzen.
Durch den Siegeszug des Fernsehens haben die
von Kepplinger als peripher bezeichneten Qualifikationen heute
einen größeren Einfluss auf den Machtgewinn von
Spitzenpolitikern als früher. Dies gelte vor allem für
die nationale Ebene, treffe aber in abgeschwächter Form auch
auf regionale Bereiche zu. Dadurch hätten sich die Chancen von
Politikern mit ausgeprägten peripheren Qualifikationen zu
Lasten jener vergrößert, die stärker über
zentrale Qualifikationen verfügten.
Positive Fernsehnachrichten, so eine weitere
Erkenntnis aus der Untersuchung, vergrößern die
Zustimmung für eine Partei; als Faustregel könne gelten:
Aufgrund einer durchgehend positiven Berichterstattung gewinnt eine
Partei innerhalb von sechs Monaten rund zwei Prozent Anhänger.
Bei Fernsehnachrichten mit negativem Inhalt ist es nahezu
umgekehrt, hier verliert eine Partei in der gleichen Zeit rund
zweieinhalb Prozent ihrer Anhängerschaft.
Die Kanzlerkandidaten, heißt es in der
im Verlag Karl Alber (Freiburg/München) erscheinenden
Untersuchung, bewegen zusammen etwa 14 Prozent der
Wählerstimmen zugunsten ihrer Partei. Bei der jüngsten
Bundestagswahl hat Gerhard Schröder seiner Partei circa acht
Prozent an zusätzlichen Stimmen gebracht, Stoiber rund sechs
Prozent. Der Vorsprung von Schröder zu Stoiber betrug folglich
nur etwa zwei Prozentpunkte - diese haben dann allerdings die Wahl
2002 entschieden.
Aufgrund der intensiven Kritik unter anderem
in den Fernsehnachrichten - die Regionalzeitungen sind laut
Kepplinger die zweitwichtigste Informationsquelle - über die
Politik der ersten Regierung Schröder waren im November 1999
etwa zwei Drittel der Wähler davon überzeugt, dass die
SPD sie im Bundestagswahlkampf 1998 getäuscht hatte. Bei dem
Gefühl, im Wahlkampf getäuscht worden zu sein, habe es
sich nicht um eine kurzzeitige Aufwallung gehandelt, sondern um
eine dauerhafte Emotion. Im September 2002 waren von jenen, die
sich 1999 getäuscht gefühlt hatten, immer noch mehr als
zwei Drittel dieser Ansicht. Die entsprechenden Auswirkungen auf
das Wahlverhalten demonstrieren zugleich die Macht des Fernsehens,
die den Wähler unmittelbar beeinflussen kann.
Dabei stellt Kepplinger die Frage, weshalb
die rot-grüne Koalition trotz der dauerhaften
Enttäuschung weiter Teile der Wählerschaft die
Bundestagswahl 2002 knapp gewonnen hat. Ein wesentlicher Grund sei
gewesen, dass es am Ende des Wahlkampfes nicht mehr um die Parteien
ging, sondern nur noch um ihre Kandidaten. Damit hatte die CDU/CSU
einen großen Vorteil gegenüber der SPD
eingebüßt.
Ein weiterer wichtiger Grund war, dass die
Rentenpolitik als Hauptursache der Enttäuschungen nach der
Wahl 1998 im Wahlkampf 2002 keine nennenswerte Rolle gespielt hat.
Folglich sei, so der Publizistik-Professor, die noch vorhandene
Enttäuschung nicht effektiv wieder belebt worden. Damit habe
die Union eine weitere Chance nicht genutzt.
"Bedeutsamer als diese Gründe war jedoch
letztlich der Einfluss des Fernsehens, das Gerhard Schröder
trotz massiver Kritik an seiner Problemlösungskompetenz als
den alles in allem wesentlich akzeptableren Kanzlerkandidaten
präsentierte", unterstreicht Kepplinger.
Eine weitere Frage laute, welche Auswirkungen
der erneute Vorwurf des Wahlbetrugs nach der Bundes-tagswahl 2002
auf die künftigen Wahlchancen der SPD besitze. Eine erste
Vorstellung davon geben die Antworten der Wähler nach der Wahl
auf die Frage: "Fühlen Sie sich von der rot-grünen
Regierung im Wahlkampf getäuscht, nachdem erst jetzt das
tatsächliche Ausmaß der Defizite im Bundeshaushalt
bekannt geworden ist und Steuern wie Abgaben erhöht werden?"
Im Oktober 2002 äußerten 62 Prozent der Befragten, sie
fühlten sich getäuscht. Nur etwas mehr als ein Drittel
(35 Prozent) war nicht dieser Ansicht, und fast niemand (ein
Prozent) hatte keine Meinung. Die Umfrage wurde ein halbes Jahr vor
den Einschnitten in das Renten- und Gesundheitssystem
durchgeführt, die für Millionen direkt spürbar und
nach Meinung Kepplingers entsprechend lange in der Erinnerung
bleiben werden.
Wie viel Wahrheit kann man im Wahlkampf von
Volksparteien angesichts von unvermeidbaren und schmerzlichen
Reformen erwarten? Kepplinger beantwortet die hypothetische Frage
selbst: Sagen sie den Wählern die ungeschminkte Wahrheit,
werden sie nicht gewählt. Verschweigen sie die Wahrheit,
werden sie möglicherweise gewählt, jedoch abgestraft,
wenn die Parteien das Notwendige tun. Eine Aussage, die auch das
Dilemma der Regierung bei den Hartz-IV-Reformen treffend
beschreiben. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Parteien - wie
die 2002 etablierte rot-grüne Koalition - "von nahezu allen
meinungsbildenden Medien unterstützt und vorangetrieben
werden, weil die organisierten Interessen, gestützt auf das
Eigeninteresse der Boulevardmedien und des Fernsehens, jeden
Einschnitt als moralisch verwerflichen Angriff auf berechtigte
Besitzstände diskreditieren." Für den politischen Diskurs
im Wahlkampf verspreche dies nichts Gutes, für das politische
Handeln nichts Erfreuliches.
Die Wähler glauben, dass sie sich bei
ihren Urteilen über die Politiker und ihre Parteien sowie
über die aktuellen Probleme an der Realität orientieren.
Wenn sich die Darstellung eines Politikers im Fernsehen
ändere, glauben sie, der Politiker und sein Handeln
hätten sich geändert. Wenn die Zahl der Beiträge
über die Arbeitslosigkeit zu- oder abnimmt, halten sie die
Arbeitslosigkeit für ein mehr oder ein weniger drängendes
Problem. Kepplingers These: Tatsächlich orientieren sich die
Wähler jedoch nicht an der Realität, sondern an ihrer
Darstellung vor allem im Fernsehen. Dabei unterliegen die
Bürger einem Trugschluss; denn was sie für ein Urteil
über die Politiker selbst halten - ihre Sachkompetenz und ihre
Persönlichkeit -, ist tatsächlich ein Urteil anhand von
Realitätsdarstellungen, die gelegentlich mit der dargestellten
Realität wenig zu tun haben.
Der Mainzer Professor greift zum
überzeugenden Beispiel des Elbhochwassers, das den
Wählern als "Jahrhundertflut" erschienen sei. Sie seien davon
überzeugt gewesen, dass sie aufgrund der Bilder und
Filmaufnahmen von den reißenden Fluten und
über-schwemmten Feldern selbst über das Ausmaß des
Elb-Hochwassers urteilten und sie glaubten, dass sie sich aufgrund
der fernsehvermittelten Eindrücke von Poli-tikern selbst eine
Meinung über sie bildeten. Kepplin-ger kommt zu dem Schluss,
dass die Wähler die Dar-stellung für ein
maßstabgetreues Abbild der Realität halten, aus der sie
ihre Folgerungen ableiten. Sie sind überzeugt davon, dass es
sich dabei um eigene Ein-sichten handelt. Dabei erliegen sie, wie
Kepplinger es nennt, der "Illusion der autonomen Urteilsbildung".
Was die Bürger also für ein eigenständiges, selbst
entwickeltes Urteil über das aktuelle Geschehen halten, sei in
Wirklichkeit meist das kollektive Nachvollziehen von Folgerungen,
die sich aus der Art der medialen Darstellung ergeben.
Die Wähler seien paradoxerweise umso
mehr von ihrem eigenständigen Urteil überzeugt, je
zwingender es aus der Art der Darstellung folge. Die
Berichterstattung über das Elb-Hochwasser habe seinerzeit die
Frage nach der Schuld der Regierung an der schlechten Lage
weitgehend aus den Fernsehnachrichten ver-drängt. Über
die Ursachen des knappen Wahlsieges habe in der öffentlichen
Diskussion schnell Einver-nehmen bestanden. Danach beruhte die
Vorliebe für den amtierenden Kanzler auf seiner
Fernsehtauglichkeit, während die SPD ihren Erfolg vor allem
den Hilfszusagen der Regierung nach dem Hochwasser verdankte. Hinzu
kam noch die Kritik führender Sozialdemokraten an der Politik
der Vereinigten Staaten von Amerika, die sich entsprechend
auswirkte.
Der deutsche Wähler sei längst
nicht so rational, wie er es zu sein meine, und er binde sich nicht
mehr langfristig an eine politische Partei. Auch wenn 75 bis 80
Prozent der Wähler von sich behaupten, dass sie eine
langfristige Bindung haben, so ergeben die Befragungen der Mainzer
Wissenschaftler zwischen Frühjahr 1998 und Herbst 2002 ein
anderes Bild. Nur 42 Prozent der Wahlberechtigten blieben
nämlich bei ihrer ursprünglichen Parteibindung. Der
größere Teil aber hatte die angeblich langfristige
Bindung sogar mindestens zweimal geändert. Die Frage nach der
Par-teibindung erfasste dabei eher die politische Grund-haltung als
die Bindung der Wähler an eine spezifische Partei.
Kepplinger: "Wähler behaupten heute zum
Beispiel, sie würden gerne die FDP wählen und wären
schon immer FDP-Anhänger gewesen. Die wiederholte Befragung
der gleichen Person zeigt aber, dass sie vor einem halben Jahr
gesagt haben, sie wären schon immer CDU-Anhänger." Eine
Erklärung dafür sei weniger die Attraktivität
anderer Parteien als vielmehr die mangelnde Bindekraft der
bevorzugten Partei. Der Wähler, das unbekannte Wesen. Den
Parteistrategen bleibt es überlassen, ihre Schlüsse aus
dem Verhalten des wenig rationalen Wählers zu
ziehen.
In seiner Conclusio geht Kepplinger noch
einmal auf das Verhältnis zwischen Fernsehen und Wähler
ein und behauptet: Die meisten Zuschauer vergessen einen
Großteil dessen, was sie in den Fernsehnachrichten gehört
und gesehen haben, innerhalb von wenigen Minuten. Trotzdem beruhe
fast alles, was sie über das aktuelle Geschehen wissen, auf
den Medien, weil sie vor allem das behalten, was diese über
Tage und Wochen berichten. Das heißt: "Die Fernsehzuschauer
glauben und behalten nur einen Bruchteil dessen, was die aktuellen
Berichte des Fernsehens melden." Trotzdem beruhten die
Entscheidungen der meisten Wähler zu einem erheblichen Teil
auf den Gewissheiten, die die Medien und hier vor allem das
Fernsehen vermitteln. Dies alles sei, so Kepplinger, mit den
Grundannahmen von der Theorie des rationalen Wählers kaum
vereinbar.
Das Fernsehen und die meinungsbildenden
Zeitungen und Zeitschriften, die die notwendigen
Hintergrundinformationen liefern, prägen über Wochen und
Monate Schritt für Schritt die Sichtweisen von großen
Minderheiten, lenken dadurch deren wahlrelevante Folgerungen und
üben auf diese Weise einen moderaten, aber zwangsläufigen
Einfluss auf die einzelnen Wähler aus. Diese können dann
womöglich die Wahlen bei knappen Ausgangslagen entscheiden.
Wenn auch der größere Teil der Wähler durch seine
soziale Herkunft oder die politische Grundhaltung weitgehend
geprägt ist, so bewegt das Fernsehen nach Kepplingers These
den, wie er es nennt, beweglichen Teil der Wahlentscheidungen -
"und das gibt am Wahltag den Ausschlag."
Zurück zur Übersicht
|