bob
"Kontrolldienst" wird abgelehnt
Rechtsausschuss beim Juristentag in
Bonn
Recht. Auf fraktionsübergreifenden
Widerstand im Rechtsausschuss ist eine Bemerkung des
Präsidenten des 65. Deutschen Juristentages und ehemaligen
Richters am Bundesverfassungsgericht, Paul Kirchhof, gestoßen,
es sei zu überlegen, beim Bundestag eine Art "Kontrolldienst"
zu installieren. Dieser Dienst sollte Gesetzesvorhaben auf ihre
Praxistauglichkeit prüfen.
Von der SPD wurde der Vorstoß Kirchhofs
mit den Worten kommentiert, der "Kontrolldienst" sei ein Begriff,
der den Eindruck erwecke, "als sitze jemand über das Parlament
zu Gericht". Die Abgeordneten seien hingegen allein verantwortlich
und würden sich dieses Recht auch nicht nehmen
lassen.
Auf das Angebot Kirchhofs, neben dem -
ohnehin eingeladenen - Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse
(SPD) auch Vertreter des Rechtsausschusses zu der Diskussion
hinzuzubitten, erwiderte die CDU/CSU-Fraktion, der
Juristentags-Präsident verhalte sich so, "wie ein
Heimschiedsrichter, der den falschen Elfmeter gegeben hat". Die
Bedenken der Union seien in dieser Hinsicht ganz massiv
verstärkt worden.
Bündnis 90/Die Grünen
äußerten, für den politischen Willen jedes Gesetzes
müsse der Bundestag ganz allein zuständig bleiben. Auch
die FDP verhielt sich ablehnend gegenüber Kirchhofs
Vorschlag.
"Spezielle Hilfen notwendig"
Der Präsident des Juristentages wies in
seiner Antwort darauf hin, er sehe in seinen Überlegungen eher
eine "Stärkung des Parlamentarismus". Niemand denke, die
Abgeordneten können es nicht, deswegen bräuchten sie
Hilfe.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD)
betonte ergänzend, die Wissenschaftlichen Dienste des
Bundestages reichten zur Bewältigung des Problems nicht aus;
sie seien lediglich beauftragt, Gutachten zu schreiben. Zur
fundierten Beratung von Gesetzesformulierungen seien auch spezielle
Hilfen notwendig.
Auf Widerstand der Parlamentarier
stießen auch die kritischen Bemerkungen der
Bundesjustizministerin zu der Idee, in Brüssel ein eigenes
Büro des Bundestages aufzumachen.
SPD und CDU/CSU betonten übereinstimmend
die Notwendigkeit, das deutsche Parlament über auf
europäischer Ebene anstehende Gesetzgebung rechtzeitig zu
informieren und ihm eine Chance zur Mitwirkung zu geben. Die Union
bezeichnete es als überfällig, die "Macht des Parlaments"
gegenüber der europäischen Bürokratie
zurückzuerobern.
Die Bündnisgrünen betonten, sie
seien nicht dafür, "einen 18. deutschen Mund in Brüssel"
zu installieren, aber ein Ohr bräuchte der Bundestag dringend.
Man müsse den Standpunkt des deutschen Parlaments rechtzeitig
in den Willensbildungsprozess der Europäischen Union
einbringen.
Auch die Liberalen machten sich für ein
"Ohr in Brüssel" stark. Es ginge nicht an, an dem
maßgeblichen Willensbildungsprozess nur durch den Filter der
Bundesregierung teilzuhaben. bob
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