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Bert Schulz
Aufgekehrt ...
In diesen Tagen kriegt es Hans Eichel wieder einmal
knüppeldick. Kaum sickerte durch, dass er für die
Republik wohl doch noch etwas mehr Geld pumpen muss als einst
geplant, werden ihm die üblichen Ehrenbekundungen zuteil:
Abwechselnd von Desaster, Schönwetterpolitik und Vernebelung
sprach die Opposition. Prompt kam er auch als Kandidat für die
höchste deutsche Auszeichnung ins Gespräch, die an
staatliche Finanzjongleure verliehen wird: Eichel könnte wegen
der erhöhten Neuverschuldung, so die Presse, jetzt endlich zum
"größten Schuldenmacher der Nation" aufsteigen und damit
CSU-Mann Theo Waigel ablösen. Jener hatte 1996 in dieser
weitgehend konkurrenzlosen Disziplin eine historische Marke
gesetzt. Der amtierende Oberhaushälter legte sich daraufhin
erst einmal auf eine Bank und ließ eine andere Quelle
anzapfen: Während er für das Rote Kreuz vor dem Berliner
Reichstag bei einem Aderlass für einen guten Zweck blutete,
wies Eichel zurück, dass er rekordverdächtig sei. Ein
schönes Bild.
Egal, ob der einstige Sparminister nun Spitzenschuldner wird
oder nicht: Das Beispiel zeigt, wie wichtig anschauliche Vergleiche
in der Politik sind, auch wenn sie etwas Absurdes haben und den
Blick auf die Hintergründe eher vernebeln. So merken
inzwischen bereits Kinder, den in politischen Finanzfragen ja oft
die Kompetenz abgesprochen wird, dass auch sie - ein
wunderschöner Vergleich - "den Gürtel enger schnallen
müssen". Papa und Mama haben das schließlich so
vorgemacht, mit der Folge, dass sich auch im Taschengeldbudget
ihres Nachwuchses tiefe Löcher aufgetan haben. Das
Münchner Institut für Jugendfragen hat herausgefunden,
dass deren wöchentlich oder monatlich direkt ausgezahltes
Salär sowie "sonstige Zuwendungen" um sage und schreibe 29
Prozent gesunken sind - wohlgemerkt: im Vergleich zum Vorjahr.
Rekordverdächtig, wie man meinen kann. Ob die Kinder und
Jugendlichen darüber jammern, oder eher sagen: "Jetzt
müssen wir halt richtig ranklotzen, damit es uns wieder besser
geht", haben die Münchner leider nicht gefragt.
Sollten die jungen Menschen - bedauerlicherweise, aber sehr
wahrscheinlich - vor allem ersteres tun, wäre auch hier ein
Vergleich angebracht: Lieber Nachwuchs, schau mal nach Irland. Dort
werdet ihr richtig gemolken. Die Regierung der irischen Republik
denkt nämlich ersthaft darüber nach, eine Steuer auf
Kaugummi einzuführen. Zehn Prozent des Kaufpreises sollen dann
direkt vom Taschengeld der Kinder in die Taschen des Staats
transferiert werden. Offiziell wird dieses Geld natürlich, so
der zuständige Umweltminster, für die Entsorgung der
klebrigen Masse von Straßen und Plätzen verwendet. Aber
kann man das glauben?
Hier wäre ein Vergleich angebracht mit der deutschen
Tabaksteuer, die ja gegen den Terror helfen soll. Oder mit der
Ökosteuer, die weniger die Umwelt, sondern vielmehr die
Rentner in Schwung hält. Aber vielleicht sollte man einfach
allen Vergleichen entsagen? Und feststellen: Es ist zu wenig Geld
da! Selbst in der Politik soll es ja unvergleichliche Momente
geben.
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