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Dirk Klose
Gesucht: Der richtige Energiemix
Strom- und Gaspreiserhöhung forcieren
energiepolitische Debatte im Bundestag
Die angekündigten Strom- und
Gaspreiserhöhungen sind nach Ansicht der Bundesregierung
"für die Konjunktur und die gegenwärtige Entwickung nicht
gut". Die Regierung werde die Unternehmen "ausdrücklich"
bitten, auf die angekündigten Maßnahmen zu verzichten.
Das erklärte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD)
am 30. September in einer energiepolitischen Debatte des Deutschen
Bundestages. In der Aussprache prallten die unterschiedlichen
Auffassungen von Regierung und Opposition über den Ausbau
erneuerbarer Energien und über Pro und Contra zur Kernenergie
einmal mehr aufeinander.
Der Debatte lagen mehrere Anträge der
Oppositionsfraktionen zu aktuellen Fragen der Energiepolitik, der
Energieversorgung und der Arbeit der vorgesehenen
Regulierungsbehörde im Bereich Energie zugrunde. Einigkeit
bestand zwischen den Kontrahenten insofern, als alle Redner die
Weiterentwicklung erneuerbarer Energien für erforderlich
hielten; Differenzen gab es in Fragen des Wettbewerbs und besonders
beim Thema Kernenergie, für deren Beibehaltung sich Union und
FDP mit Nachdruck einsetzten, während die Regierungsparteien
den beschlossenen Ausstieg bekräftigten.
Die CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl hatte
die Debatte mit einer Kritik an der "jahrelangen rot-grünen
Energieverteuerungspolitik" eröffnet und ein umfassendes
Energieprogramm gefordert, das gleichermaßen
Versorgungssicherheit, Beschäftigungswirkung erneuerbarer
Energien und weniger Importabhängigkeit zum Ziel haben
müsse. Ihr Fraktionskollege Joachim Pfeiffer sagte, die
Bundesregierung schade mit ihrer Politik dem Standort Deutschland;
sie gefährde Hunderttausende von Arbeitsplätzen in den
energieintensiven Branchen und betreibe in Sachen Kernenergie eine
Vogel-Strauß-Politik: "Nicht nur aus Gründen der
Versorgungssicherheit, sondern auch aus Gründen der
Klimavorsorge wäre es dringend geboten, dass wir hier in
Deutschland diesen von Ihnen betriebenen Ausstieg
überdenken."
Nach Ansicht der FDP muss eine
zukunftsgerichtete Energiepolitik vier Ziele verfolgen:
Wettbewerbsfähigkeit, Preisgünstigkeit,
Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit. Halte man
unter diesen Gesichtspunkten am Energiemix fest, dann gehört,
so die FDP-Politikerin Gudrun Kopp, "natürlich auch die
Kernenergie" dazu. Der Ausstieg aus der Kernenergie erfolgt nach
Auffassung des FDP-Abgeordneten Rainer Brüderle "ohne Logik".
Schaffe man es nicht, so Brüderle, im Energiesektor
"Marktstrukturen auf den Weg zu bringen", dann komme es zu einer
Schieflage, die zu einer weiteren Behinderung des
Wirtschaftsstandortes Deutschland führen werde.
"Antiquierte Philosophie"
Der SPD-Abgeordnete Michael Müller
äußerte, die Opposition habe die historische Situation,
in der sich die Energiepolitik heute befinde, überhaupt nicht
begriffen. Der eigentliche Streitpunkt liege darin, dass beide
Oppositionsparteien "in der antiquierten Philosophie der
Versorgungswirtschaft des 20. Jahrhunderts stehen, aber nicht in
der modernen Energiepolitik der Effizienz, der
Umweltverträglichkeit und der Nutzung der Solarenergie des 21.
Jahrhunderts". Er bekräftigte: "Es gibt keine realistische
Alternative zu unserem Weg: Effizienzsteigerung, Förderung der
Solarenergie und Einsparung"; es wäre "Wahnsinn", die
bisherige "Verschwendungspolitik" fortzuführen.
An dem Ziel, bis zum Jahre 2020 einen Anteil
der erneuerbaren Energien von 20 Prozent zu erreichen, wird die
Koalition nach Aussage der Bündnisgrünen Michaele Hustedt
unbeirrt festhalten. Die sich häufenden Naturkatastrophen wie
zuletzt die vier Hurricane in der Karibik seien Anzeichen des
beginnenden Treibhauseffekts: "Wir können uns daher nicht auf
das zurückziehen, was wir getan haben. Wir müssen
handeln." Die Förderung erneuerbarer Energien stoße "auf
große Akzeptanz" in der Bevölkerung; "wir stehen dazu,
dass dies etwas kostet".
Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD)
kündigte "einen völlig neuen Rechtsrahmen für die
Strompreis- und Gaspreisregulierung" an; diese Aufgabe werde die
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
übernehmen. Clement: "Wir müssen hier für eine
Regulierung sorgen, nachdem sich der Weg der freiwilligen
Selbstverpflichtung als nicht erfolgversprechend erwiesen
hat."
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