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Martin Agüera
Mehr Geld für das Militär
Nach dem März-Terror in Spanien
Vor dem Hintergrund der schrecklichen Terroranschläge in
Madrid am 11. März dieses Jahres, die über 190 Todesopfer
forderten, erhöht die neue spanische Regierung unter
Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero ihren
Verteidigungshaushalt für 2005 um 4,2 Prozent. Dies hat die
sozialistische Regierungspartei kürzlich dem spanischen
Parlament mitgeteilt. Damit klettert der Etat im kommenden Jahr auf
knapp 7,2 Milliarden Euro - etwa 330 Millionen Euro mehr als in
diesem Jahr.
Insbesondere das Budget für das Centro Nacional de
Inteligencia, dem spanischen militärischen Geheimdienst, wird
um 17 Prozent aufgestockt, "um seine Funktionen im Kampf gegen den
Terrorismus sowie die neuen Gefahren zu verstärken". Dies
teilte das Büro des Staatssekretärs für Rüstung
im spanischen Verteidigungsministerium, Francisco Pardo Piqueras,
in einer Pressemitteilung am 20. Oktober mit. Ana Pardo, Sprecherin
von Pardo Piqueras, bestätigte diese Meldung mit dem Hinweis,
dass die neue Regierung bestrebt sei, die Marschrichtung der
Vorgängerregierung in Bezug auf militärische
Beschaffungsprogramme weitgehend fortzusetzen. Diese Aussage kam
überraschend, blieb im Zuge der neuen Regierungsbildung doch
lange Zeit im Unklaren, wie sich die neue Administration und vor
allem der neue Verteidigungsminister José Bono positionieren
würden.
Schon kurz nach den Wahlen, die nur drei Tage nach den
Terroranschlägen stattfanden, löste Zapatero sein
Wahlkampfversprechen ein und zog alle 1.500 spanischen Soldaten aus
dem Irak ab. Dies belastet bis heute das einst hervorragende
bilaterale Verhältnis zu den Vereinigten Staaten schwer.
Allerdings hatten Zapatero sowie sein Außenminister Miguel
Angel Moratinos bereits früh im Wahlkampf anklingen lassen,
dem Verhältnis zu europäischen Partnern wie Frankreich
und Deutschland wieder mehr Gewicht beizumessen. Die
europäische Achse sei, betonten Außenpolitikexperten,
ohnehin von Spanien in den vergangenen Jahren stark
vernachlässigt worden. Dies sei zu Gunsten eines exklusiven
Verhältnisses zwischen dem ehemaligen Regierungschef José
María Aznar und US-Präsident George W. Bush
geschehen.
Beiträge zum Friedenserhalt
In Bezug auf die Verteidigungsausgaben gingen
Rüstungsexperten in den vergangenen Monaten eher von einer
künftigen Abkehr von großen Beschaffungsprogrammen zur
strategischen Machtprojektion aus. Vielmehr würde sich Madrid
um Aspekte wie den Heimatschutz kümmern, dem nach dem 11.
März wesentlich mehr Bedeutung beigemessen werden sollte,
glaubten die Experten. Dazu zählt ebenfalls der von Bono
angekündigte Rückzug des 500 Mann starken Bataillons aus
Afghanistan zum Ende dieses Jahres. Insofern überraschte die
Offenlegung der geplanten Verteidigungsausgaben, da keines der
großen Programme einer grundsätzlichen Neubewertung
unterzogen wurde. Der Verteidigungsetat für 2005, schrieb das
Verteidigungsministerium in seiner Pressemitteilung, garantiere die
Erfüllung eingegangener internationaler Kompromisse, um
Beiträge zum Erhalt des Friedens und Stabilität weltweit
zu leisten.
Nach einer ersten Einschätzung der Ankündigungen
werden Beschaffungsprogramme wie das Transportflugzeug A400M, der
Eurofighter, die vier F-100 Fregatten, und die 216 Kampfpanzer
Leopard-2E auch weiterhin im Mittelpunkt der Rüstungspolitik
Spaniens stehen. Verteidigungsminister Bono hat rund 1,3 Milliarden
Euro für die Modernisierung seiner Streitkräfte
veranschlagt; knapp 535 Millionen Euro für logistische
Unterstützung sowie 183 Millionen Euro für
militärische Forschung und Entwicklung. Die Ausgaben für
neue Beschaffungsmaßnahmen wie die 24 Kampfhubschrauber Tiger,
das strategische "Machtprojektionsschiff" LLX, die vier S-80
U-Boote, die ab 2005 finanziert werden, belaufen sich auf 583,9
Millionen Euro. Traditionell vorfinanziert wird diese Summe
für die neuen Beschaffungsmaßnahmen auf Grund der
Knappheit der Verteidigungsressourcen durch das
Industrieministerium. Mit diesen Finanzspritzen kann das spanische
Verteidigungsministerium beschaffungspolitische Bindungen eingehen.
Diese Mittel müssen allerdings in einigen Jahren an das
Schwesterministerium zurückgezahlt werden. Derzeit ist in
Madrid davon die Rede, noch vor Jahresende drei weitere Programme
bekannt zu geben - jeweils eines für jede Teilstreitkraft.
Dabei dürfte es sich um ein Munitionsprogramm für das
Heer, einen Abstandsflugkörper für die Luftwaffe und das
elektronische Kampfsystem der U-Boote handeln.
Bilaterale Kooperation
Das elektronische Kampfsystem war Gegenstand bilateraler
Gespräche zwischen Bono und seiner französischen Kollegin
Michèle Alliot Marie im September in Barcelona. Dabei habe
Frankreich Spanien eine Rolle bei einem möglichen
europäischen Werftenverbund in Aussicht gestellt, sollte es
bei anstehenden Rüstungsprogrammen mehr Priorität auf die
bilaterale Kooperation legen. Branchenkennern zufolge bevorzugt die
spanische Marine für die elektronische Kampfausstattung ihrer
Schiffe eine enge Kooperation mit amerikanischen
Rüstungsunternehmen. Die Zusammenarbeit stand auch auf der
Agenda eines Treffens am 15. Oktober 2004 in Berlin zwischen Pardo
Piqueras und seinem deutschen Amtskollegen im
Verteidigungsministerium, Peter Eickenboom. Das Treffen, das
Anwesenden zufolge in "vollkommener Harmonie und
Übereinstimmung" verlaufen sei, dürfte sich auch mit der
spanischen Entscheidung des Abstandslenkflugkörpers befasst
haben. Unter anderem bemüht sich die in München
ansässige EADS Lenkflugkörpersystem GmbH um den Auftrag
in Madrid, der als politisch umkämpft gilt. Der Widersacher
des Programms kommt ebenso aus Frankreich - MBDA.
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