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Karl-Heinz Baum
Der Optimismus der Vorsitzenden
Die Bundesstaatskommission in kritischer
Phase
Steht die seit Anfang des Jahres arbeitende
Bundesstaatskommission aus Bund und Ländern, die den deutschen
Föderalismus reformieren soll und will, vor dem Scheitern?
Oder gelingt vielmehr den beiden Vorsitzenden, dem SPD-Partei- und
Fraktionschef Franz Müntefering und dem CSU-Chef und Bayerns
Ministerpräsidenten Edmund Stoiber der Durchbruch? Auch die
Sitzung der Kommission am 4. November, vermutlich die letzte
Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, lässt
weiterhin viele Fragen offen und gibt Skeptikern Raum. Am 17.
Dezember will die Kommission in ihrer letzten Sitzung die
abschließenden Entscheidungen fällen. Man sei
optimistisch, versicherten beide Vorsitzenden. Müntefering
sprach von einer "guten Diskussion". Es habe Bewegung gegeben,
versicherte Stoiber. Müntefering: "Wir werden keine Revolution
machen, aber wir werden eine Menge neu regeln, und das ordentlich."
Stoiber ergänzte: "Was möglich ist, werden wir
machen."
Doch auch nach dieser viereinhalbstündigen Sitzung kann
nicht eines der vielen Probleme als abgehakt gelten, räumte
Müntefering ein. "Beschließen kann man nur, wenn alles
auf dem Tisch liegt." Das Ziel war am 5. November, sich in den
strittigen Finanzfragen zu einigen. Auch da hat es keinen
Durchbruch, aber weitere Annäherungen gegeben. Nach Stoiber
ist man sich im Prinzip einig, die Zuständigkeiten der
Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund und Ländern zu
ändern, weil sie sich nicht bewährt hätten. Deshalb
sollen die Länder wieder allein für den Hochschulbau
zuständig sein. Der Küstenschutz solle dagegen als
Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern erhalten bleiben.
Umstritten ist weiterhin, wer für die Förderung der
Agrarstruktur zuständig sein soll. In der Frage der
Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur neigt sich die
Waage offenbar zur Länderseite, auch wenn noch nicht von
Einigung gesprochen wird.
Weiterhin offen sei, was der Bund für seine finanzielle
Entlastung durch die Wegfall einiger Gemeinschaftsaufgaben den
Ländern zahlen solle. Vom Tisch sei die Forderung der
Länder, ihre Rechte bei der Steuererhöhung zu
stärken. Wirtschaftlich schwächere Länder
fürchteten, in dieser Frage gegenüber den anderen
Ländern ins Hintertreffen zu kommen. Strittig ist auch,
welchen Anteil Bund und Länder leisten müssen, um den
europäischen Stabilitätspakt einzuhalten und wie
mögliche Strafen der Europäischen Kommission zwischen
Bund und Ländern aufgeteilt werden sollen.
Bei Innerer Sicherheit geht es um eine mögliche weitere
Zentralisierung von Sicherheitsfragen, etwa im Falle einer
Katastrophe. Bei Europa geht es um die Mitspracherechte der
Länder bei der Vertretung deutscher Interessen gegenüber
der Europäischen Kommission in Brüssel. Hier sollen
weitere Gespräche auf Expertenebene folgen. Müntefering
und Stoiber versicherten aber, man sei sich einig, diese
Zuständigkeiten endlich zu klären, damit sich Deutschland
in der Europäischen Union auch künftig behaupten
könne. Gemeinsame Erkenntnis sei, viele der Europa
betreffenden Fragen könnten unterhalb der Verfassungsebene
geregelt werden. Offen ist, inwieweit Artikel 23 des Grundgesetzes
geändert werden muss, der seit der Einheit Länderrechte
zu Europa fest schreibt.
Der Optimismus beider Seiten gründet sich offenkundig auch
darauf, dass man sich über eine Art Fahrplan einig ist. Der im
Oktober erteilte Auftrag der Kommission an die Vorsitzenden,
rechtzeitig vor dem 17. Dezember einen Entwurf vorzulegen, an
welchen Punkten die Verfassung geändert werden soll und was
sonst alles zu regeln ist, wurde jetzt in mehrere Einzelschritte
zerlegt. Die Vorsitzenden wollen bereits am 10. November einen
gemeinsamen "Vorvorentwurf" den Obleuten in der Kommission
vorlegen. Eine Woche später sollen dann die Chefs der
Staatskanzleien der Länder einen überarbeiteten Entwurf
erhalten. Deren gewünschte Änderungen sollen Anfang
Dezember beraten werden. Danach soll ein fertiges Papier der
Kommission vorgelegt werden.
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